Von Klaus Pokatzky
Der "Tannhäuser"-Skandal in Düsseldorf war das große Thema der Woche. Auch die Ankündigung des Springer Verlags, 2013 erneut eine 'Bild'-Geschenkausgabe zu produzieren, war von Interesse.
"Ich spare mir meine Kampfkünste für Momente auf, in denen ich sie wirklich brauche."
Das hat im Interview mit der Tageszeitung TAZ Ezra Koenig von der Band "Vampire Weekend" gesagt. Kämpfen wir uns also mit allen Künsten sparsam durch die Feuilletons.
"Springer-Verlag will 'Bild' zur Bundestagswahl verschenken."
Das hat der Berliner TAGESSPIEGEL versprochen, und während ich schon überlege, was ich mit all dem Geld machen soll, wenn mir die gewinnträchtige "Bild"-Zeitung zur Bundestagswahl geschenkt wird, bringt ein Blick in die TAZ Ernüchterung:
"Die Axel Springer AG hat angekündigt, auch 2013 eine 'Bild' an alle 40 Millionen Haushalte in Deutschland verteilen zu wollen - und zwar am 21. September, dem Tag vor der Bundestagswahl."
Als eine ebenfalls "ganz lustige Geschäftsidee der 'Bild'-Zeitung" bezeichnet die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG die "Bild"-Mini-Bibliothek mit zehn der populärsten einst von den Nazis "verbrannten Bücher".
"Dass sie aber Kurt Tucholskys 'Deutschland, Deutschland über alles' als 'ein Buch, wie eine frühe 'Bild'-Zeitung' bewerben, ist schon eine ziemliche Frechheit. Vielleicht hätte es doch geholfen, einmal kurz ins Buch hineinzuschauen. Und dann einmal in die Zeitung. Nur weil jemand tot ist, muss man ihn noch nicht verhöhnen."
In zwei gänzlich unterschiedlichen Varianten zeigten die Feuilletons in dieser Woche Nazi-Uniformen. Einmal natürlich auf den historischen Fotos zu den Artikeln über die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 – und dann zu der "Tannhäuser"-Inszenierung der Rheinoper in Düsseldorf, "einer der seltsamsten Theaterstädte Deutschlands", wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG befand.
"Den ersten handfesten Wagner-Skandal des Jahres"
hat der TAGESSPIEGEL zu Protokoll gegeben.
"Christoph Meyer, Chef der Deutschen Oper am Rhein, hat angeordnet, die Inszenierung Burkhard C. Kosminskis gleich nach der Premiere vom Spielplan zu nehmen, bei der es zu Zuschauerzusammenbrüchen und Notarzteinsätzen gekommen war","
schrieb Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN.
""Etlichen Premierengästen ging der Venusberg als KZ samt allfälligen Vergasungen und Judenerschießungen (an denen sich auch Tannhäuser beteiligt haben soll) derart an die Nieren, dass sie kollabierten oder unter lautstarken Protesten den Saal verließen."
Nun gibt es den "Tannhäuser" nur noch konzertant.
"Es mag sein, dass die Inszenierung mit ihren Gaskammer- und Erschießungsszenen oberflächlich und plakativ provoziert","
mokierte sich in der SÜDDEUTSCHEN Martin Krumbholz:
""nur hätte man das als mündiger Theatergänger gern selbst beurteilt."
Der neue SPIEGEL befragt den Regisseur Burkhard C. Kosminski:
"Ich bin schockiert und sprachlos","
sagt der – und spricht:
""Was in Düsseldorf passiert ist, ist die Zensur von Kunst."
Und dann sagt er noch etwas, was den Kern des Ganzen trifft:
"Allen Beteiligten war bewusst, dass wir auf einen Abend voller Kontroversen zusteuern. In den Endproben bat man mich, die Erschießungsszene etwas zu kürzen, was ich gemacht habe."
Wir gehen jetzt einmal ganz naiv davon aus, dass der Chef der Oper Christoph Meyer die Inszenierung am Premierenabend nicht zum ersten Mal gesehen hat.
"Wieso aber hat Meyer nicht frühestens bei der ersten Konzeptionsbesprechung, spätestens aber beim ersten Durchlauf gesagt: 'Kosminski, Sie haben wohl ein Rad ab'","
fragte Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN –
""und das Ding gar nicht erst auf die Bretter gelassen?"
Es geht eben nichts über die Weisheit,
"dass nicht der Einzelne, sondern nur die Gemeinsamkeit unwiderleglich sinnfällige, wirkliche künstlerische Thaten zu vollbringen vermag."
