Von Jens Brüning

Das Feuilleton der "taz" widmet sich Marcel Proust und seinen Verehrern, während sich die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mehr für den 200. Geburtstag von Charles Darwin im nächsten Jahr interessiert. Dazu taucht sie in die Welt der Drachen und Tauben ab.
"Proust hat gelacht","

lesen wir in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Der literarische Übersetzer Michael Kleeberg, der dies am Ende seines langen Essays zum Thema "Proust und Verehrung" einfach so hinschreibt, weiß, was er da behauptet, denn er hat Marcel Proust vom Französischen ins Deutsche gebracht.

Das hat ihm nicht viele Freunde beschert, denn man hat doch seine eigene Vorstellung von Proust, wie der Tee trinkt und Gebäck im Tee einweicht und gleich an seine Kindheit denken muss. Kleeberg berichtet in der TAZ von seinen Kritikern:

""Sie wussten, mit welchem Besteck er an welchem Novembertag welchen Jahres zu Abend gegessen hatte, und kannten die französischen Adelsgeschlechter bis ins dritte Glied. Sie besaßen Reliquien des Meisters, die ab und zu vorgezeigt wurden und berührt werden durften. Der Text war dagegen fast nebensächlich."

Proust hätte über solche Verehrer vermutlich gelacht.

In der "FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG" findet sich der zukunftsweisende Satz:

"Nächstes Jahr feiert die Welt den zweihundertsten Geburtstag von Charles Darwin."

Bis zum 12. Februar ist noch ein wenig Zeit, aber die FAZ bereitet uns jetzt schon vor, indem sie das Feuilleton und die Beilage "Bilder und Zeiten" der Evolutionstheorie widmet. Von Julia Voss erfahren wir alles über den Niederschlag dieser bahnbrechenden Erkenntnis in der Geschichte von "Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer". Die ziehen nämlich durch die Welt, und am Ende ist es in der Geschichte von Michael Ende so:

"Lummerland ist die Modellwelt, von der aus er die Geschichte neu konstruiert. Die Drachen, die Völker, ihre Heimat Atlantis werden den Nationalsozialisten entwendet. Die Mischwesen siegen, und alles darf sich mit allem verbinden."

Evolution eben. Mit demselben Thema beschäftigt sich in derselben FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Joachim Müller-Jung, nur angewandt auf die gemeine Haustaube und ihr Hirn. Mit den Taubenrassen hatte sich auch Darwin beschäftigt, und er schwärmte:

"Die Verschiedenheit der Rassen ist erstaunlich groß, man vergleiche zum Beispiel die Englische Botentaube und den kurzstirnigen Purzler und betrachte die wunderbare Verschiedenheit in ihren Schnäbeln, welche entsprechende Verschiedenheiten in ihren Schädeln bedingt."

In Bochum wird das Hirn der Taube erforscht, und man fand Erstaunliches heraus, wie wir der FAZ entnehmen:

"Sie vermögen offensichtlich sogar Werke kubistischer von impressionistischer Malerei zu trennen."

Zu trennen, notabene, denn für den Kunsthandel einsetzbar werden Tauben dann doch nicht:

"Das heißt freilich nicht, dass sie Kunst schätzen oder gar die Bildinhalte verstehen."

Dem Dadaisten und Surrealisten Max Ernst widmet sich Pamela Kort in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Er hatte sich 1920 mit der Evolutionstheorie auseinandergesetzt und malte:

"Eine Gestalt, teils Vogel, teils Mann steht in einem Gewässer, in dem ein Brontosaurus zu versinken scheint; gleich daneben, aber durch eine Falte im Papier von ihm getrennt, streckt eine Frau ihren rechten Arm in die Höhe, als wollte sie sich selbst daraus herausziehen."

Die Erkenntnis, die Max Ernst aus seiner Beschäftigung mit Darwin und verwandten Gedankenspendern zog:

"Die Zukunft des Universums ist seine Vergangenheit."

Wie um dies zu widerlegen, berichtet Willi Winkler in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG von den Dreharbeiten zu dem Kinofilm "Die Buddenbrooks". Die fanden im letzten Jahr im Kölner Westen statt. Der Kinostart ist am ersten Weihnachtstag. Heinrich Breloer ist der Regisseur, und erste Kräfte deutscher Schauspielkunst geben die lübsche Kaufmannsfamilie. Wir aber lesen:

"Das Leben war nicht schöner im 19. Jahrhundert, dafür richtet Thomas Mann seine Buddenbrooks gar zu grausam hin."