Von Klaus Pokatzky

Die „Berliner Zeitung“ und die „Welt“ bemühen sich um eine kritische Würdigung von Kurt Demmler. Der „ehemals populärste Liedermacher der DDR“ hatte sich in der Untersuchungshaft in Berlin das Leben genommen. Demmler war wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Und die „Neue Zürcher Zeitung“ listet die Fehltritte von Papst Benedikt XVI. auf.
„Er hatte tatsächlich etwas Einzigartiges.“

Das lesen wir in der BERLINER ZEITUNG über Kurt Demmler, der sich in der Nacht zu Dienstag in der Untersuchungshaft in Berlin das Leben genommen hat: der „ehemals populärste Liedermacher der DDR“, wie ihn die Tageszeitung DIE WELT nennt. Im Kriminalgericht Moabit stand er wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht und musste mit einer Haftstrafe rechnen. „Wie soll man da mit Anstand einen Nachruf formulieren?“, fragt in der WELT Michael Pilz und versucht es dann. Manche seiner Lieder kannte in der DDR jeder, schreibt Michael Pilz,

„sang auch jeder. Nina Hagens Schlager ‚Du hast den Farbfilm vergessen‘, ‚König der Welt‘ von Karat und ‚Wer die Rose ehrt‘ von Renft. Frank Schöbel sang Kurt Demmler. Wie die Puhdys, Pankow, Silly, Wolfgang Lippert und Dean Reed, wie Karel Gott und Katja Ebstein auf der anderen Seite der Mauer.“

In der BERLINER ZEITUNG versuchen Sabine Deckwerth und Abini Zöllner die Gratwanderung. Den offensichtlichen Opfern gerecht zu werden und den anständigen Nachruf zu formulieren.

„In dem Prozess vor dem Landgericht, der im Januar begann, ging es um den sexuellen Missbrauch von sechs Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren.“

Das war die eine Seite. Und die andere war diese:

„1976 zählte er zu den Mitunterzeichnern der Protestresolution, die sich gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann wandte. 1985 erhielt er den Nationalpreis der DDR. Im Wendeherbst 1989 gehörte er zu jenen, die unter die Resolution der Rockmusiker ihren Namen setzten. Bei der großen Demonstration in Ost-Berlin am 4. November 1989 trat Demmler auf dem Alexanderplatz auf und sang seinen Stasi-Spottsong ‚Irgendeiner ist immer dabei‘.“

Und die WELT beendet ihren Nachruf mit dem letzten Lied, das Kurt Demmler auf seiner Homepage vorgestellt hat, vom vergangenen Sommer:

„Mein Wort möchte Richtung/ Zwar geben und Sinn/ Aber seine Gewichtung schlägt mich selber lang hin.“

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG nimmt Abschied von einem Wir-Gefühl der besonderen Art.

„Perdu ist die Papst-Folklore, der fröhliche Jubel, mit welchem man damals die Wahl Joseph Ratzingers begrüsst hatte wie ein gewonnenes Fussballspiel der Nationalmannschaft,“

schreibt Joachim Güntner zu einem Entsetzen über die jüngsten Entscheidungen des Papstes, das „tief in den katholischen Klerus“ hineinrage – „vom erschütterten, zum Teil mit Austritt reagierenden Kirchenvolk zu schweigen“. Und dann zählt Joachim Güntner ein beachtliches päpstliches Sündenregister auf:

„Den Protestanten zeigt er Geringschätzung, brasilianischen Indios erklärt er, die (gewaltsame) Christianisierung sei eigentlich ihr innerster Wunsch gewesen, und die Juden befremdet er einmal mit Fürbitten, die nach Missionierung schmecken, dann durch seinen Gnadenakt für Antisemiten.“

Lange ist nicht mehr ist so viel über Exkommunikation geschrieben und geredet worden wie heute, wo der Papst die Exkommunikation der „Traditionalistenbischöfe“ aufgehoben hat, wie DIE WELT sie nennt, Angehörige „einer in Teilen notorisch antisemitischen Bruderschaft“, wie Joachim Güntner in der NEUEN ZÜRCHER meint. Doch, was heißt Exkommunikation überhaupt? „Exkommunikation bedeutet nicht den Ausschluss aus der Kirche, das ist kirchenrechtlich unmöglich“, schreibt Gernot Facius in der WELT.

„Der Bestrafte verliert gewisse Rechte in der Kirchengemeinschaft, er ist von den Sakramenten ausgeschlossen und darf kein kirchliches Amt ausüben.“

Die vier ehemaligen Ex-Kommunizierten dürfen nun zwar wieder die Sakramente empfangen, aber von ihren Ämtern bleiben sie suspendiert. „Für sie muss erst noch ein kirchenrechtlicher Rahmen gefunden werden“, klärt uns Gernot Facius in der WELT auf, „sofern sie tatsächlich die Forderung des Pontifex nach voller Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils erfüllen. Was momentan zweifelhaft erscheint.“

Wie vieles, was im Moment aus dem Vatikan zu uns dringt.