Von Klaus Pokatzky

Auch die Feuilletons befassen sich mit dem NATO-Luftangriff und dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Außerdem: Poptheoretiker Diedrich Diederichsen analysiert den Bundestagswahlkampf.
"Läuft das Tonband?" Das fragt der Filmregisseur Bully Herbig zuallererst im Interview mit der Tageszeitung DIE WELT – Bully Herbig, dem wir den wunderbaren "Schuh des Manitu" verdanken und "Wickie und die starken Männer", die ab Mittwoch im Kino zu sehen sind. "Ich kenne die Situation", erklärt Bully Herbig dem Interviewer der WELT, Hanns-Georg Rodek.

"Ihre Kollegen sitzen da, betonen noch, dass sie ein neues Gerät benutzen, drücken auf Aufnahme – und während ich so spreche, merke ich, dass mein Gegenüber unkonzentriert wird. Seine Augen wandern nach unten, das Gesicht wird weiß: Er stellt fest, dass das Tonband nicht läuft."

Und:

"Auf gewisse Weise finde ich es amüsant. Man sieht so selten einen verzweifelten Journalisten."

Dem möchten wir ganz dringend widersprechen. Wir sehen öfter verzweifelte Journalisten – gerade jetzt im Bundestagswahlkampf, der so vor sich hindröppelt. Bisher jedenfalls. Bis die Bundeswehr in Afghanistan zwei von den Taliban entführte Tanklastwagen bombardieren ließ. "Die Taliban werden eine schmutzige Munition daraus machen", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.

"Man möchte vom Abc der Kriegsführung sprechen, dürfte man von Krieg sprechen", schreibt Christian Geyer. "Die Munition der Bündnispsychologie ist über Nacht wieder scharf geworden, das deutsch-amerikanische Spannungsverhältnis lebt mit anderen Akzenten wieder auf. Seit dem Angriffsbefehl auf die beiden Tanklastzüge, die in den Händen der Taliban zu Autobomben hätten werden können, wird der deutsche Einsatzpartner als fahrlässiger Aggressor vorgeführt, während die amerikanische Seite sich als sensibler Anwalt der Zivilbevölkerung in Szene setzt."

Noch wissen wir nicht, wie viele Tote die Bomben letzte Woche gefordert haben, vielleicht werden wir es nie wissen. Was wir wissen und erlebt haben, ist ein mehr als unglücklich agierender Bundesverteidigungsminister – der im Falle Afghanistans ja doch stets eine "humanitäre Intervention" zu verteidigen hat.

"Solche Interventionen führen in der Regel zu Krieg, und das hat natürlich gerade, was die Humanität angeht, enorme, katastrophale Folgen."

Das sagt im Interview mit der FRANKFURTER RUNDSCHAU der Historiker Christoph Kampmann.

"Interventionen können zwar etwas verändern, haben aber zugleich immer so genannte Kollateralschäden, die zum Teil viel höher sind, als die eigentlichen Erfolge der Intervention. Ob mehr Schaden als Nutzen angerichtet wird, kann gar nicht vorhergesehen werden. Die Rechnung hat immer eine Tendenz zum Zynismus."

Und unsere Politiker scheuen das Wort Krieg, wenn es um Afghanistan geht, immer noch wie die Taliban das Weihwasser – "aus guten und weniger guten Gründen", schreibt Christian Geyer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, "so auch deshalb, weil die Lebensversicherungen ihre Prämien normalerweise nur zahlen, wenn der Todesfall kein kriegsbedingter ist".

Unsere Politiker machen weiter ihren Wahlkampf.

"Wo die KandidatInnen so uncharismatisch sind, muss ein magisch-mythisches Umfeld behauptet werden."

Das behauptet in der Tageszeitung TAZ Diedrich Diederichsen – der schon ein anerkannter Poptheoretiker war, als Guido Westerwelle und Frank-Walter Steinmeier sich noch mit ihrem Jurastudium herumschlugen.

"Auf dem grellen Plakat, das Frank-Walter Steinmeier unter Rentnern zeigt, sind außer seinem Gesicht alle bis auf das einer alten Dame, die neben ihm sitzt, unscharf. Ungünstigerweise trägt diese Dame die gleiche Brille wie der Kandidat. Man erhält dadurch den Eindruck, dass Steinmeier und diese Dame so etwas wie ein Geschwisterpaar bilden, ja mehr noch, dass sie einer Geheimorganisation angehören – einer irren Illuminatentruppe, deren Mitglieder sich an einem ganz bestimmten Brillenmodell erkennen."

Vergessen wir Bully Herbig nicht. "Übrigens, Ihr Band läuft nicht mehr!", sagt er am Ende seines Interviews mit der WELT. Frage der WELT: "Machen sie Witze?" Bully Herbig: "Ja."
Wir wünschen unseren Politikern nur halb so viel Souveränität im Interview.