Von Jens Brüning

Während die "Taz" ihren Lesern angesichts des Winterwetters einen erhöhten Kalorienbedarf attestiert, wird der "FAZ" bei den ganzen Weihnachtssüßigkeiten ganz schlecht. Die "Süddeutsche Zeitung" rechnet streng mit der Geißlerschen Schlichtungs-Show in Stuttgart ab.
"Wetter ist etwas Unschuldiges", lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Hans-Jürgen Linke glossiert 72 Zeilen lang etwas, worüber man als Journalist an sich nicht schreibt. Man könnte sich ja dem Verdacht aussetzen, man sei zum Recherchieren zu faul. Denn über das Wetter zu schreiben, setzt ja nur einen Blick aus dem Fenster voraus. "Draußen", dekretiert Linke in der FR, "ist nun mal die Welt, an der der Journalist sich abzuarbeiten hat". Dabei wissen viele, dass Journalisten auch bloß im Internet surfen und dann aufschreiben, was sie da gesammelt haben. Immerhin bekommen wir ein treffliches Argument geliefert, dass alles spannender ist als das Wetter:

"Das anhaltende öffentliche Interesse am Fall Kachelmann ist nicht deckungsgleich mit einem öffentlichen Interesse am dem Schnee, den er früher immer angesagt hat."

"Oh Schnee, oh Eis, oh Kälte: Ihr seid Entschleunigung – kurzum: die reinste Poesie." Dichtet Barbara Dribbusch in der TAGESZEITUNG, kurz TAZ. Es handelt sich um einen vielschichtigen Text, der nichts auslässt, was einem nach der ersten Schneeflocke in den Sinn kommen kann:

""Wir müssen am Morgen unsere Wanderschuhe mit Profilsohle anziehen, damit wir nicht ausrutschen und mit den warmen Tretern den ganzen Tag im überheizten Büro schwitzen."

Heißt es an einer Stelle. In Sachen Kinderbelehrung erfahren wir: "Solange die Hundekacke zugeschneit ist, könnt Ihr über die Wiese stapfen." Und allen Diätweltmeistern zum Trotz schreibt Dribbusch in der TAZ:

"Bei dem Wetter brauchst du mehr Kalorien. Schokoladenlebkuchen mit Ingwer sind gesund."

Wir danken für diese nützlichen Hinweise, auf die wir später noch einmal zurückkommen.

Inzwischen haben sich die ersten Wogen der Begeisterung über die Geißlersche Schlichtungs-Show in Stuttgart gelegt. Andreas Zielcke unterzieht die Gesprächsrunde in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG einer strengen Abrechnung.

"So darf es sich nicht abspielen, wenn Demokratie nicht noch mehr Substanz verlieren soll","

lesen wir dort. Das ganze Verfahren sei von Beginn an unter falscher Flagge gefahren. "Offenheit", schreibt Zielcke, "hätte vorausgesetzt, dass Bahn- und Staatsvertreter ihre S-21-Rechtstitel zur Disposition stellen." Hinzu kommt für den SZ-Autor eine völlig hilf- und planlose Kommune.

""Da erhält die Stadt die in Europa einmalige Chance, in ihrer Mitte ein völlig neues Konzept urbanen Wohnens und Lebens zu realisieren, ohne wie zur Zeit Haussmanns in Paris ganze Viertel schleifen zu müssen, und was macht sie 15 Jahre lang? Sie schläft oder starrt auf Grundstücksverwertung."

Alles schief gelaufen, ist das Fazit. Und:

"Geißler bewies viel Chuzpe und wenig Mumm."

"Es wird einem schlecht", lesen wir nun in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Und sind damit wieder bei den kalorienreichen Adventstagen angekommen. Jürgen Dollase meditiert über den "Nikolausteller", jenes Folterinstrument, das verführerische Düfte und optische Reize ausstrahlt. Dollase fragt:

"Muss man nicht diejenigen aus vollem Herzen bewundern, die ein Marzipanbrot anfangen können, ohne es im Verlauf des Tages 'aufzuräumen'?"

Man kann ihm da nur aus vollem Lebkuchenherzen zustimmen, gehört man doch selbst nicht zu der Fraktion derer, die seiner Bewunderung teilhaftig werden:

"Was macht man, wenn man nicht zu den schlankheitsbewussten Damen gehört, die tatsächlich mit einem halben Dominostein zufrieden sind?"

Ja, was macht man? In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG quält uns der Autor mit der Schilderung der Auflage eines "Nikolaustellers". Und dann geht’s los:

"Wenn’s nach der Marzipankugel zu süß ist, folgt ein Gewürzspekulatius, dann etwas Mandarine, ein Schokoplättchen, ein Dominostein, dann etwas 'Gemüse' und so weiter."