Von Gregor Sander

Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem UNO-Umweltgipfel in Kopenhagen, mit einem Fotoband von Mitch Epstein und mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx.
Ich bin das Problem, bekennt Harald Welzer in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Je kaputter die Umwelt, umso größer mein Wagen. bilanziert er, und Welzer ist immerhin Professor für Sozialpsychologie an der Universität Witten/Herdecke und der Autor von Büchern die Titel tragen wie: Das Ende der Welt, wie wir sie kannten: Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie.

Dieses Bekenntniss des selbsternannten Autoholikers Welzer erinnert uns natürlich an uns selbst, die wir ja gern Energiesparlampen benutzen würden, wenn deren Licht nicht so hässlich wäre. Und auch das umweltschädliche Billigfliegen würden wir sein lassen, wenn es - nun ja - nicht so einfach und billig wäre. Dem Professor geht es genauso. "Die klimatische Großgefahr, die Oiloholiker-Gesellschaften wie die unsere eingehen, um an ihren Stoff zu kommen, steht für mich völlig außer Frage, aber nichts davon hat mich bis jetzt dazu bringen können, meine Autos abzuschaffen," betont er in der ZEIT.

Leider verrät er uns nicht mit welchen Benzinschleudern er denn heute so durch die Gegend fährt. Stattdessen erklärt er, warum es uns allen so schwer fällt ökologisch vernünftig zu leben. Dabei ist ja noch denkbar, die materiellen Infrastrukturen zu verändern, was aber besonders schwer vorstellbar ist, ist der Umbau der mentalen Infrastrukturen.

Der Klimagipfel nächste Woche in Kopenhagen wirft also seine Schatten auf die Feuilletons voraus, und so betont die Schriftstellerin Margaret Atwood ebenfalls in der ZEIT: "Wir sind süchtig nach Öl und stehen ohne ziemlich hilflos da." Auch Atwood sieht den Fehler in uns allen. "Solange Energiesparen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, machen die meisten Menschen nicht mit. Wieso Opfer bringen, wenn andere es nicht tun?"

Einen anderen Ton schlägt da schon Naomi Klein in der FRANKFURTER RUNDSCHAU an. Die Kanadierin veröffentlichte im Jahr 2000 den Bestseller "No Logo" und ist sich heute sicher: "Wäre das Klima eine Bank, wäre es längst gerettet worden." Klein spricht den Einzelnen zwar nicht frei, dafür aber das System schuldig: "Denn das Klima," so schreibt sie in der FR, "wandelt sich nicht nur wegen konkreter Umweltsünden, sondern auch wegen der zugrunde liegenden kapitalistischen Denkweise, die kurzfristigen Profit und ständiges Wachstum als die höchsten Werte erachtet." Hoffnung sieht sie in den Globalisierungskritikern, die laut Klein erwachsen geworden sind und in Kopenhagen neben zivilen Ungehorsam altbekannte Lösungen für den Klimaschutz anbieten wollen: von lokaler, nachhaltiger Landwirtschaft über kleinere, dezentralisierte Energieprojekte bis zur Erlassung von Auslandsschulden.

Mitch Epstein hat sich fotografisch mit der Gier nach Energie auseinander gesetzt. Petra Steinberger hat seinen Fotoband "American Power" für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG betrachtet und ist dort zu der erstaunlichen Erkenntnis gekommen: "Was einst als harmlos gegolten hätte – das Fotografieren von Kohleminen, von Ölfeldern, Fabrikschloten, Atomkraftwerken, Staudämmen und Pipelines, ist jetzt verdächtig. "Wären Sie ein Moslem, hätte ich Ihnen Handschellen angelegt und Sie zum Verhör mitgenommen"," sagt der FBI-Beamte zum Fotografen Mitch Epstein, als dieser die Orte amerikanischer Energiegewinnung dokumentieren will.
Wir würden uns etwas Licht in dieses Dunkel der klimatischen Weltprobleme wünschen und sei es auch das einer Energiesparlampe.

Bei der NEUEN ZÜRICHER ZEITUNG werden wir fündig. Eine geballte Ladung Zuversicht hat der Zukunftsforscher Matthias Horx in der Aula der Universität der Schweizer Hauptstadt verbreitet. Einigermaßen perplex fasst Dorothee Vögeli für die NZZ zusammen. "Die Gründe für die negative Wahrnehmung der Welt sieht Horx zunächst im christlich geprägten Bild der friedlichen, aber vom bösen Menschen zerstörten Natur." Also nicht wir sind schuld, sondern unsere Wahrnehmung? Und die Klimaerwärmung? Auch da gibt Horx Entwarnung. Denn so sein Fazit in Zürich: "Heute leben wir in einer Kaltzeit, die durch den Menschen etwas wärmer wird."

Das klingt zwar einigermaßen unwahrscheinlich, ist aber eine sehr schöne Vorstellung.