Von Jens Brüning
Die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" entdeckt den Zusammenhang von Literatur und Affenhirn, in der "Welt" ärgert sich ein Soziologe über Verbotsschilder gegen "böse Gelüste", und im Berliner "Tagesspiegel" verspricht ein amerikanischer Berliner, die "Zivilgesellschaft" nach Prag zu bringen.
"Schriftsteller und Köche geben sich größte Mühe bei der Arbeit", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Das ist bekannt, aber nur die Hälfte des Zitats. Katja Lange-Müller, Schriftstellerin, fuhr fort: "Und dann kommen irgendwelche Leute und putzen alles in fünf Minuten weg." Hubert Spiegel hat dieses kostbare Zitat auf dem derzeit in Köln stattfindenden Internationalen Literaturfest aufgeschnappt. Es gab dort nämlich ein "Kulinarisches Quartett", das dem Zusammenhang von Kopf und Bauch auf die Spur zu kommen gedachte. In dem FAZ-Artikel stehen die Wörter "Kuttelsuppe", "Affenhirn" und "Lobotomie", was im Kontext von Kulinarik den Kenner aufhorchen lässt, während der Freund des Ananas-Toasts Magenprobleme bekommt.
Um das Problem auf eine realistische Dimension herunter zu brechen, hilft der Blick in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Dort findet sich eine Meldung aus der großen weiten Welt. Wir lesen:
"Mehr als die Hälfte der Briten kauft Bücher nicht zum Lesen, sondern zur Dekoration ihrer Wohnung."
Nimmt man alles nur in allem, lassen sich gewisse Schlüsse ziehen, was den Zustand der Gegenwartsliteratur angeht.
Wir freuen uns nun aber zunächst, dass ein Amerikaner aus Berlin nach Prag umziehen wird. Wie wir dem Berliner TAGESSPIEGEL entnehmen, tauscht der langjährige Direktor des Aspen-Instituts, Jeffrey Gedmin, diesen komfortablen Stuhl mit dem des Präsidenten von "Radio Free Europe / Radio Liberty" in Prag. Gedmin freut sich auf diese Aufgabe, die er – Amerikaner, der er ist – als "echte Mission" ansieht. Im Interview mit Caroline Fetscher sagte er, die Aufgabe sei:
"…den Gedanken der Demokratie, Zivilgesellschaft, der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu verbreiten."
TAGESSPIEGEL-Reporterin Caroline Fetscher erinnerte ihren Gesprächspartner daran, dass "Radio Free Europe" einst wegen des Kalten Krieges als Sprachrohr Amerikas errichtet wurde. Das findet Jeffrey Gedmin überhaupt nicht ehrenrührig, denn er hat in dem Buch, das sein Vorgänger über den Sender schrieb, gelesen:
"…dass es eine große Herausforderung war, Journalisten einfach nur ihren Job machen zu lassen, sie einfach frei und ungehindert recherchieren zu lassen, so dass sie ihren Geschichten nachgehen können und dabei zugleich auf dem höchsten Niveau der Zuverlässigkeit bleiben."
Wir wollen hoffen, dass der neue Chef sich diesen Standards angleicht. Er sagt am Schluss des Interviews mit dem Berliner TAGESSPIEGEL, man erreiche Prag von Berlin aus in "gut drei Stunden". Wir wissen nicht, mit welcher Bahn Jeffrey Gedmin fährt. Die Auskunft der Deutschen Bahn AG nennt für die tagsüber fahrenden Züge viereinhalb, für die Nachtzüge zehn bis elf Stunden.
Jeffrey Gedmins Lob der Rechtsstaatlichkeit noch im Sinn, wenden wir uns einer Polemik des Göttinger Soziologen Wolfgang Sofsky in der Tageszeitung DIE WELT zu. Ihn ärgern die allüberall aufgestellten Verbotsschilder für "böse Gelüste" jeglicher Art. Wir lesen:
"Der totale Rechtsstaat will die Gesellschaft erziehen und steuern. Nicht das Gemeinwesen der Individuen, die Justiz soll über das Tun und Lassen der Menschen bestimmen."
Sofsky klagt über die grassierende Legalitis, mit der Rauchen, Trinken, Essen, schlechtes Benehmen und wer weiß, was noch alles, rechtsförmig verboten werden soll. Klug und listig ist dieser Satz:
"Eine kluge Politik zieht es vor, das Böse indirekt zu bekämpfen, indem sie das Gute fördert."
