Von Klaus Pokatzky

"Die Welt" interviewt den Sänger Meat Loaf, die "SZ" die Schauspielerin Hannelore Elsner. Die "taz" berichtet über die Krawalle am 1. Mai in Berlin und den iranischen Filmemacher Mohammad Nurisad. Die "FR" befasst sich mit der Pressefreiheit in unterschiedlichen Ländern.
"Am Weltlachtag, dem ersten Sonntag im Mai, sollen die Menschen rund um den Globus um Punkt 14.00 Uhr für drei Minuten in kollektives Gelächter ausbrechen."

Das ist eine Agenturmeldung, sie ist schon einige Tage alt – und sie wird hier nur zitiert, um die Feuilletons standrechtlich auszubuhen: ein kollektives Weltlachen kommt auf unseren neuen Kulturseiten nämlich überhaupt nicht vor: ein Kollektiv des Verschweigens. "München hat das Oktoberfest, Köln hat den Karneval, Berlin hat den 1. Mai." So klärt uns die Tageszeitung "TAZ" darüber auf, was der Hauptstadtmensch am letzten Wochenende so tat, anstatt weltweit mit zu lachen. Der Berliner geht eben zum Lachen nicht nur in den Keller, sondern in den atomsicheren Bunker.

"Schlechtes Wetter ist angesagt, angeblich soll jemand sterben, steht in einer Zeitung, und in diesem Jahr wollen dann auch noch Neonazis durch Prenzlauer Berg laufen","

so beschreibt in der "TAZ" Laura Ewert unter der Überschrift "Berliner Folklore" ihre "Eindrücke vom 1. Mai".

""Kleine Kinder singen 'Nazis raus' neben ihren bebrillten Medieneltern, die Linke spielt den absurdesten Popmusikmix an der S-Bahn-Haltestelle, und in Prenzlauer Berg hat kein Spätkauf auf. Bedeutet: kein Bier."

Wenn das die Bilanz des 1. Mai in Berlin ist, bilanzieren wir gerne. Ein Lob den Zahnarztsöhnen aus Wuppertal und den Studienratstöchtern aus Sindelfingen, die nun fast schon seit einem Vierteljahrhundert zum 1. Mai nach Berlin anreisen, um hier ihren Zorn mediengerecht in Szene zu setzen.

"Lob langweilt mich nie, das brauche ich ja", sagt im Interview mit der "SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG" die Schauspielerin Hannelore Elsner. "Zorn ist das mit Abstand am einfachsten zu spielende Gefühl. Zornigsein ist eh das Allereinfachste im Leben." Das sagt wiederum der Sänger Meat Loaf im Interview mit der Tageszeitung "DIE WELT". Das mag für uns in den bequemen Demokratien des Westens gelten. Anderswo gelten andere Regeln.

"Nurisad wurde zu dreieinhalb Jahren Haft plus 50 Peitschenschlägen verurteilt." Das lesen wir in der "TAZ" über den 58-jährigen iranischen Filmemacher Mohammad Nurisad.

"Hunderte Künstler, Schriftsteller, Filmemacher, Blogger und Journalisten wurden festgenommen, in den Gefängnissen gefoltert, zu falschen Geständnissen gezwungen und in Schauprozessen zu harten Strafen verurteilt."

Das schreibt Bahman Nirumand über den Iran dieser Tage, wo die iranische Führung gnadenlos gegen die vorgeht, die gegen die Manipulationen bei der Präsidentenwahl protestiert hatten. "Der Deutsche Journalistenverband (DJV) zählte Iran und China zu den schlimmsten Unterdrückern der Pressefreiheit," lesen wir da in der "FRANKFURTER RUNDSCHAU" zum Internationalen Tag der Pressefreiheit an diesem Montag. "Beiden Ländern ist gelungen, was man in Zeiten des Internets kaum für möglich hält: sich weitgehend abzuschotten", sagte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen.

Dazu passt der Ausruf: "Es ist wieder Zeit für Journalismus!" Ihn stimmt Frank A. Meyer an, der Chefpublizist des schweizerischen Ringier-Verlages. "Nur, was ist das: Journalismus?", fragt er in der "SÜDDEUTSCHEN" – und antwortet:

"Es ist die Kultur der Sprache, der wir leidenschaftlich dienen. Es ist der Glaube an die Kraft der Sprache als Alpha und Omega unseres Berufs. Freilich nicht Sprache als Verpackung, nicht Sprache um der Sprache willen, sondern Sprache um der Klärung willen."

Bei so viel Grundsätzlichem wollen wir nun das Wort noch einmal dem Sänger Meat Loaf erteilen – zum Allergrundsätzlichsten. "Ich glaub ganz fest daran, dass der liebe Gott einen jederzeit herausfordern kann," sagt er im Interview mit der WELT:

"Selbst wenn man sein ganzes Leben zu Hause sitzt aus Furcht davor, es könne einem was passieren. Wenn deine Zeit gekommen ist, schmeißt der liebe Gott dir ein Klavier durchs Fenster, das dich im Fernsehsessel erschlägt."

Dann doch lieber Lachen. Kollektiv und global.