Von Jens Brüning

Die "FAZ" nimmt Abschied von Italiens Linke, die als einziges erfolgreiches Projekt den Aufstieg von Berlusconi vorzuweisen hat. Außerdem in den Feuilletons: Vor 100 Jahren wurde Filippo Tommaso Marinettis Futuristisches Manifest veröffentlicht. Und: Ebenfalls vor 100 Jahren wurde der Komiker Heinz Erhardt geboren.
"Das einzige erfolgreiche historische Projekt", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "das Italiens Linke auf den Weg gebracht hat, heißt Berlusconi." Dirk Schümer nimmt Abschied von Italiens Linke, die er am Ende aller Utopien angekommen sieht. Wie schön war's doch vordem:

"In Italien, wo ein Drittel der Bürger kommunistisch wählte und ohne schamrot zu werden die Internationale sang, war alles besser, da wurden keine Mauern hochgezogen und keine Liedermacher ausgebürgert."

Eine Gegend, aus der die großen Weisheiten importiert werden konnten. Schümer trauert in der FAZ:

"Was konnten wir grobschlächtigen Tedeschi, die ihre Spaghetti noch hilflos mit dem Löffel verknäulten, doch bei den schillernden Genossen aus dem Süden alles an linker Lebensart lernen!"

Und nun das: Oppositionsführer Walter Veltroni hat mit seiner geeinten Linkspartei spektakulär Schiffbruch erlitten. Was bleibt? Wir lesen:

"Vom ach so einfallsreichen und humanen Eurokommunismus bleiben ein paar sture, isolierte Opas, denen Wahlen immer schon egal waren."

Aus Italien kam vor hundert Jahren der Futurismus. "Geschwindigkeit, Dynamik, Technik, Krieg!" war die Parole, die Filippo Tommaso Marinetti auf sein Banner geschrieben hatte. Alle Zeitungen bringen zum Teil großflächige Texte und Bilder aus Anlass dieses am 20. Februar 1909 veröffentlichten Manifestes. In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG weist Gabriele Detterer auf vier in diesem Zusammenhang in Italien gezeigte Ausstellungen hin. In der Tageszeitung DIE WELT würdigt Wolf Lepenies "Größe und Wahn einer Bewegung". Sein letzter Satz weist die Richtung:

"In Gottfried Benns Bewunderung für Marinetti wurde deutlich, wie gerne Intellektuelle und Künstler in Deutschland Faschisten geblieben wären – wenn die Nazis es nur gestattet hätten."

Auch am 20. Februar 1909 erblickte im kalten Riga ein Heinz das Licht der Welt: Heinz Erhardt, "Biedermann und Anarchist", wie er im Berliner TAGESSPIEGEL bezeichnet wird. Christian Schröder zitiert viele Gedichte des rundlichen Mannes mit der Kassenbrille, der von sich sagte:

"Ich singe Chansons und begleite mich selbst am Klavier."

"Noch’n Gedicht", war seine Parole.

"Es war einmal ein Muselmann / Der trank sich einen Dusel an."

Von der Art hatte Erhardt viel im Repertoire, aber auch Melancholisches. Zum Beispiel:

"Wie wär die Welt so wunderbar umspült vom blauen Meer / Wenn diese Welt, wie’s einstmals war, ganz ohne Menschen wär."

Jörg Thomann lobt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vor allem die Filme des schelmischen Balten. "Das hat man nun davon" hieß ein 1969 gedrehter Schwank, in dem Heinz Erhardt als Finanzbeamter Willi Winzig hart daran arbeitete, für unzurechnungsfähig gehalten zu werden. Und was geschah? "Mit dem Satz 'Der Staat muss da helfen, wo Not am Mann ist' bewilligt Winzig großzügige Zahlungen", lesen wir erschüttert in der FAZ. Und wir erfahren den Ausgang der Geschichte auf der Stelle:

"Trotzdem wird er am Ende nicht für geistesgestört erklärt, sondern zum Finanzminister ernannt."

Mit guten Gründen kommt Jörg Thoman zu dem Schluss:

"Heinz Erhardts Urangst, alsbald vergessen zu werden, hat sich als unbegründet erwiesen."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hebt Lothar Müller die darstellerischen Möglichkeiten Heinz Erhardts hervor und hat natürlich noch’n Gedicht:

"Es wohnt ein Wind in Leningrad, / der pustet kalt, / wer da nicht einen Mantel hat, / der hustet bald."

Heinz Erhardt ist vor zwei Jahren, als das Zweite Deutsche Fernsehen nach dem besten deutschen Komiker suchte, hinter Loriot auf Platz zwei gelandet. Diese frohe Botschaft entnahmen wir der BERLINER ZEITUNG. Volker Kühn lobt:

"Es gibt gereimte Shorties von ihm, vor deren Scharfsinn man die Waffen streckt: ‚Das, was man so als Dichter schreibt, / vergeht entweder oder bleibt.’"