Von Jens Brüning

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erteilt eine Lektion in eiszeitlicher Sexualkunde und berichtet von den deutschen Luftgitarrenmeisterschaften. Der "Tagesspiegel" hingegen erklärt uns, warum die Seifenoper "Verbotene Liebe" so erfolgreich ist. Und "Die Welt" hält Rückschau auf die Große Koalition von 1966 bis 1969.
Lesen bildet ungemein. Heute entnehmen wir der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG eine Unterrichtseinheit im Fach Sexualkunde. Ulf von Rauchhaupt analysiert einen eiszeitlichen Fund aus den Höhlen der Schwäbischen Alb, dessen Format als "recht naturgetreu" bezeichnet wird:

"19,2 Zentimeter Länge, 3,6 Zentimeter Breite und 2,8 Zentimeter Dicke."

Man nimmt an, dass dieses als Sexualsymbol identifizierte Artefakt auch als Werkzeug bei der Bearbeitung von Leder diente. Der FAZ-Autor knüpft an seine Betrachtung des Gegenstands und seiner Beschaffenheit außerdem Überlegungen über den Stand des Wissens über den "Zusammenhang zwischen Zeugung und Schwangerschaft" und zum "Sexualleben in der jüngeren Altsteinzeit." Es heißt, dass in Klimazonen, in denen leichte Bekleidung beziehungsweise Nacktheit empfehlenswert ist, strenge sexuelle Tabus herrschten, während es sich unter Fellbekleidungen ungenierter leben ließ. Ulf von Rauchhaupt schlussfolgert:

"Insofern passt ein Phallus ganz gut in die Eiszeit."

Heiß ging es zu bei den deutschen Luftgitarrenmeisterschaften in Berlin. Klaus Ungerer war für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG im gut besuchten Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei zugegen. Sein Erlebnisbericht ist etwas umständlich verfasst, zum Beispiel solchermaßen:

"Verwaschene Handbewegungen im Lendenbereich bleiben als traurige Schwundstufe dessen, wofür einmal das Studium eines geschichtsschweren Instruments vonnöten war."

Der Kollege von der Tageszeitung DIE WELT beschreibt das wesentlich zupackender. "Luftgitarre spielen ist so eine Art Pantomimen-Karaoke", weiß Matthias Heine. Und er enthält sich auch jeglicher ästhetischer Wertung bei der Bekanntgabe der erstplatzierten Person:

"In Berlin siegte eine Studentin aus Eberswalde mit dem Künstlernamen Leni Kravitzkovski."

Ein weiterer Sieger wird uns vom Berliner TAGESSPIEGEL vorgestellt: Die ARD-Seifenoper "Verbotene Liebe", welche Anfang Mai die "Goldene Rose von Luzern" einheimste als weltweit beste Soap des Jahres 2005. Markus Ehrenberg knüpft an diese Erinnerung aus Anlass der 2500. Folge von "Verbotene Liebe" eine fünfteilige Lektion in Sachen "Vorurteile über Schund". Zu lernen ist, dass immer mehr Männer zuschauen, dass auch realistische Themen behandelt werden, dass man sich produktionstechnisch mehr Mühe gibt als früher, dass die Zuschauer äußerst aktiv sind beim Glotzen und dass sie ausgesprochen glücklicher sind als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Nach soviel Aufklärung kehren wir zurück zu Angela Merkels Vorschlag, wieder mehr gemeinsam zu singen. Christiane Peitz nimmt im Berliner TAGESSPIEGEL den Vorschlag der Kanzlerkandidatin aus der Montags-FAZ auf und stellt ihn in den politischen Raum, um schließlich beim Bundeskulturministerium zu landen, das föderalismustechnisch unschädlich sei. Alles läuft auf diese Weisheit hinaus:

"Es kommt darauf an, welche Lieder wir singen wollen. Und nicht nur, wie viele Strophen unsereins auswendig kann."

Eckhard Fuhr widmet in der Tageszeitung DIE WELT einen ausführlichen Artikel der Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD in den Jahren 1966 bis 1969. Sie sei besser gewesen als ihr Ruf, lernen wir, und Fuhr prophezeit:

"Wir würden auch jetzt nicht zu Konsens-Junkies werden oder Extremisten nachlaufen, wenn abermals eine große Koalition das täte, was getan werden muss."