Von Jens Brüning
Die Ablehnung der Gnadengesuche von Christian Klar und Birgit Hogefeld durch Bundespräsident Köhler war in dieser Woche ein beherrschendes Thema in den Feuilletons der Tages- und Wochenzeitungen.
"Ich bin ein politisches Gefühl","
lesen wir in der kommenden Ausgabe des Wochenmagazins DER SPIEGEL. Bekennend äußert sich Theaterregisseur Claus Peymann, 69, zu seiner Enttäuschung über den versagten Gnadenerweis für Christian Klar. Man habe ihm, sagt Peymann, Sympathie für Mörder unterstellt.
""Die habe ich nicht"," sagt er, ""aber ich habe ein Empfinden für Menschlichkeit."
Begonnen hatte die Diskussion am Dienstag nach dem Bekanntwerden der Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler, den Anträgen Christian Klars und Birgit Hogefelds auf Begnadigung nicht stattzugeben. Gernot Facius kam in der Tageszeitung DIE WELT zu dem Fazit:
"Die Anwendung des Gnadenrechts könnte von vielen Angehörigen der Opfer als Zumutung empfunden werden."
Christian Geyer interpretierte die präsidiale Entscheidung in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vom Dienstag als Widerstand gegen versuchte öffentliche Nötigung. Einige Polit-Krawalleros hatten Köhlers Entscheidung ja unmittelbar mit seiner 2009 möglichen erneuten Kandidatur für das Amt in Verbindung gebracht. Christian Geyer urteilte in der FAZ:
"Die Unabhängigkeit des Präsidenten erweist sich genau darin, dass er in der Sache so entschieden hat, wie es seine Nötiger von ihm erwarteten. Und es nun jedem selbst überlässt, anzuerkennen, dass er nicht wegen, sondern trotz der Zudringlichkeiten so entschied, wie er entschied."
Am Donnerstag äußerte sich der Filmemacher Andres Veiel im Berliner TAGESSPIEGEL zum Komplex "Rote Armee Fraktion" und sprach insbesondere über Birgit Hogefeld, die seit 14 Jahren in der Vollzugsanstalt Frankfurt-Preungesheim mit einem auf "lebenslänglich" lautenden Urteil einsitzt und ebenfalls um Begnadigung einkam. Andres Veiel sagte dem TAGESSPIEGEL:
"Sie war eine der ersten in der RAF, die bereits kurz nach ihrer Festnahme begonnen hat, radikal mit dem eigenen Tun abzurechnen. Sie hat sehr früh ‚Ich' gesagt, während Christian Klar noch sehr lange am kollektiven 'Wir' festhielt."
Veiel fand für das Verharren auf einmal eingenommenen Standpunkten den Begriff "Deutscher Beton". Er sagte:
"Dass man sein Leben auch selbst gestalten kann, kommt in diesem betonierten Denken nicht vor."
Dem Filmemacher antwortete im TAGESSPIEGEL vom Sonnabend der Hamburger Politologe Wolfgang Kraushaar. Ihm ging es allerdings nicht um Versteinerungen, sondern um die sogenannte Sympathisantenszene der RAF in den siebziger Jahren. Es kommt in Kraushaars Beitrag ein erhellender Satz vor, über den man länger nachdenken sollte. Er stammt vom damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Günther Nollau:
"Sympathie hegen, Wohlgefallen, Zuneigung empfinden ist nicht strafbar."
Um Sympathie und Antipathie geht es im neuen osteuropäischen Denkmalstreit, der in der vergangenen Woche in verschiedenen Blättern thematisiert wurde. Der aus dem deutschsprachigen Rumänien stammende Schriftsteller Richard Wagner stellte in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG vom Donnerstag fest:
"Das Sowjetimperium begründete seine Macht durch eine Kombination von Symbolik und Gewalt."
In Russland habe nie eine Aufarbeitung der unrühmlichen Rolle bei der Beherrschung der osteuropäischen Völker nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden. Mit den nun allenthalben umgesetzten oder geschleiften Kriegerdenkmälern verhalte es sich so:
"Sie sollten den osteuropäischen Völkern vor Augen halten, dass die Besetzung einen legitimen Ursprung habe, nämlich die Niederwerfung des deutschen Nationalsozialismus."
