Von Gregor Sander
Dass Familienministerin Kristina Schröder die Grimmschen Märchen politisch korrekt abändert, trägt ihr Häme ein. Im Streit um den Suhrkamp Verlag mehren sich nach den ersten aufgeregten Kommentaren nun die Stimmen, die zu mehr Besonnenheit raten.
Am Donnerstag vor 200 Jahren erschienen die "Kinder- und Hausmärchen" der Gebrüder Grimm zum ersten Mal. Familienministerin Kristina Schröder hat in der Wochenzeitung DIE ZEIT bekannt, die Grimmschen Märchen für politisch unkorrekt zu halten und sie deshalb für ihre Tochter ein wenig umzuformulieren. Dafür kriegt sie nun ihr Fett weg. Tilmann Speckelsen schreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Einen Abend bei Schröders kann man sich so vorstellen: Eine Geschichte wird erzählt, es geht um ein Mädchen, das in einer Patchworkfamilie lebt und Ärger mit Papas neuer Frau hat. Das Mädchen findet Asyl in einer Wohngemeinschaft von Kleinwüchsigen, erleidet einen allergischen Schock beim Apfelessen und wird in letzter Sekunde gerettet."
Anna Klöpper lästert in der TAZ:
"Kristina Schröder übersetzt bloß synchron. Aber trotzdem darf man ruhig mal aufhören, die Kinder ständig zu unterschätzen. Tumbe Prinzessinnen und Comics aus der Kolonialzeit ('Tim und Struppi im Kongo') allein machen Kinder kaum zu kleinen Rassisten. Bücher sind ein Teil, aus dem sich Kinder ihre Welt zusammenbasteln."
Der Streit um den Suhrkamp Verlag wirkt auch wie ein Grimmsches Märchen, wobei schnell klar war, wer hier Rotkäppchen ist und wer der böse Wolf. Der Minderheitsgesellschafter Hans Barlach wurde von Peter Handke zuletzt sogar als "Abgrundböser" bezeichnet. Am Mittwoch legte das Berliner Landgericht seine Urteilsbegründung vor und die Töne werden ausgewogener. So schreibt Lothar Müller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Es war übel, wie vor Jahren Ulla Unseld-Berkéwicz in die Böse-Witwe- und Hexenmythologie eingesponnen wurde. Die Dämonisierung des Unternehmers Hans Barlach, die nun manche Suhrkamp-Autoren betreiben, ist nicht weniger von Klischees durchsetzt."
Auch Herausgeber Frank Schirrmacher betont in der FAZ:
"Dass der Investor Hans Barlach Rendite sehen will, ist sein gutes Recht und im Interesse der Autoren, die ihn jetzt dafür im Namen eines abstrakten Kulturbegriffs angreifen."
Aber Schirrmacher stellt auch klar:
"Den Suhrkamp-Verlag gäbe es schon lange nicht mehr, wenn Ulla Berkéwicz auf den Pflichtteil des Erbes bestanden hätte. Sie hatte nicht nur darauf verzichtet, sondern zudem einer Konstruktion zugestimmt, die ihre faktischen Besitzrechte an dem Verlag für alle Zeit auf die Stiftung übertragen."
Richard Kämmerlings benotet in der WELT die sich solidarisierenden Autoren:
"Dabei verfehlt die geschlossene Front von Solidaritätsadressen an die gerade abberufene Geschäftsführung unter Ulla Unseld-Berkéwicz das Thema. Es geht nicht um Wirtschaft, sondern um Verträge und Gesetze; es findet keine feindliche Übernahme statt, sondern ein Gesellschafterstreit."
Nach diesen trockenen Fakten gibt es jetzt noch ein bisschen Soulfood! Dabei handelt es sich, so lernen wir von Sylvia Prahl in der TAZ, um Folgendes: "Soulfood bezeichnet ursprünglich das Essen der armen schwarzen Bevölkerung im Süden der USA, die es verstand, aus Schlachtabfällen wie Schweinsohren oder Innereien, billigem Gemüse und Getreide prächtige und sättigende Gerichte zu zaubern."
