Von Jens Brüning

Der Begriff Katastrophe, der 85. Geburtstag von "Sprachpapst" Wolf Schneider und die wichtigsten Staatsbankrotte seit Olims Zeiten sind aktuelle Themen in den Feuilletons.
"Weitergehen kann das so nicht", lesen wir in der "SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG". Michael Stallknecht kommentiert einen Aufsatz, der sich dem Begriff "Katastrophe" widmet. Der Artikel erschien im "Archiv für Begriffsgeschichte", dem wir ein langes Leben wünschen. Es handelt sich dabei um eine jährlich erscheinende Zeitschrift für Philosophie, die in diesem Jahr ihren 55. Geburtstag feiert. Aber zurück zur "Katastrophe". Wir lesen: "Bis um 1800 herum erlebte die Menschheit keine Katastrophen." Und: "Katastrophen waren noch für Schiller ein reines Schreibtischproblem."

Wie das mit Begriffen so ist: Machen sie sich selbstständig, werden sie zu reißenden Bestien. Im 20. Jahrhundert nämlich war die Katastrophe allgegenwärtig, kam aber – wie wir in der "SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG" lesen – "ohne ihre Schwester, die Apokalypse".

Das Wort "Katastrophe" ist dem Griechischen entlehnt und bedeutet soviel wie: "Wendung zum Niedergang". Zum Glück haben wie die Soziologie. Sie hat mittlerweile den Begriff "Anastrophe" geprägt, die "Wendung zum Besseren", "hinauf eben", wie Stallknecht in der "SZ" schreibt, "statt immer nur hinab".

Für das "Hinab" ist Wolf Schneider ein beredter Zeuge. Er antwortet als "Sprachpapst" anlässlich seines 85. Geburtstages im Berliner "TAGESSPIEGEL" auf Fragen von Dorothee Nolte. Da Schneider 16 Jahre lang in Hamburg junge Journalisten ausgebildet hat, weiß er gegenwärtige Erscheinungen zu kommentieren:

"Ich habe Mitleid mit denen, die sich mitteilen wollen und so gar keine Ahnung haben, wie man das macht."

Er meint damit natürlich jene Menschen, die sich in Blogs und über Twitter ihres Innersten entäußern. Auch hier eine Wendung zum Guten:

"Der einzige Vorteil von Twitter: Man kann nicht so viel Geschwätz verbreiten wie per Blog."

Aber allgemein herrscht Katastrophenstimmung. Schneider klagt im Berliner "TAGESSPIEGEL":

"In der Journalistenausbildung geht es bergab mit Grammatik, Rechtschreibung, Interpunktion, Allgemeinbildung."

Wer aber positiv denkt, findet das Gute noch im Niedrigsten. Wolf Schneider, der am Freitag seinen 85. Geburtstag feiern kann, hielt in der Hamburger Journalistenschule einen Abendvortrag. Er erinnert sich:

"Und einer der Schüler lobte hinterher die 'geile Rhetorik von Herrn Schneider'. Seitdem habe ich zum Wort 'geil' ein herzliches Verhältnis."

"Staatsbankrotte gibt es schon seit zwei Jahrtausenden", lesen wir nun in der "NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG". Der Historiker Tobias Straumann erinnert an die wichtigsten Ereignisse dieser Kategorie seit Olims Zeiten:

"Mit Staatsbankrotten muss jederzeit gerechnet werden. Sie sind nicht wie die Pest, die dank wissenschaftlichem und technischem Fortschritt zum Verschwinden gebracht werden konnte, sondern Resultat menschlichen Versagens, und dagegen ist noch kein Kraut gewachsen."

Das liest sich richtig cool, und wenn wir Straumann Glauben schenken wollen, ist sowieso alles eine Frage der Zeit. Der spanische König hatte sich mit seiner Armada und den damit einhergehenden Seekriegen an den Rand des Bankrotts gewirtschaftet. Auch sein französischer Kollege Ludwig XIV. war "ein ebenso berüchtigter Bankrotteur", lesen wir in der "NZZ": "Er erhielt immer wieder Geld, vornehmlich von den protestantischen Genfer Banken."

Wir haben Griechenland bisher nur als Entstehungsstätte des Wortes "Katastrophe" genannt, aber es ist ja auf den vorderen Seiten der Gazetten nur noch von Griechenland zu lesen. In der "FRANKFURTER RUNDSCHAU", und da im Feuilleton, erinnert Reinhart Wustlich an den Film "Alexis Sorbas", der ja in jenem sonnendurchfluteten Land spielt, das uns nun so viele Sorgen macht. Am Ende ruft Sorbas alias Anthony Quinn: "Hast Du jemals etwas so schön zusammenkrachen sehen, Chef?"