Gottfried Knapp untersuchte in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom Freitag, "wie das politische Klima in Osteuropa den Blick auf die Skulpturen zu Ehren der Roten Armee verändert hat." Er beschrieb dabei das "Vorher" und das "Nachher" beispielhaft an dem bronzenen Soldaten in Tallin, der von seinem erhöhten Sockel vor einer hermetischen Wand in ein Blumenbeet verpflanzt wurde.
"Das Herunterholen vom Sockel"," lasen wir in der SZ, ""und die Freistellung im Grünen, also das demonstrative Herabsetzen der Figur, hat den russischen Soldaten nicht degradiert, sondern allenfalls entdämonisiert, ja ihn vermenschlicht."
Sehr menschlich zeigten sich in der vergangenen Woche zwei Politiker. Der eine wird demnächst gehen, der andere wurde gerade gewählt. Anthony Charles Lynton Blair kündigte am Donnerstag an, er werde Ende Juni Number Ten Downing Street besenrein übergeben. Gina Thomas schrieb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG am Freitag:
"In seiner Abschiedsrede sagte Blair, er habe den ‚Schutt der Vergangenheit' wegfegen wollen."
Das sei ihm nicht gelungen, weiß die FAZ-Autorin von britischen Schriftstellern, die dem neuen Mann nach Mistress Thatcher viel Kredit zu geben bereit gewesen waren. "Die Literatur der Blair-Jahre", schrieb Gina Thomas, "liest sich wie eine Chronik enttäuschter Hoffnungen." Der britische Bestsellerautor Robert Harris meinte:
"Ich möchte nicht sagen, dass wir es verpatzt haben, aber vielleicht haben wir den Erwartungen jener rosigen Morgendämmerung des 2. Mai 1997 nicht entsprochen."
Hohe Erwartungen stehen am Anfang der Amtszeit des neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG porträtiert Nils Minkmar den neuen Mann an der Spitze des Nachbarstaates. Es ist ein distanziertes Bild. Der frisch gewählte Präsident müsse ziemlich viel neu lernen. Und da er bisher stets am meisten von Frauen gelernt habe, sei es nur konsequent, dass er gleich nach seiner Amtseinführung einen Besuch bei Angela Merkel mache. Wir lesen in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG:
"Sie beherrscht, was er nicht kann."
lesen wir in der kommenden Ausgabe des Wochenmagazins DER SPIEGEL. Bekennend äußert sich Theaterregisseur Claus Peymann, 69, zu seiner Enttäuschung über den versagten Gnadenerweis für Christian Klar. Man habe ihm, sagt Peymann, Sympathie für Mörder unterstellt.
""Die habe ich nicht"," sagt er, ""aber ich habe ein Empfinden für Menschlichkeit."
Begonnen hatte die Diskussion am Dienstag nach dem Bekanntwerden der Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler, den Anträgen Christian Klars und Birgit Hogefelds auf Begnadigung nicht stattzugeben. Gernot Facius kam in der Tageszeitung DIE WELT zu dem Fazit:
"Die Anwendung des Gnadenrechts könnte von vielen Angehörigen der Opfer als Zumutung empfunden werden."
Christian Geyer interpretierte die präsidiale Entscheidung in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vom Dienstag als Widerstand gegen versuchte öffentliche Nötigung. Einige Polit-Krawalleros hatten Köhlers Entscheidung ja unmittelbar mit seiner 2009 möglichen erneuten Kandidatur für das Amt in Verbindung gebracht. Christian Geyer urteilte in der FAZ:
"Die Unabhängigkeit des Präsidenten erweist sich genau darin, dass er in der Sache so entschieden hat, wie es seine Nötiger von ihm erwarteten. Und es nun jedem selbst überlässt, anzuerkennen, dass er nicht wegen, sondern trotz der Zudringlichkeiten so entschied, wie er entschied."
Am Donnerstag äußerte sich der Filmemacher Andres Veiel im Berliner TAGESSPIEGEL zum Komplex "Rote Armee Fraktion" und sprach insbesondere über Birgit Hogefeld, die seit 14 Jahren in der Vollzugsanstalt Frankfurt-Preungesheim mit einem auf "lebenslänglich" lautenden Urteil einsitzt und ebenfalls um Begnadigung einkam. Andres Veiel sagte dem TAGESSPIEGEL:
"Sie war eine der ersten in der RAF, die bereits kurz nach ihrer Festnahme begonnen hat, radikal mit dem eigenen Tun abzurechnen. Sie hat sehr früh ‚Ich' gesagt, während Christian Klar noch sehr lange am kollektiven 'Wir' festhielt."
