Von Gregor Sander

Die FAZ würdigt den verstorbenen Schauspieler Heinz Bennent als "Eremit im Theaterland", der seinen Beruf mit größtmöglicher Freiheit ausübte. Und das Handelsblatt druckt viel Weiß, da Baudoin Prot, Chef der französischen Großbank BNP Paribas, ein bereits geführtes Interview zurückzog.
"Zu cool, um wahr zu sein,"

so lautet eine Überschrift in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Die Autoren Thomas Gross und Tobias Timm durften in Paris einen Privatclub besuchen, den der Regisseur David Lynch gestaltete. Und sie sind der Ohnmacht nahe:

"Natürlich handelt es sich um eine Weltsensation, die von diesem geheimnisvollen Loch im Pariser Untergrund aus ihren Lauf nimmt. Denn so ikonografisch folgenreich seine Filme auch waren, so unaufhaltsam der Außenseiter Lynch mit ihnen zu einem Popstar unter den Hollywood-Regisseuren aufgestiegen ist, dass die berühmte Lynch-Atmosphäre sich an konkreter Stelle manifestiert, begeh- und spürbar wird wie ein Lynch-Erlebnispark, das hat die staunende Öffentlichkeit noch nicht erlebt."

Wer jemals einem Lynch-Fan gegenüber saß, weiß welche Auswirkungen Filme, wie Mulholland-Drive oder Blue Velvet auf diese Spezies haben. Offensichtlich ist es aber egal, ob der Meister mit der Kamera arbeitet oder eben einen Club entwirft, glaubt man zumindest Gross und Timm in der ZEIT:

"Mit all diesen Handreichungen versehen, lässt sich das Silencio – der Name stammt von einem sonderbaren Theater im Film Mulholland Drive – als im weitesten Sinne lynchesk beschreiben: Man bewegt sich durch das Labyrinth der Gänge wie durch die Hirnwindungen eines erlesenen, eventuell ganz leicht gestörten Geistes, um sich hier und da an der Raffinesse der Details zu erfreuen, aus dem Halbdunkel hervorleuchtenden Bodenfliesen, der Raucherlounge in Gestalt eines kleinen Märchenwalds, der blattgolden schimmernden, unterschiedlich tief in den Raum stoßenden Deckentäfelung aus Eiche."

Genau an dieser Stelle möchten wir die beiden Clubkritiker auf ihren Knien liegen lassen. Der angebetete Lynch antwortete ihnen:

"Wenn wir etwas mögen, müssen wir nicht wissen, warum. Es reicht, dass es so ist."

In allen Feuilletons wird um den am Mittwoch in Lausanne verstorbenen Schauspieler Heinz Bennent getrauert. Katalin Fischer beschreibt ihn in der Tageszeitung DIE WELT so:

"Er war ein Durchreisender, ein Leidender, ein Zweifelnder, dem niemals der Ruhm widerfuhr, den er eigentlich aufgrund seiner Qualität, der essenziellen Tiefe seiner Persönlichkeit verdient hätte. Heinrich August Bennent, geboren 1921 in Stolberg bei Aachen. Sohn eines Buchhalters. Streng religiös erzogen, alles, was Körper war, war Feind. Friseur sollte er werden, dann eine Schlosserlehre besuchen. Aber stärker war der Eindruck, den sein erstes Theatererlebnis in ihm hinterließ."

Der Bühne blieb Bennent ein Leben lang treu, auch wenn es, wie Gerhard Stadelmaier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG betont, erfolgreiche Ausflüge zum Film gab:

"Er wurde aber, obwohl er mit Truffaut ('Die letzte Metro') und Bergman ('Das Schlangenei') drehte und in manchem 'Tatort' als Zwielichtspezialgestalt auftauchte, nirgendwo zum Star. Er hörte früh auf, irgendwo fest dazuzugehören: Er war immer ein Erermit im Theaterland. Einsam am stärksten. Ein Freier. Er gehörte keinem Haus fest an. Nur einer Haltung. Wenn er aber auftrat, wurde er zu einem Glanzpunkt, dessen Strahlkraft sich einem Paradox verdankte, das im deutschen Theater Seltenheitswert hat."

Seltenheitswert dürfte auch ein Interview ohne Antworten haben. Von diesem Fall berichtet Caspar Busse in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.

"Genau fünf Wochen ist es her, da empfing Baudoin Prot, Chef der französischen Großbank BNP Paribas, im hessischen Kronberg zwei Handelsblatt-Redakteure zum Interview. Die Themen waren klar: Finanzkrise, Eurokrise, Bankenkrise."

In der Mittwochsausgabe des HANDELSBLATTES erschien nun dieses Interview unter der Überschrift:

"Können Sie nachts noch ruhig schlafen?"

Mit einem großen Foto von Prot. Allein, es fehlten seine Antworten. Stattdessen viel Weiß zwischen den Fragen. Der Banker hatte das Interview aufgrund der Zuspitzung an den Finanzmärkten zurückgezogen. Das HANDELSBLATT druckte es trotzdem:

"Obwohl ja nichts drin steht, ist das doch eine Information",

sagt Chefredakteur Gabor Steingart. Es werde die

"Sprachlosigkeit unsere Geldelite"

dokumentiert.