von Jens Brüning
Der Spiegel resümiert in einem neunseitigen Artikel Erfahrungen mit der Rechtschreibreform. Unter anderen lässt sich die brandenburgische Kultusministerin Johanna Wanka mit dem bemerkenswerten Satz zitieren: „Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war.“
Das Wochenmagazin DER SPIEGEL hat bekanntlich die berühmte Rechtschreibreform nicht bis zur Neige ausgekostet, sondern ist auf halber Strecke von der Fahne gegangen. Nun resümiert ein neunseitiger Artikel im Silvesterheft, was schlussendlich beim Trennen von Zusammengehörendem und dem Aneinanderreihen von Zischlauten in Wörtern wie Missstand herauskam. „Wir haben den Überblick verloren“ und „Das grenzt an Zynismus“ ist die knappste Zusammenfassung dieser Geschichte über einen großen Wurf der deutschsprachigen Kulturpolitiker. Gegen Ende des Artikels wird die brandenburgische Kultusministerin Johanna Wanka zitiert. Die SPIEGEL-Rechercheure Jan Fleischhauer und Christoph Schmitz trafen sie im für solche Treffen einzig möglichen Berliner Restaurant „Borchardt“. Frau Wanka war offenbar mit dem Menu nicht glücklich, denn wir lesen, dass sie in ihrem Essen stocherte. Immerhin konnte ihr das SPIEGEL-kompatible Zitat entlockt werden: „Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war.“
Wenn wir schon beim Aussprechen von Wahrheiten sind: „Die alte Bundesrepublik – mitunter Westdeutschland genannt – existiert wirklich nicht mehr!“ So lautet der zentrale Satz in Rita Kuczynskis Artikel in der BERLINER ZEITUNG. Er ist unter dem programmatischen Titel „Die Avantgarde des Pragmatismus“ zu finden. Die Autorin beschäftigt sich vor allem mit den Personen im Umkreis des Kabinetts Merkel, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen in der DDR nicht mehr von einer besseren Welt träumen, sondern machen, was man machen muss. „Sie haben in Selbst-Erfahrung gelernt, dass es nicht weiter gehen kann und dann eben doch weitergeht“, lesen wir in der BERLINER ZEITUNG über die Herren Platzeck und Tiefensee und deren Kollegin Merkel.
Da der Jahreswechsel naht, können solchen Rückblicken nur Zukunftsvisionen gegenübergestellt werden. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hat gleich drei Mitarbeiter gebeten, sich über das Jahr 2006 Gedanken zu machen. Sehr ausgewogen argumentieren sie: „Alles wird besser“, „Alles wird schlechter“ und „Alles bleibt gleich“. Das Bild vom perspektivisch jeweils anders gefüllten Glas darf nicht fehlen. Hier wird es gleich dreimal gezeigt. Von den dazu passenden Texten ist zu lernen, „dass auch Tölpel und Trantüten es trotz allerlei Handicaps zu etwas bringen können“, dass also alles besser wird; wir lernen, „dass jeder Zweifel als Dolchstoß in den Rücken des Aufschwungs gegeißelt wird“, dass also alles schlechter wird; und schließlich müssen wir erkennen, dass sich im Jahr 2006 das Weltall in aller Stille um ein paar tausend Lichtjahre ausdehnen wird, dass also alles gleich bleibt. In diese Rubrik gehört auch der im selben Zusammenhang zitierte Satz des Dichter-Philosophen Wilhelm Busch: „Wer sagt, die ganze Welt sei schlecht, der hat wohl nur so ziemlich recht.“
Einen langen, gelehrten Artikel widmet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zudem einem englischsprachigen deutschen Silvesterritual: „Dinner for one“, der 1963 aufgezeichnete Sketch vom Geburtstagsfest einer uralten Lady, die von einem zunehmend trunkenen Butler bedient wird, erreicht heuer seine 300. Ausstrahlung. Roman Urbaner hat festgestellt, dass uns der Einakter „die hartnäckige Präsenz einer Geschichte vor Augen führt, die einfach nicht vergehen will.“ Ein – wie es im Titel heißt – „deutsches Trauma“.
