Von Gregor Sander
Daniel Barenboims 70. Geburtstag, das mögliche Ende der "Frankfurter Rundschau" und der Kinostart von "Nemesis": das sind die Themen der heutigen Feuilletons.
"Dieses Ohr, es fühlt sehr deutsch."
Mit dieser merkwürdigen Zeile überschreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ihr Feuilleton. Das Ohr, um das es dabei geht, gehört Daniel Barenboim, der am Donnerstag 70 wird. Wolfgang Schreiber fasst dessen Lebenslauf in der SZ so zusammen:
"Der in Buenos Aires geborene, dort und in Israel aufgewachsene Dirigent und Pianist russischer Abstammung ist seit 1991 Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden, Vertrag bis 2022, dazu Dirigent der Staatskapelle Berlin mit ihrer alten Klangkultur. Musikchef der Mailänder Scala, Gründer und Leiter des hochsymbolischen, israelische und arabische Musiker vereinenden Jugendprojekts West-Eastern-Divan-Orchestra, mit dem er in der Welt gastiert.""
Aber was hat Barenboim nun an den Ohren? Wolfgang Schreiber versucht zu erklären:
"Sein musikalisches Ohr hört, es fühlt 'deutsch'. Das hat er früh in sich aufgenommen, das stand mal für Gründlichkeit, Gelehrsamkeit, Ernsthaftigkeit des Musizierens aus einer dichten und tiefen Klangvorstellung heraus, kaum vereinbar mit den Erfolgskriterien Perfektion oder Virtuosität."
Wesentlich lockerer gratuliert Manuel Brug in der WELT:
"Niemand sonst auf diesem Feld der Mimosen und Selbstdarsteller, der Introvertierten und Exaltierten, der Lampenfiebrigen und Über-Egos ist so unberechenbar und deshalb so besonders wie Daniel Barenboim. Er allein kann heute verzaubern und morgen nerven, verärgern und berühren, emporheben und kaltlassen."
Die insolvente FRANKFURTER RUNFSCHAU will sich neu erfinden. Das berichten Markus Ehrenberg und Kurt Sagatz im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Für die 'FR'-Belegschaft heißt es: Aufgeben gilt nicht – jedenfalls nicht so schnell. Die Mitarbeiter suchen nach dem Insolvenzantrag ihres Verlags 'mit allem Nachdruck Möglichkeiten, das Erscheinen des Blattes dauerhaft zu sichern'. Womöglich stellt ein Genossenschaftsmodell für das defizitäre Blatt nach dem Vorbild der 'taz' eine Alternative dar.""
Doch im TAGESSPIEGEL werden gleich mehrere Experten angeführt, die diese Möglichkeit bezweifeln:
"Der Leipziger Zeitungsforscher Michael Haller glaubt nicht an die Genossenschaftsidee. 'Die Rundschau' ist ein klassisch kalkuliertes Produkt. Als Genossenschaftszeitung wie die ,taz', die nahezu ohne Anzeigen auskommt, müsste die 'FR' den Abopreis massiv raufsetzen. Das ist selbst mit den treuen FR-Lesern nicht zu machen."
"Adieu, Frankfurter Rundschau!", überschreibt Ina Hartwig, bis 2007 Literaturkritikerin der FR, ihren Nachruf in der Wochenzeitung DIE ZEIT und bilanziert:
"Sicherlich hätten Fehler vermieden werden können. Überfällig war ein neues Layout gewesen. Die Maßnahmen aber, die schließlich zu ihrer Rettung ergriffen wurden – von der Einführung eines eher biederen Lifestylemagazins am Wochenende bis zur genickbrechenden Umstellung auf das Tabloid-Format –, waren allesamt zu brachial."
