Von Jens Brüning

Die "Berliner Zeitung" kommentiert den Entschluss des Operetten-Tenors Johannes Heesters wegen der Behauptung, er habe für die SS im KZ Dachau gesungen, vor Gericht zu gehen. In der "Welt" analysiert der britische Historiker Niall Ferguson die globale Lage. Die "FAZ" hat mit Alexander Kluge über sein Projekt gesprochen, "Das Kapital" von Marx zu verfilmen.
"Die Offiziere wollten Unterhaltung, das war alles", "

lesen wir in der BERLINER ZEITUNG. Birgit Walter kommentiert den Entschluss des demnächst 105-jährigen Operetten-Tenors Johannes Heesters, den Kabaretthistoriker Volker Kühn vor dem Berliner Landgericht dazu zu bringen, eine Tatsachenbehauptung nicht zu wiederholen. Kühn hatte mit Kamera und Mikrofon aufgenommen, was ihm der Dachau-Häftling Victor Matejka 1991 berichtete. Matejka sagte damals, er habe den Vorhang gezogen bei einem Auftritt des Unterhaltungsstars Heesters vor den SS-Männern des Konzentrationslagers Dachau. Näher dran geht nicht. Matejka ist 1993 verstorben. Heesters bestreitet nicht, in Dachau einen Besuch gemacht zu haben. Davon gibt es Fotos. Heesters bestreitet, vor SS-Männern im KZ gesungen zu haben. Birgit Walter schreibt in der BERLINER ZEITUNG:

" "Man sah ihn unter Tränen beteuern, dass er nicht aufgehört habe, sich zu schämen."

Ganz ohne Scham haben sie unser Bestes verzockt, die internationalen Finanzgenies, die es jetzt nicht gewesen sein wollen. In der Tageszeitung DIE WELT analysiert der britische Historiker Niall Ferguson die globale Lage.

"Wir durchleben gerade das Ende eines Phänomens", "

schreibt Ferguson,

" "das Moritz Schularick und ich ‚Chimerika’ getauft haben."

Dabei handelt es sich nicht – wie man eingedenk der beiden gelehrten Urheber dieses Wortes glauben könnte – um ein feuerspeiendes Mischwesen mit drei Köpfen, wie es Homer in seiner "Ilias" beschrieben hat. "Chimerika" ist in ihrem Sinne das symbiotische Verknüpftsein von China und Amerika. Ferguson schreibt in der WELT:

"Sehr einfach ausgedrückt, besorgte die eine Hälfte das Sparen und die andere das Ausgeben."

Wir wissen, wer derzeit die schlechteren Karten auf den Finanzmärkten hat. Immerhin kommt der gelehrte Historiker, der zur Zeit in Harvard lehrt, trotz des Zusammenbruchs zu dem Schluss: "Es ist viel zu früh, daraus das Ende des amerikanischen Jahrhunderts abzuleiten."

Ebenfalls mit der globalen Lage befasst sich Frieder Otto Wolf in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Er kommt auf den Gedanken, es könne sich aus der Krise ein neuer Krieg entwickeln, vertieft das aber nicht, sondern fordert:

"Die wirklichen Probleme der Menschheit müssten angegangen werden, damit wirklich wieder Vertrauen gewonnen werden kann."

Dass mit diesem Lösungsweg nicht zu rechnen ist, vermutet Wolf umgehendst. Wir lesen in der TAZ:

"Es geht einfach nicht um die wirklichen Probleme der Menschheit, sondern um die Kapitalrendite."

Insofern scheint interessant, dass der Filmregisseur Alexander Kluge "Das Kapital" von Karl Marx verfilmt hat. Der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erzählte er von dem Vorläuferprojekt, das Sergej Eisenstein 1929 in Angriff genommen hatte und damit gescheitert war:

"Ich glaube, dass Eisenstein unter der Textart, dem Marx-Latein, litt", "

bemerkt Kluge, der auch bekennt:

" "Ich finde Marx als Dichter hochinteressant."

Das Projekt soll unter dem Titel "Nachrichten aus der ideologischen Antike" bereits Mitte November als DVD-Box mit zehn Scheiben vom Suhrkamp-Verlag käuflich zu erwerben sein. Etwas erschöpft sagte Kluge der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:

"Sie merken, wenn man über Marx nachdenkt, kommt man leicht in der Antike an."

Ganz neu hingegen ist die türkische Zeitung "Taraf". Sie ist noch kein Jahr alt und, wie Kai Strittmatter in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG schreibt, in der Türkei die

"meistzitierte und meistdebattierte Zeitung". "

Wir zitieren gern, was die stellvertretende Chefredakteurin Yasemin Congar dem SZ-Korrespondenten als Betriebsgeheimnis verriet:

" "Wenn die Interessen deines Chefs die redaktionelle Arbeit bestimmen, dann ist das das Todesurteil für den Journalismus."