Auch eine Art Bilanz: Im Berliner TAGESSPIEGEL lesen wir: „In diesem Jahr wurde weltweit Kunst im Wert von mehr als acht Milliarden Dollar gestohlen.“ Ob das ein Rekord ist, erfahren wir leider nicht.
Im Zusammenhang mit dem betrügerischen koreanischen Klon-Fälscher zitiert Uwe Justus Wenzel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG den im noch laufenden Jahr hoch geehrten Albert Einstein: „Die Wissenschaft ist eine wunderbare Sache, wenn man nicht seinen Lebensunterhalt damit verdienen muss.“
Wenn wir schon beim Aussprechen von Wahrheiten sind: „Die alte Bundesrepublik – mitunter Westdeutschland genannt – existiert wirklich nicht mehr!“ So lautet der zentrale Satz in Rita Kuczynskis Artikel in der BERLINER ZEITUNG. Er ist unter dem programmatischen Titel „Die Avantgarde des Pragmatismus“ zu finden. Die Autorin beschäftigt sich vor allem mit den Personen im Umkreis des Kabinetts Merkel, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen in der DDR nicht mehr von einer besseren Welt träumen, sondern machen, was man machen muss. „Sie haben in Selbst-Erfahrung gelernt, dass es nicht weiter gehen kann und dann eben doch weitergeht“, lesen wir in der BERLINER ZEITUNG über die Herren Platzeck und Tiefensee und deren Kollegin Merkel.
Da der Jahreswechsel naht, können solchen Rückblicken nur Zukunftsvisionen gegenübergestellt werden. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hat gleich drei Mitarbeiter gebeten, sich über das Jahr 2006 Gedanken zu machen. Sehr ausgewogen argumentieren sie: „Alles wird besser“, „Alles wird schlechter“ und „Alles bleibt gleich“. Das Bild vom perspektivisch jeweils anders gefüllten Glas darf nicht fehlen. Hier wird es gleich dreimal gezeigt. Von den dazu passenden Texten ist zu lernen, „dass auch Tölpel und Trantüten es trotz allerlei Handicaps zu etwas bringen können“, dass also alles besser wird; wir lernen, „dass jeder Zweifel als Dolchstoß in den Rücken des Aufschwungs gegeißelt wird“, dass also alles schlechter wird; und schließlich müssen wir erkennen, dass sich im Jahr 2006 das Weltall in aller Stille um ein paar tausend Lichtjahre ausdehnen wird, dass also alles gleich bleibt. In diese Rubrik gehört auch der im selben Zusammenhang zitierte Satz des Dichter-Philosophen Wilhelm Busch: „Wer sagt, die ganze Welt sei schlecht, der hat wohl nur so ziemlich recht.“
Einen langen, gelehrten Artikel widmet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zudem einem englischsprachigen deutschen Silvesterritual: „Dinner for one“, der 1963 aufgezeichnete Sketch vom Geburtstagsfest einer uralten Lady, die von einem zunehmend trunkenen Butler bedient wird, erreicht heuer seine 300. Ausstrahlung. Roman Urbaner hat festgestellt, dass uns der Einakter „die hartnäckige Präsenz einer Geschichte vor Augen führt, die einfach nicht vergehen will.“ Ein – wie es im Titel heißt – „deutsches Trauma“.
Auch eine Art Bilanz: Im Berliner TAGESSPIEGEL lesen wir: „In diesem Jahr wurde weltweit Kunst im Wert von mehr als acht Milliarden Dollar gestohlen.“ Ob das ein Rekord ist, erfahren wir leider nicht.
Im Zusammenhang mit dem betrügerischen koreanischen Klon-Fälscher zitiert Uwe Justus Wenzel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG den im noch laufenden Jahr hoch geehrten Albert Einstein: „Die Wissenschaft ist eine wunderbare Sache, wenn man nicht seinen Lebensunterhalt damit verdienen muss.“