Von Gregor Sander
Ein Hamburger Wochenblatt räsonniert über nackte Fußballerinnen im "Playboy". In Berlin interessiert man sich eher für den langen Schatten der Familie Kohl. Ein süßes Wiener Mädel hat es dagegen einer Gazette aus München angetan.
Man stelle sich vor: Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Mario Gomez fast nackt in einem Hochglanzmagazin. Natürlich wird das nicht passieren. Warum landen dann aber vor der Frauenfußball-WM halbnackte deutsche Nationalspielerinnen im Playboy? Dieser Frage ist Iris Radisch in der Wochenzeitung DIE ZEIT nachgegangen. "Seitdem die Bilder weiblicher Nacktheit aus der Schmuddelecke heraus- und in ihrer sanften Variante in unseren Alltag hineingewandert sind, so Radisch, hat sich so etwas wie eine pornografische Normalisierung eingestellt. Seither ist es nicht nur möglich, sondern durchaus auch anerkannt, wenn nicht nur Schauspielerinnen und Fernsehmoderatorinnen, sondern auch junge Sportlerinnen oder junge Angestellte Abbildungen ihrer kaum oder gar nicht bekleideten Körper massenmedial verbreiten lassen."
Trotzdem, so betont Radisch in der ZEIT, werde dadurch nur das uralte Bild weiblicher Verfügbarkeit lebendig gehalten. Und die Fußballspielerinnen? Über die weiß Radisch folgendes zu berichten: "Die jungen, erfolgreichen und unabhängigen Sportlerinnen haben sich wahrscheinlich gewünscht, das alte Patriarchat und seine klassischen männlichen Medien (zu dem der Playboy zweifelsohne gehört) mit dem neuen sexuellen Selbstbestimmungsrecht der Frauen zu vereinbaren. Wenn man sie fragte, ob sie nicht fürchteten, als Sexualobjekte zu erscheinen, würden sie sich vermutlich im Gegenteil als Sexualsubjekte beschreiben, denen selbst ein Medium, das in der uralten Männertradition steht, Frauen notorisch als Sexualobjekt bloßzustellen, nichts anhaben kann."
Vielleicht wäre es ja doch erhellender gewesen Iris Radisch hätte die Spielerinnen einfach gefragt und dann auf deren Antworten reagiert? So sind sie nur stumm über dem Artikel zu sehen. Sehr groß und fast nackt auf einem der Playboyfotos, mit dem der Radisch-Text in der ZEIT bebildert ist.
Gerrit Bartels widmet sich im Berliner TAGESPIEGEL einer besonderen Familie: "Unsere Kohls", lautet seine Überschrift. So akribisch wie genervt zählt Bartels die Veröffentlichungen Helmut Kohls auf, widmet sich dann kurz dem Bestseller des Kohl Sohnes Walter "Leben oder gelebt werden", um dann bei der neuesten Veröffentlichung aus dem Kohl-Clan zu landen. "Dieser Tage nun, mit dem üblich großen medialen Begleitprogramm, kommen ein weiteres Mal Hannelore Kohl und ihr Schicksal über uns, mit einer Biografie, die der Journalist und einstige Kohl-Intimus Heribert Schwan geschrieben hat. "Die Frau an seiner Seite. Leben und Leiden der Hannelore Kohl" steht bei Amazon schon auf Platz Eins und demnächst wohl auch im analogen Buchhandel an der Spitze."
Der Altbundeskanzler, der als Vater und Ehemann versagt habe, präge das Land bis heute, so Bartels im TAGESSPIEGEL: "weil sie sich, die Älteren, in einer Figur wie Kohl, einer Familie wie der Kohlschen wiedererkennen. Helmut Kohl, das könnte man auch sagen, ist im wiedervereinigten Deutschland noch immer unbewältigt, so überwältigend er von Statur und politischem Einfluss war."
Einer anderen Ikone hat sich Helmut Böttiger in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG genähert. Ingeborg Bachmann. Die Lyrikerin schrieb mit an einer Radiosoap für den österreichischen Rundfunk, was Böttiger erstaunt: "Man kennt das magische Gedicht "Ihr Worte", in dem sie den Schreibvorgang als ein unmögliches, nicht zu beherrschendes Wagnis beschwört. Und nun wird man damit konfrontiert, dass in den Jahren 1952 und 1953 fünfzehn Mal am Montag beschlossen wurde, sie habe bis zum Freitag ein Manuskript für eine halbstündige Radiosendung abzuliefern – und sie diesem Auftrag nachkam. Sie scheint da keinerlei Schreibblockaden und Wortfindungsprobleme gehabt zu haben."
