Von Jens Brüning
"Der Spiegel" will seine Leser mit dem Lebensgefühl der Jugend vertraut machen, die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" spricht mit dem Soziologen Wolfgang Sofsky über Sicherheitsfragen, und der "Tagesspiegel" bringt eine "kleinen Kulturgeschichte des Theaterapplauses" ins Blatt.
"Die Sehnsucht bleibt","
lesen wir im Wochenmagazin DER SPIEGEL vom kommenden Montag. In der Rubrik "Zeitgeist" des Kulturressorts macht uns Rebecca Casati mit dem Lebensgefühl der Jugend vertraut. Die stellt Intimstes ins Internet und lebt nach der Devise:
""Die Öffentlichkeit ist viel zu nützlich, um sie zu meiden."
Vor dem Hintergrund der Debatte um die Innere Sicherheit ist bemerkenswert, dass wir im SPIEGEL lesen können:
"Die Ängste vor dem totalitären Staat sind, besonders bei den Jüngeren, verblasst."
Wenn der Staat nämlich an jeder Straßenecke eine Kamera aufhängt, hat das ja auch seine Vorteile, meint Rebecca Casati im SPIEGEL:
"Die Bürger sind dankbar, wenn innerhalb weniger Stunden mutmaßliche Bombenleger per Videoüberwachung in U-Bahnhöfen aus dem Verkehr gezogen werden."
Weggeblasen, freut sich Casati, die blöden Bedenkenträger aus der 68er-Generation, die vor zwanzig Jahren schon den Überwachungsstaat beschrien, als die Volkszähler von Tür zu Tür gingen. Immerhin aber erfahren wir als Ergebnis eines Besuchs von Rebecca Casati beim Berliner Datenschutzbeauftragten:
"Amerikanische Personalchefs suchen bereits standardmäßig danach, welche Spuren Bewerber im Internet hinterlassen."
Erwähnt wird auch der Soziologe Wolfgang Sofsky, 55, dem allerdings "altbekannte Rhetorik" attestiert wird.
Dieser Wolfgang Sofsky war am vergangenen Sonntag Gesprächspartner von Julia Encke. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG ging es um die Frage: "Wie viel Sicherheit brauchen wir?" Ausgangspunkt - wie erwähnt - waren Innenminister Schäubles Testballons in Sachen Online-Überwachung. Wolfgang Sofsky meinte, die Bösewichter der Welt wären sicher ungemein beeindruckt von solchen Dingen und fügte hinzu:
"Sie werden wieder zu alten Formen der Nachrichtenübermittlung übergehen, Kuriere schicken, Termine absprechen, wie es die Tupamaros in Uruguay in den siebziger Jahren getan haben: Dazu braucht man kein Internet."
Solche Hinweise brauchen die jungen Leute heutzutage, scheint's. An weiteren Tagen der vergangenen Woche beschäftigten sich die Auslandskorrespondenten der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG in Frankreich und China mit Fragen des islamistischen Terrors beziehungsweise des muslimischen Radikalismus. Aus Nizza berichtete Jürg Altwegg, dass
"Zahnpasta und Duschgel im Handgepäck problemlos durch die Sicherheitskontrolle"
kommen. Aus Peking war zu lesen:
"Geheime Verhaftungen und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung."
Die tun was, die Chinesen, scheint Mark Siemons uns mitteilen zu wollen. Es ist nämlich so,
"dass man das Entstehen eines radikalen Islamismus unter den rebellischen Uighuren um jeden Preis verhindern will."
Merkwürdigerweise sind die dortigen Muslime "proamerikanisch orientiert" und passen insofern nicht recht ins Schema. Aber Uighuren wurden vor Jahren in Lagern von Al Qaida gesichtet, also wird schon etwas daran sein. Insofern sind wir wieder bei Wolfgang Schäuble und seinen Rundum-sicher-Gesetzen.
"Applaus kann jeder haben","
zitierte Frederik Hanssen am vergangenen Montag im Berliner TAGESSPIEGEL den Pianisten Vladimir Horowitz. Es war der Abschluss einer lesenswerten "kleinen Kulturgeschichte des Theaterapplauses", gerade noch rechtzeitig zur Festspielsaison ins Blatt gehoben. Das Zitat geht übrigens noch weiter:
""Die Stille vor und während des Spiels - das ist das Größte."
