Von Jens Brüning

Die "Süddeutsche" berichtet vom Reichtum des Bürgermeisters von New York, Michael Bloomberg, und interviewt anlässlich der Verfilmung des Romans "39,90" dessen Autor Frédéric Beigbeder. "Die Welt" sieht in China einen neuen Feudalismus heraufziehen, während die NZZ vorrechnet, wie sich Investitionen in Kultur für einen Staat durchaus rechnen.
"Jetzt habe ich zuviel gedacht", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Das ist ein Zitat aus einer Rezension. Mit diesem Satz wird das neue Romanwerk des auch hier zu hörenden Arno Orzessek mit seinen eigenen Mitteln erlegt. "Jetzt habe ich zuviel gedacht" ist nämlich auch ein Zitat aus dem Roman "Drei Schritte von der Herrlichkeit", der dem Rezensenten Steffen Martus nur in einigen Passagen gefallen hat. Immerhin nimmt diese Buchbesprechung zusammen mit einem großen Foto von Berlins Charité-Klinik die halbe Zeitungsseite ein.

Michael Bloomberg hingegen, der Bürgermeister von New York ist, hat durch den Einsatz von 4,5 Milliarden Dollar unvorstellbare Summen eingenommen. Auf der Medienseite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG rechnet Thomas Schuler vor, dass der Bürgermeister, dessen Jahresgehalt einen Dollar beträgt, mit dem Rückkauf seiner 2002 veräußerten Anteile an der eigenen Firma den Wert seines Unternehmens verdoppelt habe. Es wimmelt in diesem Artikel von Zahlen, und man kommt sich reichlich dumm vor, vor allem, wenn man an den eigenen wirtschaftlichen Erfolg denkt. Aber ein Detail ist doch zu schön:

"Dass Bloomberg kein ganz normaler Bürger ist, fanden Reporter der 'New York Times' heraus, als sie den Bürgermeister fünf Wochen lang beobachten, wie er morgens regelmäßig von zwei großen Limousinen durch die halbe Stadt zu einer U-Bahnstation chauffiert wurde, um von dort ins Büro zu fahren. Nicht ganz umweltfreundlich, aber bürgernah."

Anlässlich der Verfilmung des Romans "39,90" befragte die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG dessen Autor Frédéric Beigbeder zu Kino und Literatur, und der kam dabei auch auf die Dinge des Lebens zu sprechen:

"Ich finde, dass die Welt heute so ist: Sie verspricht Vergnügen, aber das Glück ist eine andere Sache. Vergnügen kann traurig machen."

Das Buch, mit dem Beigbeder planmäßig berühmt wurde, handelt unter anderem von der Welt der Werbung. Inzwischen, meint der Autor, sei alles noch viel schlimmer geworden:

"Konzerne, die mehr wert sind als ein ganzes Land, persönliche Vermögen wie das von Bill Gates, der ungefähr das Bruttosozialprodukt von Belgien verdient."

Das beobachtet Beigbeder fasziniert und gesteht, nachdem er beiläufig sein neuestes Buch erwähnt hat:

"Wenn einem der Mut für Terrorismus fehlt, schreibt man Romane."

Man verdient dann auch besser.

In der Tageszeitung DIE WELT berichtet der einstige Rektor des Wissenschaftskollegs Berlin, der Soziologie-Emeritus Wulf Lepenies, über intellektuelle Strömungen in China. Da geht es auch um Geld. Aber um das, was immer die anderen haben. Ein bedeutender Gelehrter, der seinen Namen nicht genannt wissen will, schreibt über die herrschende Kaste Chinas:

"Es ist Feudalismus, der jetzt herrscht, obwohl die Herrscher nicht die kaiserliche Tracht tragen. Aber sie genießen die gleichen Privilegien und benehmen sich wie diejenigen, in deren Adern blaues Blut zirkuliert."

Wulf Lepenies bezeichnet den Urheber dieses Urteils als "kritischen Patrioten" und stimmt ihm in seinem Aufsatz in der WELT zu, "dass Richtung und Tempo der Entwicklung, die China eingeschlagen hat, schleunigst korrigiert werden müssen."

Zu korrigieren ist auch das Vorurteil, Kunst bringe nichts, jedenfalls nichts, was sich rechnet. In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG berichtet Paul Jandl von jüngsten Untersuchungen in Österreich:

"Österreichs kulturelle Flaggschiffe bringen den Staatsfinanzen annähernd so viel, als sie an Subventionen kosten."

Und wenn man alles in allem rechnet, noch ein bisschen mehr. Außerdem habe die Kultur einen unschlagbaren Vorteil gegenüber jeder Schrauben- oder Tabakfabrik, lesen wir in der NZZ:

"Noch ist der Mensch in der Kunst durch Maschinen nicht wegzurationalisieren."