Von Gregor Sander
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit der Energiepolitik, mit dem E-Book und mit dem 60. Geburtstag der Musikerin Annette Humpe.
Hanno Rauterberg ist sauer und das aus ästhetischen Gründen. Schluss mit dem Dämmwahn!, ruft er der Bundesregierung aus dem Feuilleton der Wochenzeitung DIE ZEIT entgegen. Bis 2050 sollen alle Häuser energiedicht gemacht werden. Für Rauterberg das Ende anspruchsvoller Architektur. "Schon heute leiden viele Menschen darunter, dass ihre Dörfer und Städte so gestaltlos und hässlich sind. Künftig werden sie wohl nur noch mit extradicken Sonnenbrillen die Strasse betreten, um den Anblick ertragen zu können. Ähnlich wie die Energiesparlampen ihre Gefühlskälte in den Wohnungen verströmen, verbreitet die Dammstoffästhetik eine Atmosphäre, in der alles Lebendige zu verkümmern scheint." Besonders für die Backsteinarchitektur in Norddeutschland sieht Rauterberg schwarz. "Selbstverständlich interessiert sich die Dammstoffindustrie nicht für solche Subtilitäten. Sie begräbt das Klinkerspiel unter ihren Plastikplatten und klebt bestenfalls noch ein paar Backsteintapeten davor, Riemchen genannt. Doch Riemchen glänzen nicht, changieren nicht. Alles, was unregelmäßig war, wird regelhaft und öde."
Auch Energieeinsparungen durch das Dämmen von bis zu 80 Prozent sind Rauterberg in der ZEIT schnurz-piepe, und er stellt die berechtigte Frage: Was wird eigentlich aus dem ganzen Styropor, wenn es ausgedämmt hat? "Ab damit auf eine alpenhohe Öko-Sondermüllhalde? Weder im Umwelt- noch im Bauministerium ist mehr über die Langzeitfolgen der Dämmtechnik zu erfahren."
Ein Müllproblem ganz anderer Art hat Jörg Häntzschel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG entdeckt. Der Online-Händler Amazon veröffentlicht die Markierungen, die seine Kunden im E-Book Kindle (Kinndl) machen. Unterstreichen drei Leser die gleichen Textzeilen im virtuellen Buch, wird dies unter "Popular Highlights" auf der Amazon-Website vermerkt. "Doch damit nicht genug: Der Kindle zeigt die häufig von anderen markierten Stellen in den E-Books bereits als markiert an."
Das heißt, das frisch aufs Lesegerät geladene Buch enthält schon die Spuren anderer Leser. Ein grauenhafter Gedanke, mit dem sich Joachim Häntzschel in der SZ nicht anfreunden will. Er unterstellt Amazon zukünftig noch ganz andere Verknüpfungsinteressen. "Irgendein Produkt, für das ich mich interessieren könnte, werden die Amazon-Algorithmen aus den Passagen, die ich etwa in Jonathan Franzens "Freedom" anstreiche, schon finden. Vielleicht eine kritische Auseinandersetzung mit der Bush-Präsidentschaft? Oder ein Vogelbestimmungsbuch?"
Da wünscht man sich doch die gute alte Zeit zurück, in der Bücher noch aus Papier waren und Musik handgemacht. Dass diese Zeit schon eine Weile her ist, kann man am 60. Geburtstag von Annette Humpe sehen. Von "Ideal" bis "Ich und Ich" – scheinbar mühelos scheint sie musikalisch mit der Zeit gegangen zu sein. Staunend gratuliert die TAZ, der so jung gebliebenen Jubilarin, die freimütig bekennt: "Ich freue mich, auf der Geburtstagsparty meine Leute zu sehen, aber die Zahl 60 ist natürlich voll für’n Arsch - schwer unsexy. Aber jetzt ist es zu spät, um jung zu sterben."
Wie die Geburtstagsparty der Musikerin aussehen wird, deren "Blaue Augen" eine ganze Generation ganz sentimental machten, verrät uns Nana Heymann im Berliner TAGESSPIEGEL. "Es wird Geschenkverbot herrschen. Nicht mal Blumen sind erlaubt. Es sollen keine Reden gehalten werden, darauf besteht die Jubilarin, und Glückwünsche will sie auch nicht in Empfang nehmen. Allein die Vorstellung: grau-en-haft."
