Von Jens Brüning

Fats Domino, der schwergewichtige Pianist aus New Orleans, feiert am Dienstag seinen 80. Geburtstag. Genauso wie der deutsche Philosoph Odo Marquard. Anlass genug für ausführliche Würdigungen in den Feuilletons. 200. Geburtstag hat der Maler Honoré Daumier, der erst postum als Maler bekannt wurde, zu Lebzeiten aber als großer Karikaturist galt.
„Man wusste gar nicht“, lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, „dass Fats Domino überhaupt noch lebte.“ Edo Reents erinnert mit diesem etwas heiklen Satz an eine Legende der Rock-Musik. Der Satz bezieht sich auf das Wiederauffinden des Pianisten aus New Orleans nach dem Wirbelsturm vom Spätsommer 2005. Man vermutete, er sei davongeschwemmt worden, aber er weilt weiterhin – „quicklebendig“ schreibt Josef Engels in der Tageszeitung DIE WELT – unter uns und feiert am Dienstag seinen achtzigsten Geburtstag.

Der rundliche Mann mit den schweren Ringen an den Fingern machte mit der Cover-Version des Liedchens „Lady Madonna“ von Paul Mc Cartney schon 1968 seinen eigenen riesengroßen Hit. Edo Reents erinnert in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG daran, dass Fats Domino „sich eigentlich schon 1979 mit seiner letzten nennenswerten, aufschlussreich betitelten Platte ‚Sleeping On The Job‘ zur Ruhe gesetzt hatte“. Es wäre dagegen ja auch nichts einzuwenden, gehen Menschen doch allgemein, sobald sie ein Auskommen erworben haben, gern frühzeitig auf Rente. Fats Domino war früh schon im Einklang mit sich selbst: „Er bedrohte weder die etablierte Ordnung“, hebt Tom Fuchs im Berliner TAGESSPIEGEL hervor, „noch war er Bote eines neuen Zeitalters wie Elvis Presley.“ Sein Alleinstellungsmerkmal war:

„Er war schlicht der verlässlichste Hitmacher von allen – und das über fast 20 Jahre, mit rund 70 Millionen verkauften Platten.“

Platten, das sei hier kurz angemerkt, heißen heute CDs. Fats Dominos Musik war auch immer wiederzuerkennen: „Das Ganze ergab einen satten Sound, in dem Piano und Saxofon die herausragenden Instrumente waren“, lesen wir im TAGESSPIEGEL. Sympathisch auch, was Josef Engels in der Tageszeitung DIE WELT über das Beharrungsvermögen des schwarzen Pianisten schreibt:

„Aus New Orleans wollte der Vorruheständler, hauptsächlich wegen der guten Küche, nicht mehr weg.“

Bereits 200 Jahre ist es her, da Honoré Daumier das Licht dieser Welt erblickte. Jörg von Uthmann weiß und schreibt in der WELT:

„Daumier gehört zu den am fleißigsten gefälschten Künstlern – das aufrichtigste Kompliment, das die Nachwelt zu vergeben hat.“

Zu Lebzeiten aber hatte Daumier nur eine Sehnsucht:

„Er wollte malen.“

Das konnte er jedoch nur privat machen, da alle Welt glaubte, er sei ein ungemein guter und witziger Karikaturist und daher bloß des Lithographierens kundig. „Seine Spießbürger“, lesen wir in der WELT, „grinsen auch mit dem Bauch unter der geschwollenen Weste.“ Henning Ritter schreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG über Daumiers einziges, zu Lebzeiten öffentlich ausgestelltes Gemälde:

„Daumier malt die ihre Kinder nährende gerechte Republik, zu ihren Füßen das lesende Proletariat.“

„Zu seiner Linken ein brauner Stofflöwe, der auf dem Boden sitzt“, schreibt Ijoma Mangold in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Wir sind inzwischen in Gießen, und der Anlass des Besuches dort ist der achtzigste Geburtstag des Philosophen Odo Marquard. Der liest sehr gern Krimis, gesteht er dem Besuch aus München: „weil eigentlich nichts passiert – und mir selber auch nicht. Alles ist vorher festgelegt.“ Ijoma Mangold lobt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:

„Das angenehm Zivile, das Anti-Extremistische, auch ein Moment bescheidener Selbstzufriedenheit, Pathosferne und kleines Glück – eigentlich wirkt die Bundesrepublik in ihren gelingenden Momenten wie von Odo Marquard souffliert.“

In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG finden wir aus Anlass des 80. Geburtstages des Philosophen das schöne Wort „Transzendentalbelletristik“, und in der WELT jene „Inkompetenzkompensationskompetenz“, mit welcher der Denker seine Leser immer wieder verblüfft. Ein Herdenmensch ist so einer nicht:

„Ich habe den Hang, viel allein unterwegs zu sein.“