Von Klaus Pokatzky
Alle Feuilletons haben sich diese Woche mit dem sensationellen Bilderfund in München beschäftigt. Und nun hat der „Spiegel“ mit seinem bisherigen Besitzer Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt gesprochen.
„Nun spricht er.“
Das verheißt der neue SPIEGEL.
„Zum ersten Mal.“
Das ist nicht so ganz richtig. Einmal soll er ja schon gesprochen haben. Er: Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt, Kunstsammler aus München – und in diesen Tagen die von den Medien in Deutschland mit Abstand am meisten gesuchte Person.
„Ich bin kein Mörder, warum jagen die mich?“
Das fragt er die SPIEGEL-Redakteurin Özlem Gezer, die ihn begleitet hat, als er von München nach Augsburg „im Mutter-Kind-Abteil eines ICE“ zu seinem regelmäßigen Arztbesuch fuhr.
„Tritt er vor die Tür, beginnt das Blitzgewitter, als wäre er ein Kriegsverbrecher. Ständig klopfen Fremde an seiner Haustür, stecken Briefe durch den Schlitz“,
lesen wir im stolzen SPIEGEL und dann das Gurlitt-Zitat:
„Jetzt ist alles so miserabel.“
Und das auch noch:
„Ich bin doch etwas ganz Stilles. Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen.“
Das nennen wir in Journalistenkreisen einen echten Scoop. Bisher hat es ja nur die französische Illustrierte PARIS MATCH angeblich geschafft, Cornelius Gurlitt in einem Münchner Einkaufszentrum den Satz zu entlocken:
„Beifall von der falschen Seite ist das Schlimmste, was es gibt“,
wie etwa der Berliner TAGESSPIEGEL zitiert hatte. Und nun also der SPIEGEL. Auf fünf Seiten wird der Arztbesuch beschrieben – und die Leiden des alten Gurlitt, Kunstsammler aus München.
„Schon als Kind spielte er zwischen Liebermann, Beckmann und Chagall“,
schreibt die SPIEGEL-Reporterin. Als Kind von Hildebrand Gurlitt, erst Kunsteinkäufer Hitlers und dann nach dem Krieg #
#"engagierter, liberaler und weltoffener Direktor des Düsseldorfer Kunstvereins"“,
wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schrieb:
„Stratege und Schlitzohr, illusionsloser Realist und gerissener Opportunist, Hasardeur und Wendehals, Kriegsgewinnler und Nachkriegsgewinnler, der verstrickt und schnell wieder obenauf war, Kunstförderer und Kunstfälscher“,
meinte Andreas Rossmann über Gurlitt Senior.
„Kunsträuber stellt man sich nicht so gebildet vor“,
hatte die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG in eidgenössischer Nüchternheit festgestellt. Eine Zugfahrt in die Schweiz war es gewesen, die Gurlitt Junior in den Blick der Zoll- und dann der Steuerfahnder brachte.
„Zufall, dass er damals in den Zug stieg mit 9000 Euro in der Tasche und in das Visier der Zollfahnder geriet“,
heißt es jetzt im SPIEGEL,
„dass er sie erst anlog und dann auf der Toilette bei der Leibesvisitation aufflog.“
Und dann war nichts mehr wie zuvor im Leben des 1932 in Hamburg geborenen Cornelius Gurlitt.
„Nach dem Abitur studierte er Kunstgeschichte an der Kölner Universität. Er hörte auch Vorlesungen der Philosophie und Musiktheorie. Sein Studium brach er ab, wann, weiß er nicht, er erzählt nicht gern davon“,
klärt uns DER SPIEGEL auf.
„Cornelius Gurlitt hat keine Rente, war nie in seinem Leben krankenversichert.“
Dafür hatte er ja auch seinen Bilderschatz, der jede Dimension übersteigt. Etwa, wenn er Online zu besichtigen ist.
„Die Datenbank, auf die die Kunstwelt so dringend wartet, sie bricht erst einmal zusammen“,
erfuhren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
„Kurz nachdem am Montagabend die ersten 25 Werke auf der Website www.lostart.de“,
schrieb Ira Mazzoni,
„erscheinen, kollabieren die Server.“
Cornelius Gurlitt hat es nicht so mit den neuen Medien.
„Seine Welt ist langsam und still“,
erfahren wir im SPIEGEL.
„Er wundert sich über Telefone, die die Nummer des Anrufers anzeigen. Er weiß, dass man im Internet etwas suchen kann, aber er hat es noch nie gemacht. Er hat mit seinen Bildern gelebt.“
Oder wie in der SÜDDEUTSCHEN Kia Vahland meinte:
„Er widmete seine eigene Existenz der familiären Lebenslüge, ergriff keinen Beruf, gründete keine Familie, sondern gab sich hin, das Ansehen des Vaters zu bewahren.“
Was muss in einem solchen Manne vorgehen, wenn nun seine Schwabinger Bildersammlung bis in die höchste Politik diskutiert wird?