Horowitz war ein weiser Mann, und gewiss sind seine frühen Schellackplatten im Archiv des blinden Schellack-Klang-Restaurators Ward Marston aus einem Vorort von Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. Den stellte Jörg Häntzschel am vergangenen Dienstag in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vor. Die Befürchtung des Musikliebhabers:
"Am Ende beklatschen die Leute noch den letzten Mist. Sie sind ja nichts Besseres gewöhnt."
Damit sind wir einigermaßen elegant zu einem ganz anderen großen Thema der vergangenen Woche gelangt, nämlich der "Meistersinger"-Premiere in Bayreuth. Es war das dortige Regie-Debüt der Wagner-Urenkelin Katharina, die von ihrem greisen Vater als Nachfolgerin im Chef-Amt des Festivals favorisiert wird.
"Ich nehme Richard Wagner extrem ernst","
wurde sie am Sonnabend in einer dpa-Meldung in der Tageszeitung DIE WELT zitiert. Gregor Dolak war für das Wochenmagazin FOCUS auf dem grünen Hügel und hat den maßgeblichen Politikern vor allem Ablehnung abgelauscht. Nachzulesen am kommenden Montag. Im Berliner TAGESSPIEGEL zeigte sich Christine Lemke-Matwey nicht sonderlich überzeugt, die Kritikerin der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG war noch auf der Suche nach dem künstlerischen Profil der Bayreuth-Debütantin. Insofern war man sich weitgehend einig.
Einig waren sich ebenfalls alle, dass die Theaterwelt in dieser Woche zweier ihrer größten Protagonisten beraubt wurde: Am Sonntag starb der Schauspieler Ulrich Mühe im Alter von 54 Jahren, am Montag der 93-jährige Theatermann George Tabori.
""Es gab sehr wenige Menschen", schrieb dessen ungarischer Landsmann Péter Esterházy am Sonnabend in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "die nicht in ihn verliebt gewesen wären. Ich gehöre nicht zu diesen wenigen."
Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Aus wüstester Geschichte und erlösendem Theater ergab sich für George Tabori am Ende schönstes Leben."
Im Berliner TAGESSPIEGEL stand die dritte Seite für den Nachruf auf Tabori zur Verfügung, und das wiederholte sich anlässlich des Todes von Ulrich Mühe. Beiden ist die Nachrufseite des SPIEGELS am Montag gewidmet. Über Ulrich Mühe lesen wir dort:
"'Das Leben der Anderen' - niemand zuvor hat so genau das gespielt, was diese Diktatur anrichtete."
lesen wir im Wochenmagazin DER SPIEGEL vom kommenden Montag. In der Rubrik "Zeitgeist" des Kulturressorts macht uns Rebecca Casati mit dem Lebensgefühl der Jugend vertraut. Die stellt Intimstes ins Internet und lebt nach der Devise:
""Die Öffentlichkeit ist viel zu nützlich, um sie zu meiden."
Vor dem Hintergrund der Debatte um die Innere Sicherheit ist bemerkenswert, dass wir im SPIEGEL lesen können:
"Die Ängste vor dem totalitären Staat sind, besonders bei den Jüngeren, verblasst."
Wenn der Staat nämlich an jeder Straßenecke eine Kamera aufhängt, hat das ja auch seine Vorteile, meint Rebecca Casati im SPIEGEL:
"Die Bürger sind dankbar, wenn innerhalb weniger Stunden mutmaßliche Bombenleger per Videoüberwachung in U-Bahnhöfen aus dem Verkehr gezogen werden."
Weggeblasen, freut sich Casati, die blöden Bedenkenträger aus der 68er-Generation, die vor zwanzig Jahren schon den Überwachungsstaat beschrien, als die Volkszähler von Tür zu Tür gingen. Immerhin aber erfahren wir als Ergebnis eines Besuchs von Rebecca Casati beim Berliner Datenschutzbeauftragten:
"Amerikanische Personalchefs suchen bereits standardmäßig danach, welche Spuren Bewerber im Internet hinterlassen."
Erwähnt wird auch der Soziologe Wolfgang Sofsky, 55, dem allerdings "altbekannte Rhetorik" attestiert wird.
Dieser Wolfgang Sofsky war am vergangenen Sonntag Gesprächspartner von Julia Encke. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG ging es um die Frage: "Wie viel Sicherheit brauchen wir?" Ausgangspunkt - wie erwähnt - waren Innenminister Schäubles Testballons in Sachen Online-Überwachung. Wolfgang Sofsky meinte, die Bösewichter der Welt wären sicher ungemein beeindruckt von solchen Dingen und fügte hinzu:
"Sie werden wieder zu alten Formen der Nachrichtenübermittlung übergehen, Kuriere schicken, Termine absprechen, wie es die Tupamaros in Uruguay in den siebziger Jahren getan haben: Dazu braucht man kein Internet."
