Von Klaus Pokatzky

18.05.2013
In der "taz" berichtet der Frankfurter Soziologe Matthias Meitzler über unsere Bestattungskultur und der Philosoph Gernot Böhme erklärt an selber Stelle, wie eine Stadt klingt. Ein weiteres Thema war in den Feuilletons dieser Woche: das vermeintliche Enthüllungsbuch über die DDR-Vergangenheit der Bundeskanzlerin.
"Für wen schreiben Sie?", fragt der Berliner TAGESSPIEGEL vom Sonntag - und ich könnte da immer nur antworten: für meine Hörerinnen und Hörer.

"Man kann in zwei Minuten 120 Euro verdienen oder wochenlang nichts,"

sagt im Interview der Gagautor Christian Eisert zu seinem Einkommen - der dem TAGESSPIEGEL auch erklärt, für welche Fernsehsendungen er die Gags schreibt, für die Harald-Schmidt-Show etwa.

"Alles geht witzig", sagt er noch. Das wollen wir mal sehen, ob das auch bei den Feuilletons so ist.

"Es ist eine der Schwächen des Feuilletons und zugleich seine Stärke, stets diese Einteilung in leicht und schwer vorzunehmen."

Das hat im Interview mit der FRANKFURTER RUNDSCHAU der Schauspieler Harald Krassnitzer gemeint. Zuerst das Schwere bitte. "Zurzeit werden die Gräber immer bunter und individueller."

Das erklärte der Frankfurter Soziologe Matthias Meitzler der Tageszeitung TAZ. Matthias Meitzler hat gerade ein Buch über unsere Bestattungskultur veröffentlicht.

"Es ist erstaunlich, was es auf Friedhöfen alles zu entdecken gibt. Im Alltagsdenken stellt man sich den Friedhof oft düster und grau vor, alle Gräber sind gleich. Aber das entspricht nicht mehr der Realität - immer häufiger haben Verstorbene etwa Fußbälle als Grabstein. Motorräder, Rockgitarren oder andere Symbole werden abgebildet."

Aber still ist es hoffentlich immer noch auf dem Friedhof. Kühlschränke als Grabsteine gibt es ja wohl noch nicht.

"Der machte ein irres Geräusch mit wunderbaren Obertönen"," erzählte der BERLINER ZEITUNG der Klangkünstler William Basinski, wie das war, damals, als er die Geräusche seines alten Kühlschranks aufgenommen hatte.

""Klänge und Stimmungen hängen ganz intim zusammen","

hob der Philosoph Gernot Böhme in der TAZ Klangerfahrungen auf die nötige höhere Bewusstseinsebene.

""Vor allem über den Ton ergibt sich dann der Zusammenhang der Welt als großes Konzert aller Dinge."

"Wie klingt dann die Stadt?", wollte die TAZ wissen. Die Stadt ist natürlich ein Teil dieses Konzerts, erklärte der Philosoph.

"Es wäre interessant, wenn wir an diesem Konzert mehr teilnehmen würden. Faktisch ist unser Leben anders eingerichtet. Wir hören im Alltag weg. Wir machen unsere Ohren zu oder stöpseln etwas anderes in sie hinein, um das, was draußen vor sich geht, nicht zu hören."

Offen gestanden: Ich möchte die Wumm-Wumm-Musik die aus den weit geöffneten Fenstern von bebenden Autos dringt, auch nicht hören. Da höre ich lieber ein schönes Klavierkonzert von Beethoven über Kopfhörer.

"Urbanität, das meinte einst Bildung und gutes Benehmen in Gesellschaft anderer."

Das schrieb in der FRANKFURTER RUNDSCHAU Werner Girgert - und trifft damit durchaus auch die Lärmrowdies in ihren Wumm-Wumm-Autos. Es sind übrigens immer Männer. Alles machen Männer heute.

"Männer haben sämtliche Frauenberufe erobert. Es gibt Grundschullehrer und Kindergärtner, Masseure und Friseure. Es gibt sogar Entbindungspfleger", "

lasen wir in der BERLINER ZEITUNG, weil noch keine männliche Bezeichnung für Hebamme gefunden wurde.

Aber Cornelia Geissler hat natürlich auch die andere Seite der Geschlechtermedaille nicht vergessen:

""Wir Frauen können sämtliche Männerberufe ergreifen. Zwar nicht quotengerecht, aber sichtbar: Kranführerin, Pilotin, Bergsteigerin, Soldatin, Kanzlerin."

Aber Päpstin, das geht noch nicht. Kanzlerin ist ja auch ganz schön - oder?

"Die erste Auslandsreise jedes neu gewählten europäischen Regierungschefs führt jetzt nach Berlin, als müsste er sich dort von der Kanzlerin, wie einst deutsche Könige vom Papst in Rom, den höchsten Segen holen."

Das stand im Magazin DER SPIEGEL.

"Erst dieser Kniefall scheint ihn in der EU, die ja gelegentlich als Wiederauferstehung des Heiligen Römischen Reiches gesehen wird, vollständig zu legitimieren."

Als "die kalte, bleiche Mutter Europas" präsentierte Romain Leick die eiserne Kanzlerin in der Krise - ohne öffentlich gezeigtes Mitgefühl für die armen Länder Europas.

"In dieser undankbaren Rolle der Rechthaberin und Besserwisserin hat sich die Bundeskanzlerin verfangen. Das macht sie schwer erträglich. In der nun mal zum allergrößten Teil katholischen Euro-Zone kann der protestantische Ruf nach immerwährender Buße nicht ankommen."

Eine andere Angela Merkel präsentiert uns ein vermeintliches Enthüllungsbuch über die DDR-Vergangenheit der Kanzlerin, das zwei Journalisten der "Bild" und der "WELT" geschrieben haben - ein "unfreiwillig komisches Buch", urteilte die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, mit "wenigen neuen, eher nebensächlichen Dokumenten aus Archiven", wie es in der Wochenzeitung DIE ZEIT hieß.

"Die Belege der Autoren sind in etwa so dürftig wie die DDR-Importe von Südfrüchten","

stand in der TAZ.

""Angela Merkel war nie eine Regimegegnerin, sie hat dies auch nie behauptet. Stattdessen wählte sie den Weg des kalkulierten Mitspielens"," schrieb Ulrich Schulte in der TAZ.

""Die Einser-Abiturientin, die in der Schule zur Belohnung zur Russisch-Olympiade nach Moskau durfte, ihr Physikstudium mit 'sehr gut' abschloss und es an die begehrte Berliner Akademie der Wissenschaften schaffte, tat, was die große Mehrheit tat."

Aber jetzt ist eben Wahlkampf.

"1975 trat ich der Pionierorganisation 'Ernst Thälmann' bei und ließ mir im Kreiskulturhaus Oberspree ein blaues Halstuch umbinden."

Das stand im TAGESSPIEGEL. "Ich wurde", bekannte David Ensikat dort, "Agitator. Ich war sieben Jahre alt." Und jetzt hat er den schönsten Beitrag zu Angela Merkels Rolle als Sekretärin für Agitation und Propaganda geschrieben.

"Ich erinnere mich an die ratlosen Blicke meiner Eltern, als ich ihnen stolz von meiner neuen Funktion erzählte und sie fragte, was ich nun zu tun hätte. Den Aufgabenbereich eines Agitators überblickten auch sie nicht. Verantwortungslos strichen sie mir nur über den Kopf und sagten: Du machst das schon."

Alles geht witzig.