Von Hans von Trotha

07.01.2013
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem französischen Filmemacher Jean Marie Straub, mit Twitter-Plänen der Library of Congress in Washington und mit Paid-Content-Plänen des Bloggers Andrew Sullivan.
"Jeder ist so verrückt, wie er will"," sagte Erich Kuby einmal nach Dreharbeiten mit dem französischen Filmemacher Jean Marie Straub, der seinen 80. Geburtstag feiert. Fritz Göttler verwahrt sich in der SÜDDEUTSCHEN dagegen, dessen Filme als "asketisch, streng, spröde, esoterisch" zu bezeichnen. Und Bert Rebhandl erzählt in der FAZ von einem "Kino ohne Illusionen" und davon, wie Straub 1967 mit einer Art "Crowd Funding" avant la lettre die Filmförderung überlistete. Inzwischen gehört Straub auf seine Art zum Establishment des französischen Films - wenn auch wohl eher nicht zu denjenigen, die der Produzent Vincent Marval meint, wenn er sich beschwert, die Gehälter in der französischen Filmbranche seien zu hoch. Marval beklagt laut SÜDDEUTSCHER, dass Frankreich auf der Liste der teuersten Produktionen an zweiter Stelle nach den amerikanischen Studios rangiere. ""Zehnmal weniger Einnahmen, aber fünfmal so hohe Gehälter. So sieht die Wirtschaftlichkeit des französischen Kinos aus." Sagt der Produzent.

Margarete von Trotta lebt zwar in Frankreich, dreht ihre Filme aber in Deutschland, vorzugsweise mit der Schauspielerin Barbara Sukowa. Nach Rosa Luxemburg, Gudrun Ensslin und Hildegard von Bingen spielt diese nun ab Donnerstag in unseren Kinos unter von Trottas Regie die Philosophin Hannah Arendt. Der Tagesspiegel hat beide zum Gespräch gebeten. Trotta besteht darauf, dass hinter der Reihung von Frauenfiguren kein Programm steckt, und die Sukowa verspricht, im nächsten Trotta-Film zu singen.

Von den Bildern zu den Worten. Publiziert wird inzwischen auf schier unendlich vielfältige Weise. Wie aber steht es da mit der Souveränität der Schreibenden und mit der der Lesenden?

Fangen wir bei den kürzesten Texten an. Beängstigend erscheint die Meldung der SÜDDEUTSCHEN, die Library of Congress in Washington plane, sämtliche - ich wiederhole: sämtliche – Tweets zu sammeln, also alles aufzuheben, was über Twitter so den lieben langen Tag abgesondert wird. Eine erste Tranche von 21 Milliarden Tweets hatten sie schon, jetzt sind noch einmal 150 Milliarden Kurznachrichten an die Bibliothek übergeben worden. Man wolle, so der Bibliotheks-Direktor, "mit den Twitter-Daten künftigen Forschergenerationen ermöglichen, sich ein gründlicheres Bild von heutigen Kommunikationsformen und Normen, von Dialogen und Trends, von neuen Formen der Erziehung und Autorschaft - und vielem anderen mehr" zu machen.

Der umgekehrte Trend herrscht bei deutschen Jugendbuchverlagen vor. Da wird eher verleugnet, dass jeder Text aus seiner Zeit stammt, was man manchmal eben merkt. Nachdem der Oetinger Verlag bereits vor vier Jahren Worte wie "Neger" und "Zigeuner" aus den Pippi-Langstrumpf-Übersetzungen getilgt, hat, kommt nun der Thienemann Verlag mit einer politisch korrekten Version von Otfried Preußlers Klassiker "Die Kleine Hexe". Harald Eggebrecht platzt der Kragen.

"Wenn Kinderbuchklassiker ... nach Wörtern wie ‚Negerlein’ oder ‚Zigeuner’ ´durchforstet´ werden sollen, weil man diese Bücher an den sprachlichen und politischen Wandel anpassen wolle, dann ist das nichts anderes als Säuberung und ein schlimmer Eingriff in die integrale Gestalt der Werke, die ja Kreationen ihrer Entstehungszeit sind und diese selbstverständlich in sich tragen und damit auch von ihr Mitteilung machen." Eggebrecht fragt: ""Wieso kann der Vorlesende das nicht erläutern, wieso lassen sich nicht auch in Kinder- und Jugendbüchern solche vielleicht problematisch gewordenen, weil als diskriminierend empfundenen Wörter erklären?"

Tja, wieso? Diese Arbeit wollen uns die Kinderbuchverlage abnehmen, ungefragt. Ganz klar eine Entmündigung der Leser.

Bei aller Auswahl haben wir es als Leser heute womöglich gerade besonders schwer, souverän zu bleiben. Die BERLINER ZEITUNG berichtet, dass der bekannte Blogger Andrew Sullivan, der in seinem Blog "The Dish" Politik, Kultur und Gesellschaft kommentiert, seine Meldungen fortan ohne Werbung, dafür gegen Gebühr zur Verfügung zu stellt.

"Wenn Sie nicht für das Produkt zahlen"," sagt Sullivan, "dann sind Sie das Produkt, das verkauft wird."

Der Mann meint uns.