Von Jens Brüning
Der "Tagesspiegel" ist besorgt angesichts der Entwicklungen beim ZDF. Die "Süddeutsche" geht der Frage nach, ob man öffentlich über Krebs sprechen darf. Und die "FAZ" ist Spuren von Jerome D. Salinger in Deutschland nachgegangen.
"Das ZDF in der Po-Ebene", lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL. Joachim Huber macht sich eingedenk der jüngsten Entwicklungen beim großen Mainzer Fernsehhaus Sorgen. Sorgen vor allem um das durch den Apparat transportierte Kulturgut. Wer die Allzweckwaffe Jörg Pilawa auf seine Seite zieht und dem Gummibärchen-Verkörperer Gottschalk "Italiens schönsten Po", nämlich das in fünf Fremdsprachen parlierende Fotomodell Michelle Hunziker zur Seite stellt, muss Böses im Schilde führen, denkt Joachim Huber. Wir lesen im TAGESSPIEGEL:
"Das Zweite folgt in seiner Unterhaltung dem Weg des Silvio Berlusconi."
Man kann vor solchen Tendenzen nicht früh genug warnen. Es sei der Hinweis gestattet, dass Frau Hunziker, geschiedene Ramazotti, das Po-Prädikat bereits vor 15 Jahren errang. Aber wahrscheinlich hat Huber recht, wenn er schreibt:
"Hurra, das ZDF hat eine Zukunft. Der Sender verzwergt sich. Mainzelmännchen wollen nicht wachsen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG beschäftigt sich Burkhard Müller mit "Schmerz und Schweigen" und stellt die Frage:
"Darf man öffentlich über seinen Krebs sprechen?"
Um es kurz zu machen, man darf. Man soll sogar, denn über sich und seine Krankheiten zu schreiben – wie Christoph Schlingensief und Jürgen Leinemann – ist überaus zeitgemäß, wenn wir Müller recht verstanden haben. Würde er sonst das bereits etwas ältere Buch des amerikanischen Soziologen Richard Sennett, in dem der die "Tyrannei der Intimität" beklagt, in Bausch und Bogen zum hoffnungslos veralteten Hut erklären? Also: Wer über sich und seine Krankheiten schreibt, fällt niemandem auf den Wecker, sondern erfüllt eine literarische Pflicht: "Sie trösten, raten, informieren, machen Schmerz kenntlich und erträglich, zerstreuen und führen Gleichgesinnte zueinander", schreibt Müller in der SZ. Und das, fügt er hinzu, "tut nämlich auch 'Literatur' prinzipiell immer."
Wo wir gerade bei neuen Moden sind: auf derselben Seite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG geht Johan Schloemann der allgemein interessierenden Frage nach:
"Was passiert eigentlich mit Verstorbenen in Online-Netzwerken wie Facebook?"
Wir erörtern nun nicht die etwas verquere Formulierung, da uns bekannt ist, dass Online-Netzwerke ziemlich immateriell sind. Aber sie werden von realen Personen betrieben, und da kann es schon mal passieren, dass auf der Facebook-Pinnwand der Satz auftaucht: "Peter Schmidt ist tot." Johan Schloemann, Facebook-Mitglied und SZ-Redakteur, überlegt:
"Was soll man denn jetzt tun? Auf 'Kommentieren' klicken? Oder etwa auf 'Gefällt mir?'"
Und wie all die Bücher über tödliche Krankheiten hilfreich und gut sind, wenn wir der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG glauben wollen, so ist es hilfreich, wenn die Hinterbliebenen weiterhin "Peter Schmidts" Facebook nutzen können:
"Es könnte einer trauernden Witwe helfen, unter der Identität ihres verstorbenen Mannes dessen Part im Online-Spiel 'World of Warcraft' weiterzuspielen – weil sie vielleicht der festen Überzeugung ist, ihr Mann könne nicht erlöst werden, wenn er nicht den nächsten Level erreicht."