Veiel fand für das Verharren auf einmal eingenommenen Standpunkten den Begriff "Deutscher Beton". Er sagte:
"Dass man sein Leben auch selbst gestalten kann, kommt in diesem betonierten Denken nicht vor."
Dem Filmemacher antwortete im TAGESSPIEGEL vom Sonnabend der Hamburger Politologe Wolfgang Kraushaar. Ihm ging es allerdings nicht um Versteinerungen, sondern um die sogenannte Sympathisantenszene der RAF in den siebziger Jahren. Es kommt in Kraushaars Beitrag ein erhellender Satz vor, über den man länger nachdenken sollte. Er stammt vom damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Günther Nollau:
"Sympathie hegen, Wohlgefallen, Zuneigung empfinden ist nicht strafbar."
Um Sympathie und Antipathie geht es im neuen osteuropäischen Denkmalstreit, der in der vergangenen Woche in verschiedenen Blättern thematisiert wurde. Der aus dem deutschsprachigen Rumänien stammende Schriftsteller Richard Wagner stellte in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG vom Donnerstag fest:
"Das Sowjetimperium begründete seine Macht durch eine Kombination von Symbolik und Gewalt."
In Russland habe nie eine Aufarbeitung der unrühmlichen Rolle bei der Beherrschung der osteuropäischen Völker nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden. Mit den nun allenthalben umgesetzten oder geschleiften Kriegerdenkmälern verhalte es sich so:
"Sie sollten den osteuropäischen Völkern vor Augen halten, dass die Besetzung einen legitimen Ursprung habe, nämlich die Niederwerfung des deutschen Nationalsozialismus."
Gottfried Knapp untersuchte in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom Freitag, "wie das politische Klima in Osteuropa den Blick auf die Skulpturen zu Ehren der Roten Armee verändert hat." Er beschrieb dabei das "Vorher" und das "Nachher" beispielhaft an dem bronzenen Soldaten in Tallin, der von seinem erhöhten Sockel vor einer hermetischen Wand in ein Blumenbeet verpflanzt wurde.
"Das Herunterholen vom Sockel"," lasen wir in der SZ, ""und die Freistellung im Grünen, also das demonstrative Herabsetzen der Figur, hat den russischen Soldaten nicht degradiert, sondern allenfalls entdämonisiert, ja ihn vermenschlicht."
Sehr menschlich zeigten sich in der vergangenen Woche zwei Politiker. Der eine wird demnächst gehen, der andere wurde gerade gewählt. Anthony Charles Lynton Blair kündigte am Donnerstag an, er werde Ende Juni Number Ten Downing Street besenrein übergeben. Gina Thomas schrieb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG am Freitag:
"In seiner Abschiedsrede sagte Blair, er habe den ‚Schutt der Vergangenheit' wegfegen wollen."
Das sei ihm nicht gelungen, weiß die FAZ-Autorin von britischen Schriftstellern, die dem neuen Mann nach Mistress Thatcher viel Kredit zu geben bereit gewesen waren. "Die Literatur der Blair-Jahre", schrieb Gina Thomas, "liest sich wie eine Chronik enttäuschter Hoffnungen." Der britische Bestsellerautor Robert Harris meinte:
"Ich möchte nicht sagen, dass wir es verpatzt haben, aber vielleicht haben wir den Erwartungen jener rosigen Morgendämmerung des 2. Mai 1997 nicht entsprochen."
Hohe Erwartungen stehen am Anfang der Amtszeit des neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG porträtiert Nils Minkmar den neuen Mann an der Spitze des Nachbarstaates. Es ist ein distanziertes Bild. Der frisch gewählte Präsident müsse ziemlich viel neu lernen. Und da er bisher stets am meisten von Frauen gelernt habe, sei es nur konsequent, dass er gleich nach seiner Amtseinführung einen Besuch bei Angela Merkel mache. Wir lesen in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG:
"Sie beherrscht, was er nicht kann."