Dafür wird es ein Album mit neuen alten Liedern geben. Die Band Selig singt die "Blauen Augen" und Klee haben "Monotonie" neu aufgenommen. Und die fünf Jahre jüngere Inga Humpe hat sich für ihre Schwester Annette den Song "Berlin" noch einmal vorgenommen. Der klingt jetzt so: "Der Sound ist fett, der Beat fährt ein, ich tanz mit den Schwulen in den Morgen rein und freu mich, dass ich grad hier oben bin / Ich fühl mich gut, ich steh auf Berlin."
Der Club von dem Inga Humpe da singt ist vermutlich wärmegedämmt. Vorschriftsmäßig.
Auch Energieeinsparungen durch das Dämmen von bis zu 80 Prozent sind Rauterberg in der ZEIT schnurz-piepe, und er stellt die berechtigte Frage: Was wird eigentlich aus dem ganzen Styropor, wenn es ausgedämmt hat? "Ab damit auf eine alpenhohe Öko-Sondermüllhalde? Weder im Umwelt- noch im Bauministerium ist mehr über die Langzeitfolgen der Dämmtechnik zu erfahren."
Ein Müllproblem ganz anderer Art hat Jörg Häntzschel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG entdeckt. Der Online-Händler Amazon veröffentlicht die Markierungen, die seine Kunden im E-Book Kindle (Kinndl) machen. Unterstreichen drei Leser die gleichen Textzeilen im virtuellen Buch, wird dies unter "Popular Highlights" auf der Amazon-Website vermerkt. "Doch damit nicht genug: Der Kindle zeigt die häufig von anderen markierten Stellen in den E-Books bereits als markiert an."
Das heißt, das frisch aufs Lesegerät geladene Buch enthält schon die Spuren anderer Leser. Ein grauenhafter Gedanke, mit dem sich Joachim Häntzschel in der SZ nicht anfreunden will. Er unterstellt Amazon zukünftig noch ganz andere Verknüpfungsinteressen. "Irgendein Produkt, für das ich mich interessieren könnte, werden die Amazon-Algorithmen aus den Passagen, die ich etwa in Jonathan Franzens "Freedom" anstreiche, schon finden. Vielleicht eine kritische Auseinandersetzung mit der Bush-Präsidentschaft? Oder ein Vogelbestimmungsbuch?"
Da wünscht man sich doch die gute alte Zeit zurück, in der Bücher noch aus Papier waren und Musik handgemacht. Dass diese Zeit schon eine Weile her ist, kann man am 60. Geburtstag von Annette Humpe sehen. Von "Ideal" bis "Ich und Ich" – scheinbar mühelos scheint sie musikalisch mit der Zeit gegangen zu sein. Staunend gratuliert die TAZ, der so jung gebliebenen Jubilarin, die freimütig bekennt: "Ich freue mich, auf der Geburtstagsparty meine Leute zu sehen, aber die Zahl 60 ist natürlich voll für’n Arsch - schwer unsexy. Aber jetzt ist es zu spät, um jung zu sterben."
Wie die Geburtstagsparty der Musikerin aussehen wird, deren "Blaue Augen" eine ganze Generation ganz sentimental machten, verrät uns Nana Heymann im Berliner TAGESSPIEGEL. "Es wird Geschenkverbot herrschen. Nicht mal Blumen sind erlaubt. Es sollen keine Reden gehalten werden, darauf besteht die Jubilarin, und Glückwünsche will sie auch nicht in Empfang nehmen. Allein die Vorstellung: grau-en-haft."
Dafür wird es ein Album mit neuen alten Liedern geben. Die Band Selig singt die "Blauen Augen" und Klee haben "Monotonie" neu aufgenommen. Und die fünf Jahre jüngere Inga Humpe hat sich für ihre Schwester Annette den Song "Berlin" noch einmal vorgenommen. Der klingt jetzt so: "Der Sound ist fett, der Beat fährt ein, ich tanz mit den Schwulen in den Morgen rein und freu mich, dass ich grad hier oben bin / Ich fühl mich gut, ich steh auf Berlin."
Der Club von dem Inga Humpe da singt ist vermutlich wärmegedämmt. Vorschriftsmäßig.