„Alle waren informiert, niemand erkannte die Dimensionen des Falls. Der Gurlitt-Fund wurde Vertretern von sechs Behörden präsentiert. Doch nichts passierte“,
bemängelte die SÜDDEUTSCHE.
„Die Politik muss in die Aufklärung des Falls Gurlitt eingreifen"“,
verlangte die FRANKFURTER ALLGEMEINE.
„Der amtierende Außenminister Guido Westerwelle hat einen offeneren Umgang mit dem spektakulären Münchner Fund von Kunstwerken verlangt“,
berichtete DIE WELT.
„Der deutsche Kunstmarkt muss jetzt endlich gesellschaftliche Verantwortung für die Raubzüge des „Dritten Reiches“ übernehmen“,
forderte die Tageszeitung TAZ.
„Während die deutsche Industrie mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ bereits gesellschaftliche Verantwortung für die Ereignisse im „Dritten Reich“ übernommen hat, steht dies für den Bereich des Kunstmarktes noch aus“,
meinte in der TAZ der Historiker Hanns C. Löhr. Und was meint Cornelius Gurlitt?
„Hoffentlich klärt sich alles schnell, und ich bekomme endlich meine Bilder zurück“,
sagt er dem SPIEGEL.
„Er wisse viel über ihre Entstehungsgeschichten, aber das will er für sich behalten. Wie eine Liebschaft, die behütet werden muss“,
schreibt die SPIEGEL-Reporterin Özlem Gezer und zitiert Cornelius Gurlitt:
„Und mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben.“
Aber die Steuern, Herr Gurlitt, aber das Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung!, möchte der brave Steuerzahler da rufen.
„Nach dem spektakulären Bilderfund in München muss die Justiz ihre Steuerermittlungen gegen Cornelius Gurlitt möglicherweise einstellen.“
Das lesen wir im TAGESSPIEGEL vom Sonntag.
„Wie die ‚Süddeutsche Zeitung‘ aus bayerischen Behörden erfuhr, soll der Sohn des Nazi-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt in Österreich für „bescheidene Einkünfte“ Steuern gezahlt haben. Das österreichische Melderegister führe ihn mit Hauptwohnsitz in Salzburg. Damit wäre der deutsche Fiskus für Cornelius Gurlitt gar nicht zuständig.“
Da würde dann der deutsche Steuerzahler vielleicht den Satz von Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt sprechen:
„Jetzt ist alles so miserabel.“
Das verheißt der neue SPIEGEL.
„Zum ersten Mal.“
Das ist nicht so ganz richtig. Einmal soll er ja schon gesprochen haben. Er: Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt, Kunstsammler aus München – und in diesen Tagen die von den Medien in Deutschland mit Abstand am meisten gesuchte Person.
„Ich bin kein Mörder, warum jagen die mich?“
Das fragt er die SPIEGEL-Redakteurin Özlem Gezer, die ihn begleitet hat, als er von München nach Augsburg „im Mutter-Kind-Abteil eines ICE“ zu seinem regelmäßigen Arztbesuch fuhr.
„Tritt er vor die Tür, beginnt das Blitzgewitter, als wäre er ein Kriegsverbrecher. Ständig klopfen Fremde an seiner Haustür, stecken Briefe durch den Schlitz“,
lesen wir im stolzen SPIEGEL und dann das Gurlitt-Zitat:
„Jetzt ist alles so miserabel.“
Und das auch noch:
„Ich bin doch etwas ganz Stilles. Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen.“
Das nennen wir in Journalistenkreisen einen echten Scoop. Bisher hat es ja nur die französische Illustrierte PARIS MATCH angeblich geschafft, Cornelius Gurlitt in einem Münchner Einkaufszentrum den Satz zu entlocken:
„Beifall von der falschen Seite ist das Schlimmste, was es gibt“,
wie etwa der Berliner TAGESSPIEGEL zitiert hatte. Und nun also der SPIEGEL. Auf fünf Seiten wird der Arztbesuch beschrieben – und die Leiden des alten Gurlitt, Kunstsammler aus München.
„Schon als Kind spielte er zwischen Liebermann, Beckmann und Chagall“,
schreibt die SPIEGEL-Reporterin. Als Kind von Hildebrand Gurlitt, erst Kunsteinkäufer Hitlers und dann nach dem Krieg #
#"engagierter, liberaler und weltoffener Direktor des Düsseldorfer Kunstvereins"“,
wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schrieb:
„Stratege und Schlitzohr, illusionsloser Realist und gerissener Opportunist, Hasardeur und Wendehals, Kriegsgewinnler und Nachkriegsgewinnler, der verstrickt und schnell wieder obenauf war, Kunstförderer und Kunstfälscher“,
meinte Andreas Rossmann über Gurlitt Senior.
