Von Jens Brüning

Die "Tageszeitung" geht der Frage nach, wie zufrieden Künstler und andere Kreative mit ihren Jobs in Zeiten des Prekariats sind. Der "Tagesspiegel" befasst sich mit einer Protestnote des Landesfischereiverbandes Baden gegen einen ARD-Tatort-Film. Und in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geht es um die Mafia und den Müll in Neapel.
"Eigentlich habe ich ja Jobs ganz gerne", lesen wir in der TAGESZEITUNG kurz TAZ, "die man machen kann, ohne dabei besonders kreativ sein zu müssen." Die Autorin, die dies sagte, bekam 2006 den Ingeborg-Bachmann-Preis für ein offensichtlich besonders kreatives Werk. Zitiert wird Kathrin Passig in einer Rezension von Christiane Müller-Lobeck zu dem im Piper-Verlag erschienenen Buch "Wovon lebst du eigentlich?" Darin abgedruckt sind Stellungnahmen von Künstlern und anderen Kreativen zu ihrer – sagen wir – Berufszufriedenheit in Zeiten des Prekariats. Daraus lernen wir, dass ein auskömmliches Einkommen in Zeiten des Turbokapitalismus schwer zu realisieren ist.

Und da wundert man sich, dass es schon wieder Klagen zu einem ARD-Tatort-Film gibt! Im Berliner TAGESSPIEGEL wird aus der Protestnote des Landesfischereiverbandes Baden zitiert, welche dieser aus Betroffenheit über den SWR-Tatort vom vergangenen Sonntag formulierte:

"Die Berufsfischer werden als brutale Trottel dargestellt, und auch die Naturschützer bekommen ihr Fett weg."

Ja, Heiligsblechle! Irgendwer muss doch der Mörder sein, wenn der Gärtner schon aus dramaturgischen Gründen ins Wasser fällt. Auch Daniel Kothenschulte ist dieses Betroffenheitszeichen aus Südbaden einen Kommentar in der FRANKFURTER RUNDSCHAU wert. Er bringt die Sache auf den Punkt:

"Die deutsche Film- und Fernsehbranche brummt, man dreht wie der Teufel. Was fehlt, ist die Zeit, ein Buch einmal auf die Goldwaage zu legen."

Da gehörte es nämlich hin, bevor auch nur ein Scheinwerfer angeknipst wird. Von hier ist es zum Streik der Drehbuchschreiber in Hollywood nicht weit. Schließlich kommt Daniel Kothenschulte in der FR zum eigentlichen Problem:

"Wenn die Autoren besser könnten, wenn sie bessere Arbeitsbedingungen dafür bekämen, dann sollen sie eben dafür streiken."

Vielleicht gibt es dann auch keine Protestnoten mehr von schwerst betroffenen Zuschauern, die sich plötzlich als Mörder oder Schlimmeres auf dem Bildschirm sehen müssen.

Mit der Betroffenheit ist das ohnehin so eine Sache: In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG schreibt Henning Klüver über "Die Nazis und die Mafia". Es geht um das Problem, "wie fremd Deutsche und Italiener einander wirklich sind". Die Überschrift mit den Begriffen "Mafia" und "Nazi" weist schon die Richtung: In einer immer unübersichtlicher werdenden Welt ist kaum noch Zeit, sich miteinander wirklich gründlich zu beschäftigen. Klüver zitiert haarsträubende Beispiele aus beiden Lagern. Kurz:

"Was den Deutschen die Mafiosi sind, sind den Italienern die Nazis."

Dirk Schümer schreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG in Sachen Müllentsorgung in Neapel:

"Neapel führt der Welt anschaulich vor, wie eine Demokratie aussieht, deren Herzstück organisierte Kriminalität heißt."

Die Clans nämlich kassieren für das Wegschaffen des Mülls, und die Stadtverwaltung kann nichts dagegen tun, dass alles irgendwo in der Landschaft landet. So jedenfalls haben wir das verstanden. Eine Gewissheit aber hat sich der FAZ-Autor – uns zur Tröstung – bis zuletzt aufgehoben:

"Und doch gehören die Neapolitaner, die verbissen für die Camorra demonstrieren, die ihren Müll in Hessen verbrennen lassen und den Staat als auszuplündernden Feind verstehen, untrennbar zu unserem Europa."

Um noch einmal auf die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zurückzukommen: "Die Erde könnte ein Paradies sein", steht über einem Aufsatz des Computer-Pioniers Joseph Weizenbaum. An zentraler Stelle lesen wir:

"Der Glaube, dass Wissenschaft und Technologie die Erde vor den Folgen des Klimawandels bewahren wird, ist irreführend. Nichts wird unsere Kinder und Kindeskinder vor einer irdischen Hölle retten. Es sei denn: Wir organisieren den Widerstand gegen die Gier des globalen Kapitalismus."