Von Katja Schlesinger

12.05.2008
Elfriede Jelinek kommentiert ihre Arbeit an ihrem nur im Internet veröffentlichten "Privatroman" in der FAZ. Die "Süddeutsche" sieht in der Beziehung der Deutschen zu Italien eine gewissen "Entliebung" am Werk. Und die "Frankfurter Rundschau" ist begeistert von dem neu eröffneten Museum Dieselkraftwerk in Cottbus.
"Ein verdammtes Desaster" - das ist für Doris Lessing ihr Literatur-Nobelpreis. Die Preisträgerin des vergangenen Jahres hat der BBC ein Interview gegeben und mehrere Zeitungen zitieren die Schimpftiraden der 88-Jährigen:

"Mein Leben wird ständig gestört. Alles, was ich noch mache, ist Interviews zu geben und fotografiert zu werden."

Wenn denn wirklich alles so schlimm ist, vielleicht sollte die hoch betagte Dame es Elfriede Jelinek gleichtun, Literaturnobelpreisträgerin 2004. Die hat sich beinahe ganz aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Interviews gibt sie nur äußerst selten. Hubert Spiegel von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG hatte jetzt das Glück, ihr zumindest einige Kommentare zu entlocken über ihren - wie sie es nennt - Privatroman "Neid", den sie Kapitel für Kapitel im Internet veröffentlicht und nach 936 Seiten nun für beendet erklärt hat:

"Ein Resümee der Schreiberfahrung der vergangenen zwölf Monate möchte sie nicht ziehen, sagt Elfriede Jelinek, 'weil ich mich ja durch diese Form der Veröffentlichung davor schützen wollte, irgendwelche Resümees ziehen zu müssen'."

Sie sei aber nach wie vor "völlig überzeugt" von dieser Veröffentlichungsform. Und Jelinek weiter:

"Mir gefällt der Gedanke, dass jeder, der will, sich etwas von mir herunterladen kann, es irgendwo zerstreut, ein paar Seiten, auch auf dem Handy konsumiert, und dann verschwindet es wieder im Netz. Es ist da, für jeden und gleichzeitig weg, das gefällt mir."

Vielleicht wird Jelinek also nur noch im Internet publizieren. Sie kann sich's ja auch leisten mit dem Literaturnobelpreisgeld.

Nun arbeitet sich Jelinek seit Jahren ja vor allem an Österreich ab, im Nachbarland Italien würde sie garantiert aber auch fündig werden. "Grob an Seele" titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und gemeint sind damit tatsächlich die Italiener. Gustav Seibt geht dem neuen deutschen Desinteresse an Italien auf den Grund und schreibt von einer "Entliebung". Erklärungen dafür hat er viele: Der römische Bürgermeister aus dem postfaschistischem Lager, die erneute Wahl Berlusconis, ungelöste Mafia- und Müllprobleme. Und über den Zustand der Kultur lesen wir folgendes:

"Die Zeiten, da die Buchläden voll von den Werken italienischer Schriftsteller und Historiker waren und Namen wie Umberto Eco oder Carlo Ginzburg auch hier die Debatten prägten, sind seit mehr als einem Jahrzehnt vorbei. Vom italienischen Kino dringt wenig mehr ins Ausland als die vollkommen internen Lamentationen eines sympathischen Zausels wie Nanni Moretti."

Selbst die Tenöre kämen nicht mehr aus Italien, sondern aus Südamerika.

In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG schreibt der Schriftsteller Hassan Dawud, der auch Feuilletonchef einer Beiruter Zeitung ist, über die vergangenen Tage im Libanon:

''"Nichts hat sich in diesem jüngsten Krieg geändert, ich meine, was mich angeht. Die Straße unten vor dem Haus ist wie in allen vorangegangenen Kriegen. Ich stehe hinter dem Fenster und stelle fest, dass ich mich wieder genauso vor den aufheulenden Geschossen fürchte, die den Kugelhagel krönen. Ich stelle fest, dass ich Angst habe, dass sich jener Lärm nähert, unsere Straße erreicht, und dann die Kämpfer ins Haus kommen, bis hinauf in unsere Wohnungen, um jeden, der die Tür öffnet, zu fragen: 'Schiit oder Sunnit?' Genau wie sie früher fragten: 'Muslim oder Christ?' Alles ist wie gehabt. Alles bleibt wie gehabt. Seit eh und je und immerdar."

Der Schriftsteller Hassan Dawud aus Beirut.

Zum Abschluss etwas Erfreuliches: "Der Osten kommt in der Kunst. Nach dem Museum der bildenden Künste in Leipzig und der Sammlung Gunzenbauer in Chemnitz hat nun auch Cottbus seine Kunst-Attraktion", lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU, die damit das vergangene Woche eröffnete Museum Dieselkraftwerk meint. Geradezu euphorisch feiert Roland Mischke das Museum und spricht sogar schon von "Brandenburgs Bilbao Effekt". Allein das intelligent umgebaute Haus sei eine Reise nach Cottbus wert. Ob das Dieselkraftwerk nun wirklich Guggenheim-Qualitäten hat: Warten wir's ab.