„Kunsträuber stellt man sich nicht so gebildet vor“,
hatte die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG in eidgenössischer Nüchternheit festgestellt. Eine Zugfahrt in die Schweiz war es gewesen, die Gurlitt Junior in den Blick der Zoll- und dann der Steuerfahnder brachte.
„Zufall, dass er damals in den Zug stieg mit 9000 Euro in der Tasche und in das Visier der Zollfahnder geriet“,
heißt es jetzt im SPIEGEL,
„dass er sie erst anlog und dann auf der Toilette bei der Leibesvisitation aufflog.“
Und dann war nichts mehr wie zuvor im Leben des 1932 in Hamburg geborenen Cornelius Gurlitt.
„Nach dem Abitur studierte er Kunstgeschichte an der Kölner Universität. Er hörte auch Vorlesungen der Philosophie und Musiktheorie. Sein Studium brach er ab, wann, weiß er nicht, er erzählt nicht gern davon“,
klärt uns DER SPIEGEL auf.
„Cornelius Gurlitt hat keine Rente, war nie in seinem Leben krankenversichert.“
Dafür hatte er ja auch seinen Bilderschatz, der jede Dimension übersteigt. Etwa, wenn er Online zu besichtigen ist.
„Die Datenbank, auf die die Kunstwelt so dringend wartet, sie bricht erst einmal zusammen“,
erfuhren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
„Kurz nachdem am Montagabend die ersten 25 Werke auf der Website www.lostart.de“,
schrieb Ira Mazzoni,
„erscheinen, kollabieren die Server.“
Cornelius Gurlitt hat es nicht so mit den neuen Medien.
„Seine Welt ist langsam und still“,
erfahren wir im SPIEGEL.
„Er wundert sich über Telefone, die die Nummer des Anrufers anzeigen. Er weiß, dass man im Internet etwas suchen kann, aber er hat es noch nie gemacht. Er hat mit seinen Bildern gelebt.“
Oder wie in der SÜDDEUTSCHEN Kia Vahland meinte:
„Er widmete seine eigene Existenz der familiären Lebenslüge, ergriff keinen Beruf, gründete keine Familie, sondern gab sich hin, das Ansehen des Vaters zu bewahren.“
Was muss in einem solchen Manne vorgehen, wenn nun seine Schwabinger Bildersammlung bis in die höchste Politik diskutiert wird?
„Alle waren informiert, niemand erkannte die Dimensionen des Falls. Der Gurlitt-Fund wurde Vertretern von sechs Behörden präsentiert. Doch nichts passierte“,
bemängelte die SÜDDEUTSCHE.
„Die Politik muss in die Aufklärung des Falls Gurlitt eingreifen"“,
verlangte die FRANKFURTER ALLGEMEINE.
„Der amtierende Außenminister Guido Westerwelle hat einen offeneren Umgang mit dem spektakulären Münchner Fund von Kunstwerken verlangt“,
berichtete DIE WELT.
„Der deutsche Kunstmarkt muss jetzt endlich gesellschaftliche Verantwortung für die Raubzüge des „Dritten Reiches“ übernehmen“,
forderte die Tageszeitung TAZ.
„Während die deutsche Industrie mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ bereits gesellschaftliche Verantwortung für die Ereignisse im „Dritten Reich“ übernommen hat, steht dies für den Bereich des Kunstmarktes noch aus“,
meinte in der TAZ der Historiker Hanns C. Löhr. Und was meint Cornelius Gurlitt?
„Hoffentlich klärt sich alles schnell, und ich bekomme endlich meine Bilder zurück“,
sagt er dem SPIEGEL.
„Er wisse viel über ihre Entstehungsgeschichten, aber das will er für sich behalten. Wie eine Liebschaft, die behütet werden muss“,
schreibt die SPIEGEL-Reporterin Özlem Gezer und zitiert Cornelius Gurlitt:
„Und mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben.“
Aber die Steuern, Herr Gurlitt, aber das Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung!, möchte der brave Steuerzahler da rufen.
„Nach dem spektakulären Bilderfund in München muss die Justiz ihre Steuerermittlungen gegen Cornelius Gurlitt möglicherweise einstellen.“
Das lesen wir im TAGESSPIEGEL vom Sonntag.
„Wie die ‚Süddeutsche Zeitung‘ aus bayerischen Behörden erfuhr, soll der Sohn des Nazi-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt in Österreich für „bescheidene Einkünfte“ Steuern gezahlt haben. Das österreichische Melderegister führe ihn mit Hauptwohnsitz in Salzburg. Damit wäre der deutsche Fiskus für Cornelius Gurlitt gar nicht zuständig.“
Da würde dann der deutsche Steuerzahler vielleicht den Satz von Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt sprechen:
„Jetzt ist alles so miserabel.“