Von Jens Brüning
"Wenn Beethoven anruft, spiele ich.", sagt der junge russische Pianist Arcadi Volodos in der "Frankfurter Rundschau". "Müsste der Papst nicht zurücktreten", Fragt die "Berliner Zeitung". Die "FAZ" macht eine Betriebsbesichtigung in den politischen Fernsehredaktionen Deutschlands.
"Für manche Menschen", lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU, "die heute im Flugzeug reisen, sind Schubert-Sonaten schlichtweg zu lang." Jürgen Otten hat den jungen russischen Pianisten Arcadi Volodos über "vielerei Wahrheiten" befragt, und herausgekommen ist ein hübsches Lesestück über Musik und Geschäft. Das Fazit dieses Gesprächs ist interessant, vor allem, wenn man bedenkt, dass neben Musikern und Zuhörern immer auch Impresarios und andere Beutelschneider am Ganzen beteiligt sind: Arcadi Volodos auf die Frage, ob er die Hammerklaviersonate von Ludwig van Beethoven im Konzert spielen werde:
"Wenn Beethoven anruft, spiele ich."
Solchermaßen vorbereitet, wenden wir uns der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zu. Hier lesen wir:
"Die politische Meldungskette des Tages beginnt bei Werner Sonne."
Marcus Jauer machte eine Betriebsbesichtigung in den politischen Fernsehredaktionen Deutschlands und startete logischerweise beim Morgenmagazin der öffentlich-rechtlichen Anstalten. So sieht es da aus:
"Ein grauer Morgen, die Spree, der Bundestag und der Tresen, hinter dem Werner Sonne mit einem Politiker steht. Das ist die Einstellung, die der Zuschauer kennt, wenn ihm morgens etwas von der Politik aus Berlin erzählt wird. Abgesehen von dem Podest vielleicht, das heute dazu dient, Andrea Nahles etwas größer zu machen."
Bemerkenswert ist allerdings, was bei diesen und ähnlichen Riten im Allgemeinen herauskommt. Marcus Jauer schreibt in der FAZ:
"Offenbar haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass keiner fragt, ob etwas berichtet wird, weil es geschieht, oder nur etwas geschieht, weil es berichtet wird."
Wir können diesen Satz als Erstes kommunikationspolitisches Paradoxon in die Lehrbücher aufnehmen. Dabei ist es gehupft wie gesprungen, in welchem publizistischen System wir uns gerade befinden: "Die Privaten haben kein Geld", schreibt Jauer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "die Öffentlich-rechtlichen keine Freiheit. So war der duale Rundfunk eigentlich nicht gedacht." Wir notieren dies als Zweites kommunikationspolitisches Paradoxon, und weil wir schon so Lehrbuchhaft am Werke sind, fügen wir gleich das dritte hinzu:
"Statement wird von Statement beantwortet. Es gibt nur keinen mehr, der fragt."
Wenn es so um das politische Fernsehhandwerk bestellt ist, dann wundert uns nicht, wie der Tag, der mit dem Sonne begann, endet:
"Der Präsident der Handwerkskammer ist im Internet zum Chat und versucht seine Arbeitsplätze loszuwerden."
Insofern wäre nur noch anzumerken, dass Marcus Jauer in seinem zutiefst deprimierenden Zustandsbericht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG schon recht früh notierte:
"Es wird immer neue Themen geben."
Thema war zum Beispiel "Westerwelle und Hartz IV". Zurzeit ist "Missbrauch" in allen Zeitungsspalten. Erzieher und Priester standen in den letzten Tagen und Wochen im Mittelpunkt. Die BERLINER ZEITUNG fragt in ihrer Sonnabendausgabe:
"Müsste der Papst nicht zurücktreten, um seiner Kirche einen Neuanfang zu ermöglichen?"
Und gibt sogleich die Antwort: Geht nicht, denn:
"Der Papst ist höchster Heilsmittler, ist der von Gott eingesetzte Hüter der Heilsbotschaft."
Im Berliner TAGESSPIEGEL stellt Vera Kattermann fest:
"Insgesamt suggeriert der zeitliche Abstand bei den meisten der jetzt berichteten Missbrauchsfällen eine Distanz, die trügerisch ist. Denn die Meldungen sexuell missbräuchlicher Übergriffe sind seit Jahren konstant bis steigend – und sie finden vielfach innerhalb der Familien statt."
