Von Jens Brüning
Die "Tageszeitung" ist hin- und hergerissen vom neuen Buch Peter Handkes, vor dem Hintergrund der Debatte um Begnadigung beziehungsweise vorzeitiger Entlassung der letzten beiden RAF-Angehörigen holt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen Roman von Heinrich Böll wieder hervor, und die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt über die wachsende Frustration und Politikverdrossenheit der Israelis.
"Auf den letzten Seiten aber steht der Kitsch knüppeldick","
lesen wir in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Dirk Knipphals hat sich im Eigenversuch, liegend auf dem heimischen Sofa, das neue Buch von Peter Handke zu Gemüte geführt. Knipphals fand darin auch allerhand Bemerkenswertes, allerdings auch viel Gestelztes und ein paar "erstaunliche sinnliche Wallungswerte", was ein schöner Ausdruck ist, jedenfalls schöner als mancher, den der TAZ-Autor dem Buchtext entlehnt. "Interessantes Hin und Her", ist die Essenz der Sofa-Lektüre.
Vom Sofa riss das Publikum vor 33 Jahren ein Roman des Nobelpreisträgers Heinrich Böll. Er trug den Titel "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" und wird von Jochen Hieber in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vor dem Hintergrund der Diskussion um Begnadigung beziehungsweise vorzeitiger Entlassung der letzten beiden Angehörigen der "Rote Armee Fraktion" der siebziger Jahre wieder hervorgeholt.
Hieber verwechselt allerdings den Roman mit dem wirklichen Leben. Er berichtet nämlich davon, was Zeitgenossen damals in diesen Roman hineinlasen, nämlich eine Art Freibrief für den Terrorismus der RAF, und davon, wie Heinrich Böll vorher wegen eines sehr polemischen Artikels im SPIEGEL von der im Kern getroffenen Springer-Presse im Verein mit der FAZ und anderen konservativen Blättern öffentlich an den Pranger gestellt wurde.
Hieber entdeckt in Heinrich Bölls ziemlich verzweifelten Versuchen, sich aus dem Dreck der ihn hetzenden Meute zu befreien, eine Strategie. "Sympathielenkung" nennt der FAZ-Autor das. Und die Sympathie Bölls findet er bei den Terroristen, nicht beim Staat, den Massenmedien und der Gesellschaft. Böll kann sich nicht mehr wehren. Er starb 1985. Der Aufsatz im SPIEGEL, der Anlass der Hatz auf den Dichter war, ist nach wie vor lesenswert. Er erschien am 10. Januar 1972 unter dem Titel "Will Ulrike Meinhof Gnade oder freies Geleit?"
Um Sympathie und deren Verlust geht es in einem Artikel von Naomi Bubis in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Naomi Bubis arbeitet als freie Journalistin in Tel Aviv, und sie schreibt über die wachsende Frustration und Politikverdrossenheit der israelischen Bevölkerung:
""Neun von zehn Israelis sind mit ihren Politikern unzufrieden."
Das liegt vor allem daran, weil so viele der in Parlament und Regierung tätigen Menschen angeklagt, beschuldigt oder verdächtigt sind, bis hinauf ins Amt des Staatspräsidenten und bis hinein ins Vorzimmer des Ministerpräsidenten. Die Chefs der Steuerbehörde gehören ebenso dazu wie zwanzig – in Worten: zwanzig – Abgeordnete des Parlaments. Als Zeugen ruft Naomi Bubis den 26-jährigen Studenten der Filmwissenschaft Roy Cohen auf. Wir lesen in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
"Seine Generation, klagt er, sei doch die Zukunft des Landes. Doch keiner kümmere sich um ihre Belange."
Zudem nimmt die Kriminalität in Israel zu:
"Misshandlungen von Frauen, Bandenkriege, tödliche Messerstechereien zwischen Jugendlichen in Einkaufszentren und Diskotheken."
Eine ganz andere Art von Kriminalität wird im fernen China verfolgt: In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet Henrik Bork davon, wie Romane und andere Literatur verboten und unterdrückt wird. Dabei steht in der chinesischen Verfassung, "dass Chinas Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung und Veröffentlichung haben."
