Von Gregor Sander
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem Buch "Axolotl Roadkill" von Helene Hegemann und den damit verbundenen Plagiatsvorwürfen sowie mit der Berlinale.
Es gibt Geschichten, die nehmen kein Ende. Die Berichterstattung über das Buch "Axolotl Roadkill" von Helene Hegemann ist so eine Geschichte. Eine Siebzehnjährige schreibt einen Roman, in dem es um das Erwachsenwerden geht, um Sex und Drogen. Sie hat dabei wohl etwas abgeschrieben, und es gibt ein paar schöne und ein paar missglückte Sätze in diesem Buch. Das wäre es eigentlich. Doch staunend sehen wir, dass die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG noch einmal die erste Seite ihres Feuilletons frei geräumt hat und sich in gleich zwei Artikeln mit Hegemann befasst. Thomas Steinfeld berichtet über: Triumph der Erfahrungslosigkeit: Der unheimliche Erfolg von Helene Hegemanns Debütroman und direkt daneben lesen wir bei Bernd Graff: Von Bricolage bis Mashup – der Streit um Hegemanns Kulturtechnik des Zitats. In der Wochenzeitung DIE ZEIT fragt Ijoma Mangold: "Helene Hegemann hat für ihren Roman abgeschrieben. Und?"
"Ja und?", fragen wir zurück, drehen den Scheinwerfer in eine andere Richtung und beleuchten die Berlinale, die dieses Jahr ihren 60. Geburtstag feiert. In der ZEIT schreibt der Regisseur Andreas Dresen eine Hommage für den Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase. Der erhält einen Ehrenbären für sein Lebenswerk, für Filme wie "Solo Sunny" oder "Sommer vorm Balkon". Letzteren hat er mit Andreas Dresen gemacht, und der beschreibt das Lesen des Drehbuchs damals folgendermaßen: "Es sind gerade mal 30 Seiten, die ich in den Händen halte. Da schreibt einer von den Schwierigkeiten, den richtigen Menschen zu finden, von Einsamkeit und Alter, von erster Liebe und erstem Schmerz, vom Absturz und vom Aufgefangen werden. Vom ganzen Leben in einem halben Sommer. Er schreibt es so, dass man lachen muss, obwohl es ziemlich traurig ist. Es ist nicht das große, konstruierte Drama, das hier stattfindet, es sind all die banalen, kleinen, traurigen, lustigen Geschichten, die Alltag bedeuten. Es sind 30 Seiten, auf denen viel mehr steht als in manch dickem Roman."
Drei Seiten Berlinale gibt es im Berliner TAGESSPIEGEL, der uns unter anderem Cornelia Froboess als Mitglied der Jury beschreibt. Wer mit der 66-Jährigen nur Schlager wie "Pack die Badehose ein" oder "Zwei kleine Italiener" verbindet, dem erklärt Peter von Becker: "Cornelia Froboess’ Karriere zeigt als Ablösung von der glatten Ufa-deutschen Unterhaltungssentimentalität in manchem eine Parallele zum Weg von Romy Schneider. Wobei Romy die Sissi in sich mit abruptem Schmerz und Wut bekämpft hat, während Cornelia den Bruch mit "der Conny" als eher beiläufig selbstständigen Übergang, als sanft beschleunigte Entwicklung empfand."
Mit Jean Renoir habe sie gedreht und in Rainer Werner Fassbinders "Die Sehnsucht der Veronika Voss", war sie als Henriette, die Freundin des Sportreporters Krohn (Hilmar Thate), ein Gesicht,
das sich tiefer einprägte.
Mit Fassbinder hätte Cornelia Froboess gern mehr gedreht, und wir hätten das gern gesehen. Stattdessen nehmen wir aus deutscher Sicht mit Oscar Roehler vorlieb. Dessen Berlinalebeitrag verspricht Christoph Egger in der NEUEN ZÜRICHER ZEITUNG viel Licht: "Von den beiden deutschen Wettbewerbsbeiträgen wird sich zweifellos Oskar Roehlers "Jud Süss – Film ohne Gewissen" nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen können. Tobias Moretti verkörpert darin "Aufstieg und Fall des Schauspielers Ferdinand Marian, dem die Übernahme der Titelrolle im nationalsozialistischen Propagandafilm ‚Jud Süss’ zum Verhängnis wurde"."
Den ganzen Wettbewerb fasst uns Daniel Kothenschulte in der FRANKFURTER RUNDSCHAU freundlicherweise so zusammen: "Was kann es also Spannenderes geben als eine Geburtstags-Berlinale, die von Caligari über Jud Süss zu Hitler führt und von der chinesischen Taiwan-Politik in Tony Blairs Kleiderschrank?"