Ein Perspektivwechsel? Andreas Zielcke sichtet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die aktuellen Lektüremöglichkeiten zum Thema. Der Buchmarkt ist voller Titel, die sich der Missbrauchsthematik widmen. Zielcke kommt zu dem Schluss:
"Die sexuelle Hölle, das sind trotz allem nicht die Institutionen, es ist das Zuhause."
"Wenn Beethoven anruft, spiele ich."
Solchermaßen vorbereitet, wenden wir uns der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zu. Hier lesen wir:
"Die politische Meldungskette des Tages beginnt bei Werner Sonne."
Marcus Jauer machte eine Betriebsbesichtigung in den politischen Fernsehredaktionen Deutschlands und startete logischerweise beim Morgenmagazin der öffentlich-rechtlichen Anstalten. So sieht es da aus:
"Ein grauer Morgen, die Spree, der Bundestag und der Tresen, hinter dem Werner Sonne mit einem Politiker steht. Das ist die Einstellung, die der Zuschauer kennt, wenn ihm morgens etwas von der Politik aus Berlin erzählt wird. Abgesehen von dem Podest vielleicht, das heute dazu dient, Andrea Nahles etwas größer zu machen."
Bemerkenswert ist allerdings, was bei diesen und ähnlichen Riten im Allgemeinen herauskommt. Marcus Jauer schreibt in der FAZ:
"Offenbar haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass keiner fragt, ob etwas berichtet wird, weil es geschieht, oder nur etwas geschieht, weil es berichtet wird."
Wir können diesen Satz als Erstes kommunikationspolitisches Paradoxon in die Lehrbücher aufnehmen. Dabei ist es gehupft wie gesprungen, in welchem publizistischen System wir uns gerade befinden: "Die Privaten haben kein Geld", schreibt Jauer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "die Öffentlich-rechtlichen keine Freiheit. So war der duale Rundfunk eigentlich nicht gedacht." Wir notieren dies als Zweites kommunikationspolitisches Paradoxon, und weil wir schon so Lehrbuchhaft am Werke sind, fügen wir gleich das dritte hinzu:
"Statement wird von Statement beantwortet. Es gibt nur keinen mehr, der fragt."
Wenn es so um das politische Fernsehhandwerk bestellt ist, dann wundert uns nicht, wie der Tag, der mit dem Sonne begann, endet:
"Der Präsident der Handwerkskammer ist im Internet zum Chat und versucht seine Arbeitsplätze loszuwerden."
Insofern wäre nur noch anzumerken, dass Marcus Jauer in seinem zutiefst deprimierenden Zustandsbericht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG schon recht früh notierte:
"Es wird immer neue Themen geben."
Thema war zum Beispiel "Westerwelle und Hartz IV". Zurzeit ist "Missbrauch" in allen Zeitungsspalten. Erzieher und Priester standen in den letzten Tagen und Wochen im Mittelpunkt. Die BERLINER ZEITUNG fragt in ihrer Sonnabendausgabe:
"Müsste der Papst nicht zurücktreten, um seiner Kirche einen Neuanfang zu ermöglichen?"
Und gibt sogleich die Antwort: Geht nicht, denn:
"Der Papst ist höchster Heilsmittler, ist der von Gott eingesetzte Hüter der Heilsbotschaft."
Im Berliner TAGESSPIEGEL stellt Vera Kattermann fest:
"Insgesamt suggeriert der zeitliche Abstand bei den meisten der jetzt berichteten Missbrauchsfällen eine Distanz, die trügerisch ist. Denn die Meldungen sexuell missbräuchlicher Übergriffe sind seit Jahren konstant bis steigend – und sie finden vielfach innerhalb der Familien statt."
Ein Perspektivwechsel? Andreas Zielcke sichtet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die aktuellen Lektüremöglichkeiten zum Thema. Der Buchmarkt ist voller Titel, die sich der Missbrauchsthematik widmen. Zielcke kommt zu dem Schluss:
"Die sexuelle Hölle, das sind trotz allem nicht die Institutionen, es ist das Zuhause."