Peter von Matt übrigens wird im Wochenmagazin DER SPIEGEL zu dem spannenden Thema befragt: Was ist interessant daran, dass immer alles wiederholt wird, sei es im Kino, sei es im Fernsehen? Er ist der festen Überzeugung: "Das ganz Neue ist nicht interessant." Es ist eine theoretische Ableitung wert, dieses Paradoxon zu verstehen, aber letztlich läuft alles darauf hinaus: "Man kann einen Rembrandt nicht verbessern."
lesen wir in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Dirk Knipphals hat sich im Eigenversuch, liegend auf dem heimischen Sofa, das neue Buch von Peter Handke zu Gemüte geführt. Knipphals fand darin auch allerhand Bemerkenswertes, allerdings auch viel Gestelztes und ein paar "erstaunliche sinnliche Wallungswerte", was ein schöner Ausdruck ist, jedenfalls schöner als mancher, den der TAZ-Autor dem Buchtext entlehnt. "Interessantes Hin und Her", ist die Essenz der Sofa-Lektüre.
Vom Sofa riss das Publikum vor 33 Jahren ein Roman des Nobelpreisträgers Heinrich Böll. Er trug den Titel "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" und wird von Jochen Hieber in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vor dem Hintergrund der Diskussion um Begnadigung beziehungsweise vorzeitiger Entlassung der letzten beiden Angehörigen der "Rote Armee Fraktion" der siebziger Jahre wieder hervorgeholt.
Hieber verwechselt allerdings den Roman mit dem wirklichen Leben. Er berichtet nämlich davon, was Zeitgenossen damals in diesen Roman hineinlasen, nämlich eine Art Freibrief für den Terrorismus der RAF, und davon, wie Heinrich Böll vorher wegen eines sehr polemischen Artikels im SPIEGEL von der im Kern getroffenen Springer-Presse im Verein mit der FAZ und anderen konservativen Blättern öffentlich an den Pranger gestellt wurde.
Hieber entdeckt in Heinrich Bölls ziemlich verzweifelten Versuchen, sich aus dem Dreck der ihn hetzenden Meute zu befreien, eine Strategie. "Sympathielenkung" nennt der FAZ-Autor das. Und die Sympathie Bölls findet er bei den Terroristen, nicht beim Staat, den Massenmedien und der Gesellschaft. Böll kann sich nicht mehr wehren. Er starb 1985. Der Aufsatz im SPIEGEL, der Anlass der Hatz auf den Dichter war, ist nach wie vor lesenswert. Er erschien am 10. Januar 1972 unter dem Titel "Will Ulrike Meinhof Gnade oder freies Geleit?"
Um Sympathie und deren Verlust geht es in einem Artikel von Naomi Bubis in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Naomi Bubis arbeitet als freie Journalistin in Tel Aviv, und sie schreibt über die wachsende Frustration und Politikverdrossenheit der israelischen Bevölkerung:
""Neun von zehn Israelis sind mit ihren Politikern unzufrieden."
Das liegt vor allem daran, weil so viele der in Parlament und Regierung tätigen Menschen angeklagt, beschuldigt oder verdächtigt sind, bis hinauf ins Amt des Staatspräsidenten und bis hinein ins Vorzimmer des Ministerpräsidenten. Die Chefs der Steuerbehörde gehören ebenso dazu wie zwanzig – in Worten: zwanzig – Abgeordnete des Parlaments. Als Zeugen ruft Naomi Bubis den 26-jährigen Studenten der Filmwissenschaft Roy Cohen auf. Wir lesen in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
"Seine Generation, klagt er, sei doch die Zukunft des Landes. Doch keiner kümmere sich um ihre Belange."
Zudem nimmt die Kriminalität in Israel zu:
"Misshandlungen von Frauen, Bandenkriege, tödliche Messerstechereien zwischen Jugendlichen in Einkaufszentren und Diskotheken."
Eine ganz andere Art von Kriminalität wird im fernen China verfolgt: In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet Henrik Bork davon, wie Romane und andere Literatur verboten und unterdrückt wird. Dabei steht in der chinesischen Verfassung, "dass Chinas Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung und Veröffentlichung haben."
Peter von Matt übrigens wird im Wochenmagazin DER SPIEGEL zu dem spannenden Thema befragt: Was ist interessant daran, dass immer alles wiederholt wird, sei es im Kino, sei es im Fernsehen? Er ist der festen Überzeugung: "Das ganz Neue ist nicht interessant." Es ist eine theoretische Ableitung wert, dieses Paradoxon zu verstehen, aber letztlich läuft alles darauf hinaus: "Man kann einen Rembrandt nicht verbessern."