Von Jens Brüning

K. Erik Franzen hat sich für die "Frankfurter Rundschau" auf den Weg zum Obersalzberg gemacht. Die "Süddeutsche Zeitung" beschäftigt mit den Erscheinungsformen der visuellen Kultur von YouTube. Und die "tageszeitung" berichtet von der multikulturellen Vielfalt in Sarajewo.
"Hey, hier kommt Adolf, Vorhang auf", lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. K. Erik Franzen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münchener Collegium Carolinum, das Informationen für wissenschaftlich Arbeitende und Studierende der Bohemistik vorhält, hat sich für das Blatt aus Frankfurt auf die Reise zum Obersalzberg und in die Vergangenheit begeben. Hoch oben über Berchtesgaden hatte Adolf Hitler seine Sommerresidenz. Seit 1999 ist dort die NS-Dokumentationsstelle Obersalzberg mit didaktisch aufbereitetem Rundgang. Sechs Jahre später wurde ein "Wellness-Resort" einer internationalen Hotelkette eröffnet, in dem außer Englisch und Französisch unter anderem auch Ungarisch und Polnisch sowie Russisch und Türkisch gesprochen wird. Das hat K. Erik Franzen allerdings nicht interessiert. Er ging vom Parkplatz direkt in das Bunkersystem, das vom zweiten dort betriebenen Hotel zugänglich gehalten wird. "Sie erwartet ein unverfälschtes Ambiente der 50er und 60er Jahre", las Franzen dort und entdeckte "die Auswüchse verstörter Frontallappen in aller Schärfe." Gemeint ist purer Nazikram aus der Nachkriegszeit, der in den unterirdischen Gewölben in Form von Runen, Hakenkreuzen und dergleichen von der Gesinnung der Besucher Zeugnis ablegt. In Zeiten von Erinnerungskulturen aller Art scheint da oben auf dem Obersalzberg allerhand schief gelaufen zu sein. Wir lesen in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Einige holen sich hier einen sanften Gruselkick, andere wallfahren zu den materiellen Rudimenten, an denen sie ihr faschistisches Mütchen kühlen."

Allerdings gibt es ja noch das internationale Areal. Aus dieser Perspektive bietet der Obersalzberg allerhand:

"Man kann hier Golf spielen, Ski fahren, in einem Luxushotel übernachten und in einem Sterne-Restaurant essen."

Wer das alles wahrnimmt, sieht über die Nazispießer in der Nachbarschaft hinweg, hat Franzen beobachtet.

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG beschäftigt sich Christian Kortmann mit den Erscheinungsformen der visuellen Kultur von YouTube. Vor tausend Tagen wurde die Website eröffnet. Vor einem Jahr erzielten die Gründer einen Verkaufspreis von 1,6 Milliarden Dollar. Vom Spiel der Katze mit den Sonnenstrahlen bis zur Hinrichtung Saddam Husseins ist auf dieser Plattform alles zu sehen. Neuerdings ist daraus in den USA eine Art Bürgerfernsehen im Wahlkampf um die Präsidentschaft geworden: "Die Bürger antworten mit Filmen auf die Spots der Kandidaten", erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "für die Politiker ist das ein extralanges TV-Duell mit dem Volk." Wie das mit virtuellen Systemen so ist: Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein. Aber doch:

"Der Großteil der User ist zwischen 12 und 17 Jahren alt, eine bildergierige Jugend, die die Zukunft bedeutet."

Zukunft für die Werbebanderolen, denken wir mal kurz. Denn mit 17 hat man zwar Träume, darf aber noch nicht wählen.

Der Traum von der multikulturellen Vielfalt schien sich in Sarajewo verwirklicht zu haben, wenn man dem "Tagebuch der Aussiedlung" des bosnischen Schriftstellers Dževad Karahasan von1993 trauen mag. In der TAGESZEITUNG, der TAZ, schreibt nun Uwe Rada:

"Gleich hinterm östlichen Rand der Stadt entsteht derzeit ein neues, ein serbisches Sarajewo."

Man darf es nur nicht so nennen, denn das Friedensabkommen von Dayton legte im Dezember 1995 fest, dass "ethnische Trennungen" nicht "festgeschrieben" werden sollten. Das aber ist nicht nur auf serbischer Seite Schnee von gestern:

"Der Wegzug der serbischen Stadtbevölkerung ist auch eine Reaktion auf die schleichende Islamisierung des einstigen Schmelztiegels auf dem Balkan. Seit dem Ende des Krieges sind zahlreiche Moscheen neu gebaut worden – mit Geld aus Saudi-Arabien."

Andererseits die Bosnier: Wir lesen in der TAZ:

"Die unternehmen nichts gegen eine Entwicklung, die die Serben zu Fremden in ihrer eigenen Stadt machen."