Von Gregor Sander
"Die Zeit" würdigt die Theatermacherin Shermin Langhoff, die im Berliner Ballhaus Naunynstraße das "postmigrantische Theater" erfunden hat. "Die Welt" widmet sich der Rolle der Künstler während der ägyptischen Revolution.
"Revolüsyon!"
so heißt eine Überschrift in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Das Wort geschrieben mit einem Ü und einem Y und man ahnt bereits: Es handelt sich nicht um die aktuellen Umstürze im arabisch sprechenden Raum sondern:
"Im Berliner Ballhaus Naunynstraße hat Shermin Langhoff das postmigrantische Theater erfunden. Dafür bekommt sie nun einen der wichtigsten europäischen Kulturpreise",
den Hamburger Kairos-Preis – "völlig zu Recht", meint Mely Kiyak in der ZEIT.
Shermin Langhoff ist geborene Türkin und so erklärt sich denn das etwas kalauernde Ü und Y in Revolution. Geboren noch am Mittelmeer findet sie bald ihre Heimat in Franken.
"Es beginnen die Nürnberger Jahre. Shermin begreift, dass sie bleiben wird und es auch will. Die Lehre zur Verlagskauffrau gelingt ihr mühelos, sie lernt schnell und verdient bald Geld. Sie schafft sich ihr eigenes fränkischägäisches Biotop. Sie ruft die 'Nürnberger deutschtürkischen Filmtage' ins Leben, trommelt türkischstämmige Künstler aus ganz Deutschland zusammen."
Langhoff arbeitet als Filmproduzentin und ist so erfolgreich, integriert und eigenständig, dass sie eigentlich in Thilo Sarrazins Träumen vorkommen müsste. Oder in seinen Albträumen?
"Dann lernt sie an Castorfs Berliner Volksbühne das deutsche Theater von innen kennen und heiratet sogar hinein: Ihr Mann Lukas Langhoff ist ebenso Regisseur wie dessen Vater Thomas. Sie wird Mutter einer Tochter, 'mit Migrationshintergrund'. Bei Shermin Langhoff klingt es, als sagte sie 'mit Sahne'."
Und schließlich macht sie aus dem Ballhaus Naunynstraße in Berlin Kreuzberg einen Theaterort der besonderen Art. Der SPIEGEL bezeichnete das Stück Verrücktes Blut als Hit der Saison und Shermin Langhoff stellt klar:
"Wir werden manchmal Türkentheater genannt. Das ist falsch. Wir zeigen Theater aus unserer Perspektive und bestimmen unsere Konfliktzonen selbst."
In der Tageszeitung DIE WELT beschreibt Michael Borgstede, was Künstlern passiert, die auf der falschen Seite stehen und den Absprung völlig verpassen:
"Man kann wohl sagen, dass die bekannte ägyptische Schauspielerin Samah Anwar bei dieser Übung versagt hat. Als sich Hunderttausende auf dem Tahrir-Platz gegen Mubarak versammelten, forderte sie den Einsatz von 'Kampfflugzeugen und Atomwaffen' gegen die Demonstranten. Dass das Land über gar keine Atomwaffen verfügt, werden die Ägypter kaum als Entschuldigung gelten lassen."
Statt dessen werden nun schwarze Listen angelegt und veröffentlicht, mit denen sich das Volk auch von den regimetreuen Künstlern verabschieden will. Borgstede weist auf die Schwierigkeiten dieses Unterfangens hin:
"Uneinigkeit herrscht beispielsweise in der Frage, ob der Boykott auch für Künstler gelten solle, die während der Revolution keine Stellung bezogen hatten, sondern ins Ausland geflüchtet waren. Und die Fernsehmoderatorin Mona Schasly zum Beispiel wurde auf dem Tahrir-Platz von jubelnden Anhängern begrüßt, die sie klatschend als 'Stimme des freien Ägyptens' feierten und musste wenig später vor Demonstranten fliehen, die sie als Verräterin brandmarkten und mit Steinen bewarfen."
Wie schnell Revolutionäre vergessen werden, beschreibt Udo Scheer in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Erich Loest zum Beispiel.
"Andernorts von Dresden bis Hamburg hochwillkommen, wird Leipzigs Ehrenbürger Loest im großen zwanzigsten Revolutionsfeierjahr zu nicht einer Lesung oder Diskussion in der Stadt gebeten."
Der 85-Jährige hat jetzt ein Tagebuch veröffentlicht: "Eingeladen, ihn vom August 2008 an zwei Jahre lang zu begleiten", so Scheer in der FR,
"waren wir bei Impulsgesprächen mit der Bundeskanzlerin und mit SPD-Spitzen, in anregenden Lesungen und kritischen Diskussionen, bei polarisierenden Interviews und Kommentaren und den für sich sprechenden Reaktionen von Redaktionen."
