Von Klaus Pokatzky

Über die Erlösung durch Albernheit philosophiert der "Rheinische Merkur" anlässlich des 100. Geburtstages von Heinz Erhardt. Und "Die Zeit" zitiert gleich mehrere Verslein des Komikers.
"Deutschland, sagt eine neue BBC-Studie, ist das beliebteste Land der Welt."

Das erfahren wir aus der Wochenzeitung DIE ZEIT - und das hören wir gerne, wo jetzt alles so kalt ist, die große Krise herrscht und sogar die CDU sich an ihr Ahlener Programm von 1947 erinnert, das auch eine teilweise Vergesellschaftung der Großindustrie vorsah.

"Die Deutschen setzen neue Hoffnungen auf die genetische Überlegenheit des Adels","

verheißt uns im beliebtesten Land der Welt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, nachdem Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg zum Bundeswirtschaftsminister ernannt wurde.

""Der Adel wird offenbar nicht mehr intuitiv mit Militarismus, Abschottung und dekadenter Degeneration assoziiert, vielmehr wird seine alte Erzählung von den vererbten Eigenschaften, von Selbstdisziplin, Traditionsverpflichtung und ehrbarem Leistungsethos, in Zeiten der Desorientierung, so scheint es, vom Volke wieder sehnsüchtig aufgenommen","

schreibt Johan Schloemann. Da lacht das Herz des Monarchisten.

""Die Krise untergräbt die Loyalität von Kunden, Mitarbeitern, Wählern. Das muss nicht schlecht sein","

behauptet in der Tageszeitung DIE WELT der Soziologe Wolfgang Sofsky - und sieht nun das Vertrauen in Markennamen, Wirtschaftslenker und Politiker in Auflösung begriffen. Und das soll nicht schlecht sein, denn:

""Der Treulose besinnt sich auf seine Interessen und auf das Urprinzip der Gerechtigkeit, Gleiches mit Gleichem zu vergelten: Beitrag gegen Leistung, Steuern gegen Staatsdienst, Arbeit gegen Lohn, Preis gegen Wert."

2009 ist ein Jahr des heftigen Gedenkens. Dass wir an Charles Darwin und Felix Mendelssohn Bartholdy erinnert werden, an die Varusschlacht und die Gründung der Bundesrepublik und den Mauerfall - das alles haben die Feuilletons uns gleich zu Beginn des Jahres verheißen oder angedroht. Aber einen Großen haben sie uns damals unterschlagen:

"Sein Humor kam ohne Häme und Sottisen aus, seine Scherze waren ungefährlich; sie trafen keine wunden Punkte und zielten auch nicht darauf."

Das steht in der Wochenzeitung RHEINISCHER MERKUR über den großen Komiker und Schauspieler Heinz Erhardt, der am Freitag vor 100 Jahren geboren wurde.

"Die Leute konnten sich sicher fühlen beim Lachen, und das wollten sie","

schreibt Gitta List.

""In Heinz Erhardt kam Deutschland nach 1945 zu sich selbst - jeder Reim ein Abgrund","

titelt DIE ZEIT.

""Literaturgeschichtlich stehen Erhardts Verse zwischen Morgenstern und Robert Gernhard","

schreibt Jens Jessen und zitiert Heinz Erhardt:

""Mal trumpft man auf, mal hält man stille
mal muss man kalt sein wie ein Lurch
des Menschen Leben gleicht der Brille:
Man macht viel durch."

Für Jens Jessen war Heinz Erhardt "nicht gemütlich":

"Heinz Erhardt war nicht harmlos. Er wird verharmlost."

Auf jeden Fall hat er den Menschen nach dem Kriege und in den Jahren der Wirtschaftswunderrepublik das Lachen zurückgegeben.

"So trafen zwei Phänomene aufeinander, die sich perfekt ergänzten: der so bizarre wie verständliche Wunsch des Publikums nach Harmlosigkeit, die Sehnsucht, von den Ungeheuerlichkeiten des 'Dritten Reichs' durch Albernheit erlöst zu werden - und die außerordentliche Begabung des Heinz Erhardt, genau das zu verkörpern","

schreibt Gitta List im RHEINISCHEN MERKUR. Dass der Komiker auch "köstliche Klaviermusik" komponierte, hebt in der ZEIT Wolfram Goertz hervor:

""Erhardt war Sohn eines Kapellmeisters gewesen, Enkel eines Musikalienhändlers, Dichter passgenauer Reime (»Ein Pianist spielt Liszt«), Klavierspieler im Marineorchester, Komponist der 10-Pfennig-Oper – und später auch als Alleinunterhalter an den 88 schwarzen und weißen Tasten versiert."

Und noch ein Verslein, das DIE ZEIT abdruckt:

"Wir fuhren einst zusammen tagtäglich mit der 'Zehn',
jetzt fahren wir zusammen, wenn wir uns wiedersehn."