Von Gregor Sander

In der "Zeit" schreibt der Schriftsteller Martin Walser über seine Liebe Heinrich Heines Literatur. Der "Tagesspiegel" bespricht das neue Buch der Rocksängerin Patti Smith. Und die "Frankfurter Rundschau" unterstützt Günter Grass, der sich mit dem Bundesnachrichtendienst anlegt.
"Es ist eine der schönsten Wirkungen der Literatur, dass man sich selbst als einen Liebenden erleben kann", schreibt Martin Walser in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Seine Liebe bezieht sich in diesem Fall ganz auf Heinrich Heine und der Altmeister vom Bodensee erklärt, wie es dazu kam.

"Heine, das war bei mir der ganze Sommer 1945. Da gab es fast nur Heine. Und hätte es nicht auch noch Faulkner mit dem Licht im August gegeben, dann wäre es ein reiner Heine-Sommer gewesen. Heute glaube ich zu wissen, warum er so eingeschlagen hat bei mir. Es heißt nichts gegen Hölderlin, Schiller und George, dass ich durch Heine erleben durfte, Dichtung müsse nicht feierlich sein, um infrage zu kommen. Dass einer 'Dilemma' auf 'Emma' reimt und seinen Anspruch kein bisschen ermäßigt, das hat mich erobert", schreibt Martin Walser in der ZEIT.

Der Liebe verdanken wir auch, dass Patti Smith ein Buch geschrieben hat. Ihrer Liebe zu Robert Mapplethorpe. "Just Kids" heißt das Werk der Rockmusikerin, und es beschreibt das schöne und - ob der Homosexualität Mapplethorpes - später schwierige Verhältnis. Beide hatten einen Hang zu Perlen, Devotionalien und Heiligenbildchen und Nadine Lange schreibt dazu im Berliner TAGESSPIEGEL:

"Und so spielt Krimskrams eine prominente Nebenrolle in 'Just Kids', Patti Smiths Erinnerungen an ihre Zeit mit dem damals noch unbekannten Künstler. Sie hatte ihm, als er 1989 im Sterben lag, versprochen, ihre gemeinsame Geschichte aufzuschreiben."

Das Einlösen dieses Versprechens sei Patti Smith eindrucksvoll und sehr berührend gelungen, schwärmt Nadine Lange und:

"Neben einer Künstler-Biografie ist 'Just Kids' auch das Porträt einer kreativen Blütezeit New Yorks. Patti Smith fängt die freundschaftlich-fiebrige Atmosphäre in Greenwich Village ganz beiläufig mit ein, genau wie die langsame Verlagerung der Szene in die Lower East Side, wo sie im neuen Club CBGB’s die ersten Auftritte mit ihrer Band hat."


Im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG empört sich Patti Smith: "Das CBGBs ist jetzt eine Boutique für Herrenmode! Wir sind ein junges Land, wir könnten es uns nicht erlauben, unsere Geschichte mit Glas und Stahl wegzuwischen."

Smiths Lehre aus der wilden Zeit im New York der 70er-Jahre sieht so aus: "Wer nicht hart arbeitet, wird es nie zu etwas bringen. Dass Warhol nur mit Rumstehen Warhol wurde, ist ein Mythos. Er hat hart gearbeitet. Und die Leute um ihn, die verwöhnten Kinder und die Junkies: Sie arbeiteten und arbeiteten und arbeiteten."

Dass sich neben der Staatssicherheit auch der Bundesnachrichtendienst an ihm abgearbeitet hat, vermutet Günther Grass schon seit langem. In einem Brief forderte der Nobelpreisträger nun die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger auf, ihm Akteneinsicht zu gewähren. Andreas Förster unterstütz ihn dabei in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Es wäre nicht nur für Grass interessant, sondern auch für die Öffentlichkeit in West und Ost. Wir bekämen endlich ein Gesamtbild der Lage, wenn auch auf dem empfindlichen Gebiet der Geheimdienste zusammenwachsen könnte, was doch eindeutig zusammengehört."

Dass die Mächtigen Autoren bespitzeln, ist nicht neu. Dass sie selber Romane schreiben, schon. Christian Esch beschreibt in der BERLINER ZEITUNG diesen Fall aus Russland:

"Es ist ein düster-überdrehter, ironischer, mit Zitaten vollgestopfter postmoderner Text, der ein wenig an Viktor Pelewin erinnert. Die literarische Öffentlichkeit hat sich wie elektrisiert auf diesen Text gestürzt - aus einem einzigen Grund. Sie geht davon aus, dass hinter dem Pseudonym Dubowizki ebenjener stellvertretende Chef der Präsidialverwaltung steckt, den sie verabscheut und bewundert."

"Nahe Null" heißt der Roman und Wladislaw Surkow der stellvertretende Chef der Präsidialverwaltung. Christian Esch nennt ihn den "Verfasser jenes Drehbuchs, nach dem in Russland Demokratie gespielt wird".

Der Berlin Verlag war sich nicht zu schade, das Buch, das als Gangsta Fiction beschrieben wird, zu veröffentlichen. "Der Autor, so hat man in Erfahrung gebracht, sei für Lesungen nicht zu haben."