Aber auch als Opernliebhaber, Skatbruder und Fernsehfußballfan lerne man den Autor der "Nikolaikirche" kennen, der sich nun in einem ganz neuen Kampf, dem mit dem Alter befindet:
"Die Spanne zwischen dem 80. und 90. Geburtstag,"
so Loest,
"nenne ich ,Das Jahrzehnt des Teufels‘."
so heißt eine Überschrift in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Das Wort geschrieben mit einem Ü und einem Y und man ahnt bereits: Es handelt sich nicht um die aktuellen Umstürze im arabisch sprechenden Raum sondern:
"Im Berliner Ballhaus Naunynstraße hat Shermin Langhoff das postmigrantische Theater erfunden. Dafür bekommt sie nun einen der wichtigsten europäischen Kulturpreise",
den Hamburger Kairos-Preis – "völlig zu Recht", meint Mely Kiyak in der ZEIT.
Shermin Langhoff ist geborene Türkin und so erklärt sich denn das etwas kalauernde Ü und Y in Revolution. Geboren noch am Mittelmeer findet sie bald ihre Heimat in Franken.
"Es beginnen die Nürnberger Jahre. Shermin begreift, dass sie bleiben wird und es auch will. Die Lehre zur Verlagskauffrau gelingt ihr mühelos, sie lernt schnell und verdient bald Geld. Sie schafft sich ihr eigenes fränkischägäisches Biotop. Sie ruft die 'Nürnberger deutschtürkischen Filmtage' ins Leben, trommelt türkischstämmige Künstler aus ganz Deutschland zusammen."
Langhoff arbeitet als Filmproduzentin und ist so erfolgreich, integriert und eigenständig, dass sie eigentlich in Thilo Sarrazins Träumen vorkommen müsste. Oder in seinen Albträumen?
"Dann lernt sie an Castorfs Berliner Volksbühne das deutsche Theater von innen kennen und heiratet sogar hinein: Ihr Mann Lukas Langhoff ist ebenso Regisseur wie dessen Vater Thomas. Sie wird Mutter einer Tochter, 'mit Migrationshintergrund'. Bei Shermin Langhoff klingt es, als sagte sie 'mit Sahne'."
Und schließlich macht sie aus dem Ballhaus Naunynstraße in Berlin Kreuzberg einen Theaterort der besonderen Art. Der SPIEGEL bezeichnete das Stück Verrücktes Blut als Hit der Saison und Shermin Langhoff stellt klar:
"Wir werden manchmal Türkentheater genannt. Das ist falsch. Wir zeigen Theater aus unserer Perspektive und bestimmen unsere Konfliktzonen selbst."
In der Tageszeitung DIE WELT beschreibt Michael Borgstede, was Künstlern passiert, die auf der falschen Seite stehen und den Absprung völlig verpassen:
"Man kann wohl sagen, dass die bekannte ägyptische Schauspielerin Samah Anwar bei dieser Übung versagt hat. Als sich Hunderttausende auf dem Tahrir-Platz gegen Mubarak versammelten, forderte sie den Einsatz von 'Kampfflugzeugen und Atomwaffen' gegen die Demonstranten. Dass das Land über gar keine Atomwaffen verfügt, werden die Ägypter kaum als Entschuldigung gelten lassen."
Statt dessen werden nun schwarze Listen angelegt und veröffentlicht, mit denen sich das Volk auch von den regimetreuen Künstlern verabschieden will. Borgstede weist auf die Schwierigkeiten dieses Unterfangens hin:
"Uneinigkeit herrscht beispielsweise in der Frage, ob der Boykott auch für Künstler gelten solle, die während der Revolution keine Stellung bezogen hatten, sondern ins Ausland geflüchtet waren. Und die Fernsehmoderatorin Mona Schasly zum Beispiel wurde auf dem Tahrir-Platz von jubelnden Anhängern begrüßt, die sie klatschend als 'Stimme des freien Ägyptens' feierten und musste wenig später vor Demonstranten fliehen, die sie als Verräterin brandmarkten und mit Steinen bewarfen."
Wie schnell Revolutionäre vergessen werden, beschreibt Udo Scheer in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Erich Loest zum Beispiel.
"Andernorts von Dresden bis Hamburg hochwillkommen, wird Leipzigs Ehrenbürger Loest im großen zwanzigsten Revolutionsfeierjahr zu nicht einer Lesung oder Diskussion in der Stadt gebeten."
Der 85-Jährige hat jetzt ein Tagebuch veröffentlicht: "Eingeladen, ihn vom August 2008 an zwei Jahre lang zu begleiten", so Scheer in der FR,
"waren wir bei Impulsgesprächen mit der Bundeskanzlerin und mit SPD-Spitzen, in anregenden Lesungen und kritischen Diskussionen, bei polarisierenden Interviews und Kommentaren und den für sich sprechenden Reaktionen von Redaktionen."
Aber auch als Opernliebhaber, Skatbruder und Fernsehfußballfan lerne man den Autor der "Nikolaikirche" kennen, der sich nun in einem ganz neuen Kampf, dem mit dem Alter befindet:
"Die Spanne zwischen dem 80. und 90. Geburtstag,"
so Loest,
"nenne ich ,Das Jahrzehnt des Teufels‘."