Auf einem völlig anderen Level lebt der sehr alte Schriftsteller Jerome D. Salinger. Er haust zwar seit Jahrzehnten zurückgezogen und menschenscheu in den nordamerikanischen Wäldern, macht aber noch immer von sich reden. Nun hat Bernd Noack ihn für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG in Gunzenhausen geortet. Im bayerischen Gunzenhausen nämlich lebte Salinger 1946 für ein paar Monate als Angehöriger des US-Geheimdienstes. Noack fand die Waschfrau des Salinger-Haushalts, ein Fräulein Kugler. Die bekam damals von Salinger ein Zeugnis ausgestellt, das sie noch heute verwahrt. Ihrem Besuch von der FAZ spricht sie erstaunt in den Notizblock:
"Dann ist der also berühmt geworden ... Ehrlich gesagt, ich wusste nicht einmal, dass dieser hübsche Amerikaner geschrieben hat."
"Das Zweite folgt in seiner Unterhaltung dem Weg des Silvio Berlusconi."
Man kann vor solchen Tendenzen nicht früh genug warnen. Es sei der Hinweis gestattet, dass Frau Hunziker, geschiedene Ramazotti, das Po-Prädikat bereits vor 15 Jahren errang. Aber wahrscheinlich hat Huber recht, wenn er schreibt:
"Hurra, das ZDF hat eine Zukunft. Der Sender verzwergt sich. Mainzelmännchen wollen nicht wachsen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG beschäftigt sich Burkhard Müller mit "Schmerz und Schweigen" und stellt die Frage:
"Darf man öffentlich über seinen Krebs sprechen?"
Um es kurz zu machen, man darf. Man soll sogar, denn über sich und seine Krankheiten zu schreiben – wie Christoph Schlingensief und Jürgen Leinemann – ist überaus zeitgemäß, wenn wir Müller recht verstanden haben. Würde er sonst das bereits etwas ältere Buch des amerikanischen Soziologen Richard Sennett, in dem der die "Tyrannei der Intimität" beklagt, in Bausch und Bogen zum hoffnungslos veralteten Hut erklären? Also: Wer über sich und seine Krankheiten schreibt, fällt niemandem auf den Wecker, sondern erfüllt eine literarische Pflicht: "Sie trösten, raten, informieren, machen Schmerz kenntlich und erträglich, zerstreuen und führen Gleichgesinnte zueinander", schreibt Müller in der SZ. Und das, fügt er hinzu, "tut nämlich auch 'Literatur' prinzipiell immer."
Wo wir gerade bei neuen Moden sind: auf derselben Seite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG geht Johan Schloemann der allgemein interessierenden Frage nach:
"Was passiert eigentlich mit Verstorbenen in Online-Netzwerken wie Facebook?"
Wir erörtern nun nicht die etwas verquere Formulierung, da uns bekannt ist, dass Online-Netzwerke ziemlich immateriell sind. Aber sie werden von realen Personen betrieben, und da kann es schon mal passieren, dass auf der Facebook-Pinnwand der Satz auftaucht: "Peter Schmidt ist tot." Johan Schloemann, Facebook-Mitglied und SZ-Redakteur, überlegt:
"Was soll man denn jetzt tun? Auf 'Kommentieren' klicken? Oder etwa auf 'Gefällt mir?'"
Und wie all die Bücher über tödliche Krankheiten hilfreich und gut sind, wenn wir der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG glauben wollen, so ist es hilfreich, wenn die Hinterbliebenen weiterhin "Peter Schmidts" Facebook nutzen können:
"Es könnte einer trauernden Witwe helfen, unter der Identität ihres verstorbenen Mannes dessen Part im Online-Spiel 'World of Warcraft' weiterzuspielen – weil sie vielleicht der festen Überzeugung ist, ihr Mann könne nicht erlöst werden, wenn er nicht den nächsten Level erreicht."
Auf einem völlig anderen Level lebt der sehr alte Schriftsteller Jerome D. Salinger. Er haust zwar seit Jahrzehnten zurückgezogen und menschenscheu in den nordamerikanischen Wäldern, macht aber noch immer von sich reden. Nun hat Bernd Noack ihn für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG in Gunzenhausen geortet. Im bayerischen Gunzenhausen nämlich lebte Salinger 1946 für ein paar Monate als Angehöriger des US-Geheimdienstes. Noack fand die Waschfrau des Salinger-Haushalts, ein Fräulein Kugler. Die bekam damals von Salinger ein Zeugnis ausgestellt, das sie noch heute verwahrt. Ihrem Besuch von der FAZ spricht sie erstaunt in den Notizblock:
"Dann ist der also berühmt geworden ... Ehrlich gesagt, ich wusste nicht einmal, dass dieser hübsche Amerikaner geschrieben hat."