Von Jürgen Liebing

Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem Schriftsteller Daniel Kehlmann, der das Regietheater mit seinen Videowänden und Spaghettiorgien geißelt, mit Urinstinkten, die durch sommerliches Grillen bei grölenden Männerhorden hervorgerufen werden und mit Stierkampf, der nicht so richtig in die aufgeklärte Moderne passen will.
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem Schriftsteller Daniel Kehlmann, der das Regietheater mit seinen Videowänden und Spaghettiorgien geißelt, mit Urinstinkten, die durch sommerliches Grillen bei grölenden Männerhorden hervorgerufen werden und mit Stierkampf, der nicht so richtig in die aufgeklärte Moderne passen will.

"Die Sache ist verzwickt", lesen wir in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Katrin Bettina Müller resümiert nochmals die Debatte, die seit der Eröffnung der Salzburger Festspiele die Feuilletons beschäftigt hat. Der weltberühmte Schriftsteller Daniel Kehlmann hatte, sich auf nachlassende Erfolge seines Vaters, des Theater- und Fernsehregisseurs Michael Kehlmann, berufend, das Regietheater mit seinen Videowänden und Spaghettiorgien gegeißelt. Katrin Bettina Müller erinnert nun an einen Satz des Kollegen Peter Michalzik von der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Der hatte gestöhnt: "Ziemlich genau seit im Theater öffentlich geschissen und gevögelt wird, gibt es die Diskussion über die Subvention."

Es wäre nun fatal für den deutschen Theaterbetrieb, wenn im Gefolge des nachhallenden Geräuschs aus Salzburg an dieser Säule seines Tempels gerüttelt würde. Katrin Bettina Müller meint in der TAGESZEITUNG, die Angst vor der Diskussion um das Subventionswesen gehe über den engeren Bereich des Theaters hinaus, nämlich Richtung "Bildungsabbau, Turboabitur und Studiengängen, die für Allgemeinbildung kaum mehr Zeit lassen." Müllers Schlussfolgerung aus der Debatte ist: "Die Drehung ins Konservative droht am ehesten von dieser Seite, wenn das Theater denn eher literaturgeschichtliches Basiswissen vermitteln muss, statt darauf aufbauen zu können."

Eine Trendwende gibt es auch in einer anderen Sparte des menschlichen Daseins. Oliver Herwig schreibt in der FRANKFURTER RUNDSCHAU über "Würstchen mit Stil": "Jeden Sommer werden Urinstinkte wach." Es geht – man ahnt es – um das Grillen, das in der FR so beschrieben wird: "Grillende und grölende Männerhorden gehören zusammen, ihr Freizeitvergnügen reflektiert urtümliches Beute- und Sozialverhalten rund um das Lagerfeuer."

Das wird sich nun nach und nach ändern. Mit schmorenden Fleischstücken und dem dafür notwendigen Zubehör lässt sich Umsatz machen. Wir lesen in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Grill-Gourmets schwören auf Fleischthermometer, die sich wie vergrößerte Reißzwecken tief in das Steak bohren und anzeigen, wann die Kuh durch ist."

Apropos Kuh: Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat einen Mitarbeiter in Spanien. Paul Ingendaay schreibt über die beiden Ärzte, die bei jedem Stierkampf dabei sind: Der Menschendoktor und der Tierdoktor. Letzterer ist vor dem Kampf zuständig, der andere danach. Der Tierarzt sorgt dafür, dass der Stier heil in die Arena kommt, der Chirurg rettet den möglicherweise schwer verletzten Torero vor dem Tod. Wir lesen in der FAZ: "Die körperliche Unversehrtheit des Toreros ist bei der Corrida kein Gesichtspunkt, sie wird weder belohnt noch bestraft." Ingendaay steht der Welt des Stierkampfes etwas befremdet gegenüber: "Die aufgeklärte Moderne will mit einer Aufführung, bei der gegen den Preis einer Eintrittskarte echtes Blut und echter Tod gezeigt wird, nichts zu schaffen haben."

Wir wollen auf einen Essay in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, den der österreichische Kulturwissenschaftler Robert Pfaller schrieb, nicht näher eingehen, aber immerhin erwähnen, dass er "vom Sex in der Medienmoderne" handelt. Und das nun bringt uns zu einem Geburtstagsständchen, das Tobias Kniebe in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG für Dino de Laurentiis anstimmt. Der Titel ist: "Das Kribbeln des Augenblicks". Der legendäre und überaus erfolgreiche italienische Filmproduzent feiert am Sonnabend seinen 90. Geburtstag. Und was sagt er über seinen Beruf? Er sagt: "Es ist ganz einfach: Der Produzent entscheidet. Über die Story, über das Drehbuch, den Regisseur, die Darsteller – einfach alles."