Von Jesus zur Dreifaltigkeit
Wie Juden und Muslime glauben Christen an den <em>Einen</em> Gott. Sie beten jedoch zu Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. "Haben Christen drei Götter?", lautet daher die Leitfrage des kleinen Bändchens von Helmut Fischer, in dem er auf diese Besonderheit des christlichen Glaubens eingeht und dessen Entwicklung darlegt.
Christen sind Monotheisten, sind Ein-Gott-Glaubende der besonderen Art. Das erklärt sich aus der Geschichte. Christen stehen in der Nachfolge derer, die wie Jesus von Nazareth glauben. Christen stehen ferner in der Nachfolge derer, die an Jesus, den Christus, glauben.
Jesus von Nazareth war Jude. Er glaubte an den Gott seiner Väter. Der hatte sich als Befreier der Juden aus der Knechtschaft Ägyptens erwiesen. Entgegen aller Vielgötterei der umliegenden Kulturen lautet das jüdische Bekenntnis: "Es gibt keinen Gott außer Jahwe." Von diesem streng monotheistischen Gottesverständnis seiner Religion wich Jesu nicht ab. Auch hat er sich selbst nicht als Gott verstanden.
Menschen folgten Jesus, folgten seiner Lehre von Gott, die neue Akzente setzte. Zudem erfuhren Menschen in der Praxis des Wanderpredigers aus Nazareth, etwa in den Heilungen die Nähe Gottes. Davon erzählen die Evangelien, die als rückblickende Glaubenszeugnisse zu lesen sind.
Nach und nach, insbesondere aufgrund der Auferweckung von den Toten, entwickelte sich der Glaube, dass in Jesus Gott sichtbar geworden ist. Kurz: Jesus ist die sichtbare Seite Gottes. Dieser Glaube griff zunächst auf Begriffe zurück, die aus der jüdischen Tradition vertraut waren: Jesus ist "Gottes Sohn", er ist "der Messias", griechisch: "der Christus".
Ferner erfuhren die Menschen nach Jesu Tod und Auferweckung in sich die "spirituelle Seite Gottes", den Heiligen Geist. Sie waren sich darin gewiss, "dass sie vom Geist Jesu erfüllt wurden und aus diesem Geist ein neues Leben führen konnten." Davon berichten die Schriften des Neuen Testaments ebenfalls.
Bei seiner weiteren Verbreitung und Profilierung musste das Christentum über den Tellerrand des jüdisch-palästinensischen Kulturraums hinausschauen, um auf dem breiten Markt konkurrierender Kulte und Religionen zu überleben. Fanden schon ins Neue Testament Vorstellungen Einzug, die eher dem hellenistischen Denken vertraut waren, stand in den folgenden Jahrhunderten die Auseinandersetzung mit dem Gottesdenken der griechischen Philosophie auf dem Programm.
Hier war zu zeigen, dass Gott nicht nur ein abstraktes, transzendentes Wesen, sondern Person ist. Denn Juden, Christen, Muslime beten zu Gott, sie sprechen mit ihm, sie erfahren ihn. Ferner galt es die im Neuen Testament enthaltenen Bekenntnisse zu Jesus, dem Christus, und zum Heiligen Geist mit den gängigen Vorstellungen der gängigen Philosophie kompatibel zu machen.
Im Zuge dessen entsteht die Trinitätslehre, die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes - der EINE Gott zeigt sich in DREI Weisen. Dabei wird zunächst eine "Binitätslehre" entwickelt, die die Zweieinigkeit von Vater und Sohn herausstellt. Diese ist wie die spätere Trinitätslehre
"der großartige Versuch, das Gottesverständnis, das in der Botschaft Jesu enthalten ist, im Stimmengewirr hellenistischer Gottesvorstellungen lebendig zu halten und es auch so zu formulieren, dass es den Anforderungen hellenistischen Denkens genügte und den Menschen der hellenistischen Welt verständlich und vermittelbar wurde."
Von der "Binitätslehre" führt der Weg rasch zur Trinitätslehre, als mit philosophischen Begriffen geklärt wird, dass Menschen in Jesus von Nazareth ebenso wie im Wirken des Heiligen Geistes "nicht irgendwelchen Masken und Verhüllungen Gottes, sondern unmittelbar dem lebendigen Gott begegnen." In Fischers Augen ist dies keine notwendige Entwicklung, da weniger den biblischen Impulsen, denn "der inneren Logik des neuplatonischen Denkens" geschuldet.
Fischer informiert konzentriert und fundiert über Entstehung und Zielsetzung der christlichen Trinitätslehre bis zum fünften Jahrhundert. Die ist im Kern keine leichte Kost. An klassisch-griechischen Begriffen wie etwa "ousia" (Sein) und "hypostasis" (Seinsweise) hat der normale Christ seit jeher schwer zu knabbern. Da Fischer jedoch nicht nur die dogmatischen Lehraussagen erklärt, sondern den größeren Rahmen absteckt, vor allem den biblischen Hintergrund und die christliche Erfahrungsbasis ins Auge fasst, ist sein Büchlein auch für Leser ohne theologische Vorkenntnisse gut verdaulich.