Das hat Richard Wagner geschrieben, 1852, in: "Das Kunstwerk der Zukunft" – wiedergegeben nun in einer kleinen Reihe mit Wagner-Sprüchen im TAGESSPIEGEL.
Den abschließenden Kommentar zur Posse in der Oper lasen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
"Intellekt manifestiert sich nicht in Bildung, sondern in Neugierde."
Das sagte im Interview der Schauspieler Klaus Maria Brandauer, wenn auch nicht zum Düsseldorfer Wegguck- und Zensur-Skandal, sondern so ganz allgemein.
"Stahl, Heer, Sturm","
war ein Artikel in der WELT überschrieben zum Münchner Prozess gegen die Terrorbande NSU.
""Die Namen von Beate Zschäpes Anwälten lesen sich, als wären sie ausgesucht, um zu provozieren. Diese Art Hohn ist ein Mittel rechter Symbolik."
So empörte sich der Schriftsteller und Jurist Georg M. Oswald. Die Anwälte der in München Angeklagten Beate Zschäpe heißen: Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer und Anja Sturm. Der Nachname des Schriftstellers Oswald ist ja auch ein Vorname und bedeutet übrigens: der durch Gott Herrschende. So einer kann gar nicht irren.
"Island ist das einzige Land der Welt, das am alten germanischen Namenssystem festhält","
klärte uns in der BERLINER ZEITUNG Valur Gunnarsson auf.
"Es gibt keine Familien-, sondern nur Vatersnamen. Mein Nachname, Gunnarsson, zeigt also an, dass mein Vater den Vornamen Gunnar trug, wohingegen mein Sohn Valsson, meine Tochter Valsdóttir heißen würden, eben weil mein Vorname Valur ist."
In Island fände Beate Zschäpe also nicht einen einzigen echt germanisch klingenden stählern-stürmischen Heeranwalt.
"Lesen Sie Blogs mit Literaturkritiken?"
Das fragt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG Fabian Mauruschat den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in dessen Ratgeberrubrik:
"Könnten Sie sich vorstellen, für meinen Blog (www.fischpott.de) eine solche als Gastbeitrag zu schreiben?"
Antwort Original Reich-Ranicki auf diesen Wunsch nach einer Literaturkritik:
"Fischpott? Ich fürchte, dass ich Sie nicht verstehen kann. Fragen Sie bitte jemanden, der sich damit besser auskennt."
Ich spare mir meine Kampfkünste für Momente auf, in denen ich sie wirklich brauche.
Das hat im Interview mit der Tageszeitung TAZ Ezra Koenig von der Band "Vampire Weekend" gesagt. Kämpfen wir uns also mit allen Künsten sparsam durch die Feuilletons.
"Springer-Verlag will 'Bild' zur Bundestagswahl verschenken."
Das hat der Berliner TAGESSPIEGEL versprochen, und während ich schon überlege, was ich mit all dem Geld machen soll, wenn mir die gewinnträchtige "Bild"-Zeitung zur Bundestagswahl geschenkt wird, bringt ein Blick in die TAZ Ernüchterung:
"Die Axel Springer AG hat angekündigt, auch 2013 eine 'Bild' an alle 40 Millionen Haushalte in Deutschland verteilen zu wollen - und zwar am 21. September, dem Tag vor der Bundestagswahl."
Als eine ebenfalls "ganz lustige Geschäftsidee der 'Bild'-Zeitung" bezeichnet die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG die "Bild"-Mini-Bibliothek mit zehn der populärsten einst von den Nazis "verbrannten Bücher".
"Dass sie aber Kurt Tucholskys 'Deutschland, Deutschland über alles' als 'ein Buch, wie eine frühe 'Bild'-Zeitung' bewerben, ist schon eine ziemliche Frechheit. Vielleicht hätte es doch geholfen, einmal kurz ins Buch hineinzuschauen. Und dann einmal in die Zeitung. Nur weil jemand tot ist, muss man ihn noch nicht verhöhnen."
In zwei gänzlich unterschiedlichen Varianten zeigten die Feuilletons in dieser Woche Nazi-Uniformen. Einmal natürlich auf den historischen Fotos zu den Artikeln über die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 – und dann zu der "Tannhäuser"-Inszenierung der Rheinoper in Düsseldorf, "einer der seltsamsten Theaterstädte Deutschlands", wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG befand.
"Den ersten handfesten Wagner-Skandal des Jahres"
hat der TAGESSPIEGEL zu Protokoll gegeben.