Für das Gute sind früher die Dichter zuständig gewesen. Wir sollen sie dafür loben und ehren. Möglicherweise kommt einer unserer ganz Großen, der am 22. März 1832 zu Weimar verstarb, zu kurz: In der TAGESZEITUNG, kurz TAZ, ist zu lesen:
"Es gibt eine Kranzniederlegung, paar Kerzen, irgendwas von Bach, danach Kaffee und Kuchen, das war's dann mit Goethe für dieses Jahr."
Um das Problem auf eine realistische Dimension herunter zu brechen, hilft der Blick in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Dort findet sich eine Meldung aus der großen weiten Welt. Wir lesen:
"Mehr als die Hälfte der Briten kauft Bücher nicht zum Lesen, sondern zur Dekoration ihrer Wohnung."
Nimmt man alles nur in allem, lassen sich gewisse Schlüsse ziehen, was den Zustand der Gegenwartsliteratur angeht.
Wir freuen uns nun aber zunächst, dass ein Amerikaner aus Berlin nach Prag umziehen wird. Wie wir dem Berliner TAGESSPIEGEL entnehmen, tauscht der langjährige Direktor des Aspen-Instituts, Jeffrey Gedmin, diesen komfortablen Stuhl mit dem des Präsidenten von "Radio Free Europe / Radio Liberty" in Prag. Gedmin freut sich auf diese Aufgabe, die er – Amerikaner, der er ist – als "echte Mission" ansieht. Im Interview mit Caroline Fetscher sagte er, die Aufgabe sei:
"…den Gedanken der Demokratie, Zivilgesellschaft, der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu verbreiten."
TAGESSPIEGEL-Reporterin Caroline Fetscher erinnerte ihren Gesprächspartner daran, dass "Radio Free Europe" einst wegen des Kalten Krieges als Sprachrohr Amerikas errichtet wurde. Das findet Jeffrey Gedmin überhaupt nicht ehrenrührig, denn er hat in dem Buch, das sein Vorgänger über den Sender schrieb, gelesen:
"…dass es eine große Herausforderung war, Journalisten einfach nur ihren Job machen zu lassen, sie einfach frei und ungehindert recherchieren zu lassen, so dass sie ihren Geschichten nachgehen können und dabei zugleich auf dem höchsten Niveau der Zuverlässigkeit bleiben."
Wir wollen hoffen, dass der neue Chef sich diesen Standards angleicht. Er sagt am Schluss des Interviews mit dem Berliner TAGESSPIEGEL, man erreiche Prag von Berlin aus in "gut drei Stunden". Wir wissen nicht, mit welcher Bahn Jeffrey Gedmin fährt. Die Auskunft der Deutschen Bahn AG nennt für die tagsüber fahrenden Züge viereinhalb, für die Nachtzüge zehn bis elf Stunden.
Jeffrey Gedmins Lob der Rechtsstaatlichkeit noch im Sinn, wenden wir uns einer Polemik des Göttinger Soziologen Wolfgang Sofsky in der Tageszeitung DIE WELT zu. Ihn ärgern die allüberall aufgestellten Verbotsschilder für "böse Gelüste" jeglicher Art. Wir lesen:
"Der totale Rechtsstaat will die Gesellschaft erziehen und steuern. Nicht das Gemeinwesen der Individuen, die Justiz soll über das Tun und Lassen der Menschen bestimmen."
Sofsky klagt über die grassierende Legalitis, mit der Rauchen, Trinken, Essen, schlechtes Benehmen und wer weiß, was noch alles, rechtsförmig verboten werden soll. Klug und listig ist dieser Satz:
"Eine kluge Politik zieht es vor, das Böse indirekt zu bekämpfen, indem sie das Gute fördert."
Für das Gute sind früher die Dichter zuständig gewesen. Wir sollen sie dafür loben und ehren. Möglicherweise kommt einer unserer ganz Großen, der am 22. März 1832 zu Weimar verstarb, zu kurz: In der TAGESZEITUNG, kurz TAZ, ist zu lesen:
"Es gibt eine Kranzniederlegung, paar Kerzen, irgendwas von Bach, danach Kaffee und Kuchen, das war's dann mit Goethe für dieses Jahr."