Rezensiert von Thomas Kroll
Helmut Fischer: Haben Christen drei Götter? Entstehung und Verständnis der Lehre von der Trinität
Theologischer Verlag Zürich 2008
120 Seiten, 11,80 EUR
Jesus von Nazareth war Jude. Er glaubte an den Gott seiner Väter. Der hatte sich als Befreier der Juden aus der Knechtschaft Ägyptens erwiesen. Entgegen aller Vielgötterei der umliegenden Kulturen lautet das jüdische Bekenntnis: "Es gibt keinen Gott außer Jahwe." Von diesem streng monotheistischen Gottesverständnis seiner Religion wich Jesu nicht ab. Auch hat er sich selbst nicht als Gott verstanden.
Menschen folgten Jesus, folgten seiner Lehre von Gott, die neue Akzente setzte. Zudem erfuhren Menschen in der Praxis des Wanderpredigers aus Nazareth, etwa in den Heilungen die Nähe Gottes. Davon erzählen die Evangelien, die als rückblickende Glaubenszeugnisse zu lesen sind.
Nach und nach, insbesondere aufgrund der Auferweckung von den Toten, entwickelte sich der Glaube, dass in Jesus Gott sichtbar geworden ist. Kurz: Jesus ist die sichtbare Seite Gottes. Dieser Glaube griff zunächst auf Begriffe zurück, die aus der jüdischen Tradition vertraut waren: Jesus ist "Gottes Sohn", er ist "der Messias", griechisch: "der Christus".
Ferner erfuhren die Menschen nach Jesu Tod und Auferweckung in sich die "spirituelle Seite Gottes", den Heiligen Geist. Sie waren sich darin gewiss, "dass sie vom Geist Jesu erfüllt wurden und aus diesem Geist ein neues Leben führen konnten." Davon berichten die Schriften des Neuen Testaments ebenfalls.
Bei seiner weiteren Verbreitung und Profilierung musste das Christentum über den Tellerrand des jüdisch-palästinensischen Kulturraums hinausschauen, um auf dem breiten Markt konkurrierender Kulte und Religionen zu überleben. Fanden schon ins Neue Testament Vorstellungen Einzug, die eher dem hellenistischen Denken vertraut waren, stand in den folgenden Jahrhunderten die Auseinandersetzung mit dem Gottesdenken der griechischen Philosophie auf dem Programm.
Hier war zu zeigen, dass Gott nicht nur ein abstraktes, transzendentes Wesen, sondern Person ist. Denn Juden, Christen, Muslime beten zu Gott, sie sprechen mit ihm, sie erfahren ihn. Ferner galt es die im Neuen Testament enthaltenen Bekenntnisse zu Jesus, dem Christus, und zum Heiligen Geist mit den gängigen Vorstellungen der gängigen Philosophie kompatibel zu machen.
Im Zuge dessen entsteht die Trinitätslehre, die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes - der EINE Gott zeigt sich in DREI Weisen. Dabei wird zunächst eine "Binitätslehre" entwickelt, die die Zweieinigkeit von Vater und Sohn herausstellt. Diese ist wie die spätere Trinitätslehre
"der großartige Versuch, das Gottesverständnis, das in der Botschaft Jesu enthalten ist, im Stimmengewirr hellenistischer Gottesvorstellungen lebendig zu halten und es auch so zu formulieren, dass es den Anforderungen hellenistischen Denkens genügte und den Menschen der hellenistischen Welt verständlich und vermittelbar wurde."
Von der "Binitätslehre" führt der Weg rasch zur Trinitätslehre, als mit philosophischen Begriffen geklärt wird, dass Menschen in Jesus von Nazareth ebenso wie im Wirken des Heiligen Geistes "nicht irgendwelchen Masken und Verhüllungen Gottes, sondern unmittelbar dem lebendigen Gott begegnen." In Fischers Augen ist dies keine notwendige Entwicklung, da weniger den biblischen Impulsen, denn "der inneren Logik des neuplatonischen Denkens" geschuldet.
Fischer informiert konzentriert und fundiert über Entstehung und Zielsetzung der christlichen Trinitätslehre bis zum fünften Jahrhundert. Die ist im Kern keine leichte Kost. An klassisch-griechischen Begriffen wie etwa "ousia" (Sein) und "hypostasis" (Seinsweise) hat der normale Christ seit jeher schwer zu knabbern. Da Fischer jedoch nicht nur die dogmatischen Lehraussagen erklärt, sondern den größeren Rahmen absteckt, vor allem den biblischen Hintergrund und die christliche Erfahrungsbasis ins Auge fasst, ist sein Büchlein auch für Leser ohne theologische Vorkenntnisse gut verdaulich.
Rezensiert von Thomas Kroll
Helmut Fischer: Haben Christen drei Götter? Entstehung und Verständnis der Lehre von der Trinität
Theologischer Verlag Zürich 2008
120 Seiten, 11,80 EUR