Von Gregor Sander

„DIE WELT“ ist zu Besuch am Lars-von-Trier-Set, „DIE ZEIT“ beschäftigt sich ausführlich mit Lew Tolstoj und Woody Allen.
„Vor 100 Jahren starb Lew Tolstoj. Er war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Aussteiger, Pazifist, Prophet, Anarchist und der erste Öko-Aristokrat“, schreibt Iris Radisch in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.

„Wir haben den Tolstoj, der der erste weltbekannte Aussteiger aus der modernen Zivilisation war, heute beinahe vergessen. Wir lesen Krieg und Frieden und Anna Karenina, doch seine ungezählten religions- und gesellschaftskritischen Schriften, die allein in der deutschen Ausgabe des Eugen Diederichs Verlags vierzehn Bände umfassen, sind nahezu unbekannt.“

Den technischen Fortschritt habe Tolstoi zeitlebens verachtet. „Wie sähe die Welt aus, wenn sie auf Tolstoj gehört hätte?“, fragt Radisch in der „ZEIT“.

„Vermutlich stiller, eintöniger, klimafreundlicher und gottesfürchtiger. In Stuttgart gäbe es keinen Bahnhof und in Gorleben keinen Atommüll. Es gäbe keine Autobahnen und keine Wagnerfestspiele. Es gäbe keine Schlachthäuser und keine Kurpackungen für mittellanges, blondes Haar.“

Wer jetzt aber denkt: „Das wäre doch ganz okay“, dem antwortet Iris Radisch: „Wir wären nicht mehr getrieben von Eigennutz und Geltungssucht, sondern von Wahrheitsliebe und Mitmenschlichkeit. Mit anderen Worten: Wir würden die Welt, die auf Tolstoj gehört hätte, heute kaum ertragen.“

Schuster bleib bei deinen Leisten also, auch wenn du Schriftsteller bist. Das könnte dann ja auch für Peter Handke gelten, der für seine politischen Äußerungen zu Serbien viel Kritik erntete. Nun hat er wieder ein Buch geschrieben. „Immer noch Sturm“ heißt es, und Thomas Steinfeld beschreibt es in der „SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG“ so:

„Es geht um Tito und die Partisanen, um Gebirgsjäger und Granaten und vor allem um die Entstehung (und den Verlust) Jugoslawiens. Und eher, als dass Peter Handke seinen Erinnerungen eine Bühne setzte oder ihnen gar eine Ordnung, eine chronologische Fügung gäbe, behandelt er sie als das, was sie sind: Erinnerungen eben, manchmal fast deutliche, zuweilen nebelhafte Gebilde, Träumen ähnlicher als der historischen Gewissheit.“

Ein Buch zwischen Roman und Theaterstück, und wer jetzt denkt: „Allerbester Handke also“, bekommt von Steinfeld in der „SZ“ Recht.

„Der Leser ist deswegen nicht traurig. Längst hat er die Partei des redlichen Erzählers ergriffen, will nicht nur wissen, wie es mit ihm und seinen Traumbildern weitergeht, sondern hat sich die Technik zu Eigen gemacht: Er hat gelernt, dass Erinnerungen mehr denn aus greifbaren Bildern aus Stimmungen bestehen. Peter Handke ist ihr Meister, und bald teilt man seine Vorbehalte gehen die historische Ordnung.“

Das ein guter Regisseur nicht auch ein guter Gastgeber sein muss, hat Peter Beddies erfahren. Für die Tageszeitung „DIE WELT“ besuchte er die Dreharbeiten zum neuen Lars-von-Trier-Film im schwedischen Trollhättan. Dort trifft er zwar lauter Weltstars, wie Kiefer Sutherland oder Charlotte Rampling, aber der Reporter erfährt eben nichts und bittet so von Trier:

„Wir sind nicht um die ganze Welt geflogen, aber immerhin aus Deutschland angereist, um etwas über Ihren Film zu erfahren.“

Lars von Trier antwortet:

„Ich war auch mal in Deutschland. Und zwar, um meinen letzten fucking Film zu machen. Da ist es nur recht, dass Sie hier herkommen.“

Und wer jetzt denkt: „Ganz schön zickig, diese Regisseure“, der sei an Woddy Allen erinnert. Der ist zwar neurotisch, aber nie zickig. Außerdem wird er am 1. Dezember 75, und in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ schreiben sieben Autoren über ihre Lieblings-Allen-Filme. Katja Nicodemus hat sich „Der Stadtneurotiker“ ausgesucht.

„Die Beziehung, das sind Alvy Singer und Annie Hall, in der Wirklichkeit von 1977 das Liebespaar Woody Allen und Diane Keaton. Man muss sich nur das erste Leinwand-Rendezvous der beiden anschauen, zwischen Wolkenkratzern, warmem Weißwein und verlegenem Geschwafel. Mit seinem Blick verliebt man sich in die versponnene Annie, trotz ihrer Hüte und Krawatten. Mit ihrem Blick verliebt man sich in den jüdischen Komiker, der uns ständig mitteilt, dass er eine Therapie macht (aber erst seit 15 Jahren).“

Und wie sagt dieser Alvy Singer doch so schön: „Was wollen Sie? Man will doch, dass es wenigstens in der Kunst positiv ausgeht.“