Solche Hinweise brauchen die jungen Leute heutzutage, scheint's. An weiteren Tagen der vergangenen Woche beschäftigten sich die Auslandskorrespondenten der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG in Frankreich und China mit Fragen des islamistischen Terrors beziehungsweise des muslimischen Radikalismus. Aus Nizza berichtete Jürg Altwegg, dass
"Zahnpasta und Duschgel im Handgepäck problemlos durch die Sicherheitskontrolle"
kommen. Aus Peking war zu lesen:
"Geheime Verhaftungen und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung."
Die tun was, die Chinesen, scheint Mark Siemons uns mitteilen zu wollen. Es ist nämlich so,
"dass man das Entstehen eines radikalen Islamismus unter den rebellischen Uighuren um jeden Preis verhindern will."
Merkwürdigerweise sind die dortigen Muslime "proamerikanisch orientiert" und passen insofern nicht recht ins Schema. Aber Uighuren wurden vor Jahren in Lagern von Al Qaida gesichtet, also wird schon etwas daran sein. Insofern sind wir wieder bei Wolfgang Schäuble und seinen Rundum-sicher-Gesetzen.
"Applaus kann jeder haben","
zitierte Frederik Hanssen am vergangenen Montag im Berliner TAGESSPIEGEL den Pianisten Vladimir Horowitz. Es war der Abschluss einer lesenswerten "kleinen Kulturgeschichte des Theaterapplauses", gerade noch rechtzeitig zur Festspielsaison ins Blatt gehoben. Das Zitat geht übrigens noch weiter:
""Die Stille vor und während des Spiels - das ist das Größte."
Horowitz war ein weiser Mann, und gewiss sind seine frühen Schellackplatten im Archiv des blinden Schellack-Klang-Restaurators Ward Marston aus einem Vorort von Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. Den stellte Jörg Häntzschel am vergangenen Dienstag in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vor. Die Befürchtung des Musikliebhabers:
"Am Ende beklatschen die Leute noch den letzten Mist. Sie sind ja nichts Besseres gewöhnt."
Damit sind wir einigermaßen elegant zu einem ganz anderen großen Thema der vergangenen Woche gelangt, nämlich der "Meistersinger"-Premiere in Bayreuth. Es war das dortige Regie-Debüt der Wagner-Urenkelin Katharina, die von ihrem greisen Vater als Nachfolgerin im Chef-Amt des Festivals favorisiert wird.
"Ich nehme Richard Wagner extrem ernst","
wurde sie am Sonnabend in einer dpa-Meldung in der Tageszeitung DIE WELT zitiert. Gregor Dolak war für das Wochenmagazin FOCUS auf dem grünen Hügel und hat den maßgeblichen Politikern vor allem Ablehnung abgelauscht. Nachzulesen am kommenden Montag. Im Berliner TAGESSPIEGEL zeigte sich Christine Lemke-Matwey nicht sonderlich überzeugt, die Kritikerin der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG war noch auf der Suche nach dem künstlerischen Profil der Bayreuth-Debütantin. Insofern war man sich weitgehend einig.
Einig waren sich ebenfalls alle, dass die Theaterwelt in dieser Woche zweier ihrer größten Protagonisten beraubt wurde: Am Sonntag starb der Schauspieler Ulrich Mühe im Alter von 54 Jahren, am Montag der 93-jährige Theatermann George Tabori.
""Es gab sehr wenige Menschen", schrieb dessen ungarischer Landsmann Péter Esterházy am Sonnabend in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "die nicht in ihn verliebt gewesen wären. Ich gehöre nicht zu diesen wenigen."
Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Aus wüstester Geschichte und erlösendem Theater ergab sich für George Tabori am Ende schönstes Leben."
Im Berliner TAGESSPIEGEL stand die dritte Seite für den Nachruf auf Tabori zur Verfügung, und das wiederholte sich anlässlich des Todes von Ulrich Mühe. Beiden ist die Nachrufseite des SPIEGELS am Montag gewidmet. Über Ulrich Mühe lesen wir dort:
"'Das Leben der Anderen' - niemand zuvor hat so genau das gespielt, was diese Diktatur anrichtete."