Von Gregor Sander

Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem 150. Todestag von Wilhelm Grimm, mit Stanley Kubricks geplanter Verfilmung von Napoleons Leben und mit dem Film "Der Solist".
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem 150. Todestag von Wilhelm Grimm, mit Stanley Kubricks geplanter Verfilmung von Napoleons Leben und mit dem Film "Der Solist".

In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebten zwei Brüder und sammelten deutsche Märchen. Den 150. Todestag des einen, nämlich Wilhelm Grimm, nutzt die Wochenzeitung DIE ZEIT für einen Märchenschwerpunkt. Und Ulrich Greiner erzählt uns, dass das, was die Gebrüder Grimm da zusammentrugen, gar nicht so deutsch war. "Jedenfalls haben scheinbar urdeutsche Märchen wie Dornröschen, Der gestiefelte Kater, Rotkäppchen, Aschenputtel oder Hänsel und Gretel allesamt französische Vorbilder. Was wiederum nicht heißt, sie wären »urfranzösisch«. Die Überlieferungswege liegen meist im Dunklen, manche führen zurück bis in die Antike, andere nach Persien, von da nach Indien."
Wilhelm Grimm und sein Bruder Jakob haben, so Greiner, den gesammelten Stoff hauptsächlich literarisiert. "Ihre Sprache ist schlanker und poetischer, sie fingiert Volkstümlichkeit, sie ist angereichert mit den Alltagsweisheiten und Redewendungen ihrer Herkunft, etwa mit dem hessischen ‚Ei, freilich’."

In dieser märchenhaften Ausgabe der ZEIT erklärt uns außerdem Evelyn Finger: "Das Märchen mag naiv sein, weil es an die Moral appelliert, aber es ist auch subversiv, weil es die Veränderbarkeit der Welt predigt."

An die glauben wir auch, und so machen wir uns auf den Weg um weitere Märchen zu finden. Märchen in der Welt der Feuilletons. Vor langer, langer Zeit wollte etwa Stanley Kubrick das Leben von Napoleon verfilmen. Leider ist dieses Projekt nie realisiert worden, und der Meister eben auch schon zehn Jahre tot. Was kann man da noch machen?

Ein Buch über das Projekt wie die TAZ zu berichten weiß. Sven von Reden hat sich "Stanley Kubrick - The Napoleon Film: The greatest movie never made" vom Taschen Verlag angesehen und ist begeistert: "Der Taschen-Foliant entpuppt sich beim Aufschlagen als eine Art Schatztruhe. Im ausgehöhlten Inneren verbergen sich zehn kleinere Bücher und Hefte, darunter auch das komplette Drehbuch und natürlich ein Sammelband, in dem verschiedene Experten und Beteiligte über das Filmprojekt schreiben."

Wenn wir den Film also schon nicht zu sehen bekommen, so können wir ihn uns wenigstens vorstellen und erfahren ganz nebenbei, wie der furchtlose Kubrick plante den bösen Kostendrachen zu bezwingen: "Er stand schon in Verhandlung mit der rumänischen und der jugoslawischen Armee, die 30.000 Soldaten bereitgestellt hätten für zwei beziehungsweise vier Dollar am Tag pro Mann. Statt echter Stoffkostüme für 40 Dollar pro Stück wollte er Papierkostüme für ein bis vier Dollar in Auftrag geben."

Allein es nützte alles nichts, und ein glückliches Ende blieb dem Projekt versagt. Doch was lesen wir denn da von Daniel Kothenschulte in der FRANKFURTER RUNDSCHAU? "Der Kolumnist einer Tageszeitung(Robert Downey, Jr.) entdeckt in einem fiedelnden Obdachlosen einen gescheiterten Musikstudenten. Durch die täglichen Berichte zu einer Berühmtheit von Los Angeles geworden, nutzt er bald ein gespendetes Cello edelster Herkunft und kostenlosen Meisterunterricht." Das klingt doch wahrhaft märchenhaft. "Der Solist" heißt der Film von dem die Rede ist, und der hat der FRANKFURTER RUNDSCHAU nicht gefallen. Weshalb wir lieber zur SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wechseln, die den Obdachlosen ins Zentrum ihrer Berichterstattung stellt, nach dessen Leben dieser Film gedreht wurde. "Nathaniel Ayers leidet an unheilbarer Schizophrenie. Seit seiner Kindheit kann er seine Gedanken nicht ordnen und bei den Bildern in seinem Kopf nicht zwischen Wahnvorstellung und Wirklichkeit trennen. Kein Medikament, keine Therapie konnten ihm Linderung verschaffen, keine Institution konnte ihn halten - immer wieder floh er auf die Straße. Aber das ist nur ein Teil seiner Persönlichkeit – denn er ist auch Musiker. Hochtalentiert, multi-instrumental begabt." Im Film wird Ayers von Oscarpreisträger Jamie Foxx dargestellt. Heilen wird ihn das alles nicht, doch immerhin resümiert der fast 60-Jährige während der Dreharbeiten: "Ich bin noch nie in meinem Leben so nett behandelt worden." Das ist nicht viel. Doch immerhin etwas und muss uns als "veränderte Welt" für heute reichen.