Und das Ende unserer Geschichte? Das schreiben wir heute auch einfach ab. Beim Ehrenbärenpreisträger Wolfgang Kohlhaase. Aus dessen Drehbuch "Solo Sunny" zitiert von Andreas Dresen in der ZEIT: "Die Schlagersängerin Sunny schmeißt einen Liebhaber morgens mit den Worten raus: "Is’ ohne Frühstück." Und als er mault, fügt sie hinzu: "Is’ auch ohne Diskussion.""
"Ja und?", fragen wir zurück, drehen den Scheinwerfer in eine andere Richtung und beleuchten die Berlinale, die dieses Jahr ihren 60. Geburtstag feiert. In der ZEIT schreibt der Regisseur Andreas Dresen eine Hommage für den Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase. Der erhält einen Ehrenbären für sein Lebenswerk, für Filme wie "Solo Sunny" oder "Sommer vorm Balkon". Letzteren hat er mit Andreas Dresen gemacht, und der beschreibt das Lesen des Drehbuchs damals folgendermaßen: "Es sind gerade mal 30 Seiten, die ich in den Händen halte. Da schreibt einer von den Schwierigkeiten, den richtigen Menschen zu finden, von Einsamkeit und Alter, von erster Liebe und erstem Schmerz, vom Absturz und vom Aufgefangen werden. Vom ganzen Leben in einem halben Sommer. Er schreibt es so, dass man lachen muss, obwohl es ziemlich traurig ist. Es ist nicht das große, konstruierte Drama, das hier stattfindet, es sind all die banalen, kleinen, traurigen, lustigen Geschichten, die Alltag bedeuten. Es sind 30 Seiten, auf denen viel mehr steht als in manch dickem Roman."
Drei Seiten Berlinale gibt es im Berliner TAGESSPIEGEL, der uns unter anderem Cornelia Froboess als Mitglied der Jury beschreibt. Wer mit der 66-Jährigen nur Schlager wie "Pack die Badehose ein" oder "Zwei kleine Italiener" verbindet, dem erklärt Peter von Becker: "Cornelia Froboess’ Karriere zeigt als Ablösung von der glatten Ufa-deutschen Unterhaltungssentimentalität in manchem eine Parallele zum Weg von Romy Schneider. Wobei Romy die Sissi in sich mit abruptem Schmerz und Wut bekämpft hat, während Cornelia den Bruch mit "der Conny" als eher beiläufig selbstständigen Übergang, als sanft beschleunigte Entwicklung empfand."
Mit Jean Renoir habe sie gedreht und in Rainer Werner Fassbinders "Die Sehnsucht der Veronika Voss", war sie als Henriette, die Freundin des Sportreporters Krohn (Hilmar Thate), ein Gesicht,
das sich tiefer einprägte.
Mit Fassbinder hätte Cornelia Froboess gern mehr gedreht, und wir hätten das gern gesehen. Stattdessen nehmen wir aus deutscher Sicht mit Oscar Roehler vorlieb. Dessen Berlinalebeitrag verspricht Christoph Egger in der NEUEN ZÜRICHER ZEITUNG viel Licht: "Von den beiden deutschen Wettbewerbsbeiträgen wird sich zweifellos Oskar Roehlers "Jud Süss – Film ohne Gewissen" nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen können. Tobias Moretti verkörpert darin "Aufstieg und Fall des Schauspielers Ferdinand Marian, dem die Übernahme der Titelrolle im nationalsozialistischen Propagandafilm ‚Jud Süss’ zum Verhängnis wurde"."
Den ganzen Wettbewerb fasst uns Daniel Kothenschulte in der FRANKFURTER RUNDSCHAU freundlicherweise so zusammen: "Was kann es also Spannenderes geben als eine Geburtstags-Berlinale, die von Caligari über Jud Süss zu Hitler führt und von der chinesischen Taiwan-Politik in Tony Blairs Kleiderschrank?"
Und das Ende unserer Geschichte? Das schreiben wir heute auch einfach ab. Beim Ehrenbärenpreisträger Wolfgang Kohlhaase. Aus dessen Drehbuch "Solo Sunny" zitiert von Andreas Dresen in der ZEIT: "Die Schlagersängerin Sunny schmeißt einen Liebhaber morgens mit den Worten raus: "Is’ ohne Frühstück." Und als er mault, fügt sie hinzu: "Is’ auch ohne Diskussion.""