"Christoph Meyer, Chef der Deutschen Oper am Rhein, hat angeordnet, die Inszenierung Burkhard C. Kosminskis gleich nach der Premiere vom Spielplan zu nehmen, bei der es zu Zuschauerzusammenbrüchen und Notarzteinsätzen gekommen war","
schrieb Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN.
""Etlichen Premierengästen ging der Venusberg als KZ samt allfälligen Vergasungen und Judenerschießungen (an denen sich auch Tannhäuser beteiligt haben soll) derart an die Nieren, dass sie kollabierten oder unter lautstarken Protesten den Saal verließen."
Nun gibt es den "Tannhäuser" nur noch konzertant.
"Es mag sein, dass die Inszenierung mit ihren Gaskammer- und Erschießungsszenen oberflächlich und plakativ provoziert","
mokierte sich in der SÜDDEUTSCHEN Martin Krumbholz:
""nur hätte man das als mündiger Theatergänger gern selbst beurteilt."
Der neue SPIEGEL befragt den Regisseur Burkhard C. Kosminski:
"Ich bin schockiert und sprachlos","
sagt der – und spricht:
""Was in Düsseldorf passiert ist, ist die Zensur von Kunst."
Und dann sagt er noch etwas, was den Kern des Ganzen trifft:
"Allen Beteiligten war bewusst, dass wir auf einen Abend voller Kontroversen zusteuern. In den Endproben bat man mich, die Erschießungsszene etwas zu kürzen, was ich gemacht habe."
Wir gehen jetzt einmal ganz naiv davon aus, dass der Chef der Oper Christoph Meyer die Inszenierung am Premierenabend nicht zum ersten Mal gesehen hat.
"Wieso aber hat Meyer nicht frühestens bei der ersten Konzeptionsbesprechung, spätestens aber beim ersten Durchlauf gesagt: 'Kosminski, Sie haben wohl ein Rad ab'","
fragte Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN –
""und das Ding gar nicht erst auf die Bretter gelassen?"
Es geht eben nichts über die Weisheit,
"dass nicht der Einzelne, sondern nur die Gemeinsamkeit unwiderleglich sinnfällige, wirkliche künstlerische Thaten zu vollbringen vermag."
Das hat Richard Wagner geschrieben, 1852, in: "Das Kunstwerk der Zukunft" – wiedergegeben nun in einer kleinen Reihe mit Wagner-Sprüchen im TAGESSPIEGEL.
Den abschließenden Kommentar zur Posse in der Oper lasen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
"Intellekt manifestiert sich nicht in Bildung, sondern in Neugierde."
Das sagte im Interview der Schauspieler Klaus Maria Brandauer, wenn auch nicht zum Düsseldorfer Wegguck- und Zensur-Skandal, sondern so ganz allgemein.
"Stahl, Heer, Sturm","
war ein Artikel in der WELT überschrieben zum Münchner Prozess gegen die Terrorbande NSU.
""Die Namen von Beate Zschäpes Anwälten lesen sich, als wären sie ausgesucht, um zu provozieren. Diese Art Hohn ist ein Mittel rechter Symbolik."
So empörte sich der Schriftsteller und Jurist Georg M. Oswald. Die Anwälte der in München Angeklagten Beate Zschäpe heißen: Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer und Anja Sturm. Der Nachname des Schriftstellers Oswald ist ja auch ein Vorname und bedeutet übrigens: der durch Gott Herrschende. So einer kann gar nicht irren.
"Island ist das einzige Land der Welt, das am alten germanischen Namenssystem festhält","
klärte uns in der BERLINER ZEITUNG Valur Gunnarsson auf.
"Es gibt keine Familien-, sondern nur Vatersnamen. Mein Nachname, Gunnarsson, zeigt also an, dass mein Vater den Vornamen Gunnar trug, wohingegen mein Sohn Valsson, meine Tochter Valsdóttir heißen würden, eben weil mein Vorname Valur ist."
In Island fände Beate Zschäpe also nicht einen einzigen echt germanisch klingenden stählern-stürmischen Heeranwalt.
"Lesen Sie Blogs mit Literaturkritiken?"
Das fragt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG Fabian Mauruschat den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in dessen Ratgeberrubrik:
"Könnten Sie sich vorstellen, für meinen Blog (www.fischpott.de) eine solche als Gastbeitrag zu schreiben?"
Antwort Original Reich-Ranicki auf diesen Wunsch nach einer Literaturkritik:
"Fischpott? Ich fürchte, dass ich Sie nicht verstehen kann. Fragen Sie bitte jemanden, der sich damit besser auskennt."
Ich spare mir meine Kampfkünste für Momente auf, in denen ich sie wirklich brauche.