Sven "Katmando" Christ, deutscher Koch und DJ, hat nun ein Soulfood-Kochbuch mit dazu passender CD herausgebracht. Aber gibt es denn bei uns auch alle Zutaten? Sylvia Prahl beruhigt in der TAZ:
"Schweinsfüße oder Eichhörnchen stehen hierzulande selten auf dem Speiseplan. Drum ist man froh über Alternativen. Das Eichhörnchen kann weiter im Hinterhof rumoren, stattdessen muss der Hase dran glauben, und anstelle des Alligators – laut Christ in gut sortierten Fachgeschäften tiefgefroren zu erwerben – kann Kalb geschmort werden, abgeschmeckt mit ein wenig Fischsoße.""
Wohl bekomm's!
"Einen Abend bei Schröders kann man sich so vorstellen: Eine Geschichte wird erzählt, es geht um ein Mädchen, das in einer Patchworkfamilie lebt und Ärger mit Papas neuer Frau hat. Das Mädchen findet Asyl in einer Wohngemeinschaft von Kleinwüchsigen, erleidet einen allergischen Schock beim Apfelessen und wird in letzter Sekunde gerettet."
Anna Klöpper lästert in der TAZ:
"Kristina Schröder übersetzt bloß synchron. Aber trotzdem darf man ruhig mal aufhören, die Kinder ständig zu unterschätzen. Tumbe Prinzessinnen und Comics aus der Kolonialzeit ('Tim und Struppi im Kongo') allein machen Kinder kaum zu kleinen Rassisten. Bücher sind ein Teil, aus dem sich Kinder ihre Welt zusammenbasteln."
Der Streit um den Suhrkamp Verlag wirkt auch wie ein Grimmsches Märchen, wobei schnell klar war, wer hier Rotkäppchen ist und wer der böse Wolf. Der Minderheitsgesellschafter Hans Barlach wurde von Peter Handke zuletzt sogar als "Abgrundböser" bezeichnet. Am Mittwoch legte das Berliner Landgericht seine Urteilsbegründung vor und die Töne werden ausgewogener. So schreibt Lothar Müller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Es war übel, wie vor Jahren Ulla Unseld-Berkéwicz in die Böse-Witwe- und Hexenmythologie eingesponnen wurde. Die Dämonisierung des Unternehmers Hans Barlach, die nun manche Suhrkamp-Autoren betreiben, ist nicht weniger von Klischees durchsetzt."
Auch Herausgeber Frank Schirrmacher betont in der FAZ:
"Dass der Investor Hans Barlach Rendite sehen will, ist sein gutes Recht und im Interesse der Autoren, die ihn jetzt dafür im Namen eines abstrakten Kulturbegriffs angreifen."
Aber Schirrmacher stellt auch klar:
"Den Suhrkamp-Verlag gäbe es schon lange nicht mehr, wenn Ulla Berkéwicz auf den Pflichtteil des Erbes bestanden hätte. Sie hatte nicht nur darauf verzichtet, sondern zudem einer Konstruktion zugestimmt, die ihre faktischen Besitzrechte an dem Verlag für alle Zeit auf die Stiftung übertragen."
Richard Kämmerlings benotet in der WELT die sich solidarisierenden Autoren:
"Dabei verfehlt die geschlossene Front von Solidaritätsadressen an die gerade abberufene Geschäftsführung unter Ulla Unseld-Berkéwicz das Thema. Es geht nicht um Wirtschaft, sondern um Verträge und Gesetze; es findet keine feindliche Übernahme statt, sondern ein Gesellschafterstreit."
Nach diesen trockenen Fakten gibt es jetzt noch ein bisschen Soulfood! Dabei handelt es sich, so lernen wir von Sylvia Prahl in der TAZ, um Folgendes: "Soulfood bezeichnet ursprünglich das Essen der armen schwarzen Bevölkerung im Süden der USA, die es verstand, aus Schlachtabfällen wie Schweinsohren oder Innereien, billigem Gemüse und Getreide prächtige und sättigende Gerichte zu zaubern."
Sven "Katmando" Christ, deutscher Koch und DJ, hat nun ein Soulfood-Kochbuch mit dazu passender CD herausgebracht. Aber gibt es denn bei uns auch alle Zutaten? Sylvia Prahl beruhigt in der TAZ:
"Schweinsfüße oder Eichhörnchen stehen hierzulande selten auf dem Speiseplan. Drum ist man froh über Alternativen. Das Eichhörnchen kann weiter im Hinterhof rumoren, stattdessen muss der Hase dran glauben, und anstelle des Alligators – laut Christ in gut sortierten Fachgeschäften tiefgefroren zu erwerben – kann Kalb geschmort werden, abgeschmeckt mit ein wenig Fischsoße.""
Wohl bekomm's!