Die Texte für diese Radiosoap sind nun bei Suhrkamp unter dem Titel Die Radiofamilie erschienen. Und auch wenn es keine Nacktaufnahmen sind, die da gefunden wurden, so klingt es doch fast schon frivol wenn Böttiger in der SZ bilanziert: "Als sie im bundesdeutschen Literaturbetrieb reüssiert, lässt Ingeborg Bachmann das süße Wiener Mädel schnell hinter sich. Die Botschaft der "Radiofamilie" aber ist, dass etwas davon immer in ihr steckte."
Trotzdem, so betont Radisch in der ZEIT, werde dadurch nur das uralte Bild weiblicher Verfügbarkeit lebendig gehalten. Und die Fußballspielerinnen? Über die weiß Radisch folgendes zu berichten: "Die jungen, erfolgreichen und unabhängigen Sportlerinnen haben sich wahrscheinlich gewünscht, das alte Patriarchat und seine klassischen männlichen Medien (zu dem der Playboy zweifelsohne gehört) mit dem neuen sexuellen Selbstbestimmungsrecht der Frauen zu vereinbaren. Wenn man sie fragte, ob sie nicht fürchteten, als Sexualobjekte zu erscheinen, würden sie sich vermutlich im Gegenteil als Sexualsubjekte beschreiben, denen selbst ein Medium, das in der uralten Männertradition steht, Frauen notorisch als Sexualobjekt bloßzustellen, nichts anhaben kann."
Vielleicht wäre es ja doch erhellender gewesen Iris Radisch hätte die Spielerinnen einfach gefragt und dann auf deren Antworten reagiert? So sind sie nur stumm über dem Artikel zu sehen. Sehr groß und fast nackt auf einem der Playboyfotos, mit dem der Radisch-Text in der ZEIT bebildert ist.
Gerrit Bartels widmet sich im Berliner TAGESPIEGEL einer besonderen Familie: "Unsere Kohls", lautet seine Überschrift. So akribisch wie genervt zählt Bartels die Veröffentlichungen Helmut Kohls auf, widmet sich dann kurz dem Bestseller des Kohl Sohnes Walter "Leben oder gelebt werden", um dann bei der neuesten Veröffentlichung aus dem Kohl-Clan zu landen. "Dieser Tage nun, mit dem üblich großen medialen Begleitprogramm, kommen ein weiteres Mal Hannelore Kohl und ihr Schicksal über uns, mit einer Biografie, die der Journalist und einstige Kohl-Intimus Heribert Schwan geschrieben hat. "Die Frau an seiner Seite. Leben und Leiden der Hannelore Kohl" steht bei Amazon schon auf Platz Eins und demnächst wohl auch im analogen Buchhandel an der Spitze."
Der Altbundeskanzler, der als Vater und Ehemann versagt habe, präge das Land bis heute, so Bartels im TAGESSPIEGEL: "weil sie sich, die Älteren, in einer Figur wie Kohl, einer Familie wie der Kohlschen wiedererkennen. Helmut Kohl, das könnte man auch sagen, ist im wiedervereinigten Deutschland noch immer unbewältigt, so überwältigend er von Statur und politischem Einfluss war."
Einer anderen Ikone hat sich Helmut Böttiger in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG genähert. Ingeborg Bachmann. Die Lyrikerin schrieb mit an einer Radiosoap für den österreichischen Rundfunk, was Böttiger erstaunt: "Man kennt das magische Gedicht "Ihr Worte", in dem sie den Schreibvorgang als ein unmögliches, nicht zu beherrschendes Wagnis beschwört. Und nun wird man damit konfrontiert, dass in den Jahren 1952 und 1953 fünfzehn Mal am Montag beschlossen wurde, sie habe bis zum Freitag ein Manuskript für eine halbstündige Radiosendung abzuliefern – und sie diesem Auftrag nachkam. Sie scheint da keinerlei Schreibblockaden und Wortfindungsprobleme gehabt zu haben."
Die Texte für diese Radiosoap sind nun bei Suhrkamp unter dem Titel Die Radiofamilie erschienen. Und auch wenn es keine Nacktaufnahmen sind, die da gefunden wurden, so klingt es doch fast schon frivol wenn Böttiger in der SZ bilanziert: "Als sie im bundesdeutschen Literaturbetrieb reüssiert, lässt Ingeborg Bachmann das süße Wiener Mädel schnell hinter sich. Die Botschaft der "Radiofamilie" aber ist, dass etwas davon immer in ihr steckte."