Das die Dinge ganz anders laufen können als gedacht, davon berichtet Peter Zander in der WELT:
"Noch nie war ein Kinostart so makaber wie Nicole Moslehs 'Nemesis'. Denn hier ist nicht nur Susanne Lothar zu erleben, die am 21. Juli dieses Jahres verstarb, sondern auch ihr Mann Ulrich Mühe, der fast auf den Tag genau fünf Jahre zuvor, am 22. Juli 2007, verschied. So lange hat es gedauert, bis das Debütwerk doch noch auf die Leinwand kam."
Nach dem Tod von Ulrich Mühe wollte Susanne Lothar "Nemisis" erst verhindern, gab die Blockade aber vor ihrem eigenen Tod auf. Der Film hat Peter Zander gefallen:
"Mühe und Lothar spielen ein Ehepaar, das vor dem Ende steht. Denn in ihrem Haus ist die Schwester der Frau ermordet worden, und der Mann hatte eine Affäre mit ihr. Und doch: Die vorsichtigen Annäherungen und brüsken Abstoßungen haben Mühe und Lothar zur Kunst perfektioniert. Und obschon dies natürlich nie gewollt war, ist das ihr letzter, gemeinsamer Vorhang, der nun endgültig fällt."
Mit dieser merkwürdigen Zeile überschreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ihr Feuilleton. Das Ohr, um das es dabei geht, gehört Daniel Barenboim, der am Donnerstag 70 wird. Wolfgang Schreiber fasst dessen Lebenslauf in der SZ so zusammen:
"Der in Buenos Aires geborene, dort und in Israel aufgewachsene Dirigent und Pianist russischer Abstammung ist seit 1991 Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden, Vertrag bis 2022, dazu Dirigent der Staatskapelle Berlin mit ihrer alten Klangkultur. Musikchef der Mailänder Scala, Gründer und Leiter des hochsymbolischen, israelische und arabische Musiker vereinenden Jugendprojekts West-Eastern-Divan-Orchestra, mit dem er in der Welt gastiert.""
Aber was hat Barenboim nun an den Ohren? Wolfgang Schreiber versucht zu erklären:
"Sein musikalisches Ohr hört, es fühlt 'deutsch'. Das hat er früh in sich aufgenommen, das stand mal für Gründlichkeit, Gelehrsamkeit, Ernsthaftigkeit des Musizierens aus einer dichten und tiefen Klangvorstellung heraus, kaum vereinbar mit den Erfolgskriterien Perfektion oder Virtuosität."
Wesentlich lockerer gratuliert Manuel Brug in der WELT:
"Niemand sonst auf diesem Feld der Mimosen und Selbstdarsteller, der Introvertierten und Exaltierten, der Lampenfiebrigen und Über-Egos ist so unberechenbar und deshalb so besonders wie Daniel Barenboim. Er allein kann heute verzaubern und morgen nerven, verärgern und berühren, emporheben und kaltlassen."
Die insolvente FRANKFURTER RUNFSCHAU will sich neu erfinden. Das berichten Markus Ehrenberg und Kurt Sagatz im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Für die 'FR'-Belegschaft heißt es: Aufgeben gilt nicht – jedenfalls nicht so schnell. Die Mitarbeiter suchen nach dem Insolvenzantrag ihres Verlags 'mit allem Nachdruck Möglichkeiten, das Erscheinen des Blattes dauerhaft zu sichern'. Womöglich stellt ein Genossenschaftsmodell für das defizitäre Blatt nach dem Vorbild der 'taz' eine Alternative dar.""
Doch im TAGESSPIEGEL werden gleich mehrere Experten angeführt, die diese Möglichkeit bezweifeln:
"Der Leipziger Zeitungsforscher Michael Haller glaubt nicht an die Genossenschaftsidee. 'Die Rundschau' ist ein klassisch kalkuliertes Produkt. Als Genossenschaftszeitung wie die ,taz', die nahezu ohne Anzeigen auskommt, müsste die 'FR' den Abopreis massiv raufsetzen. Das ist selbst mit den treuen FR-Lesern nicht zu machen."
"Adieu, Frankfurter Rundschau!", überschreibt Ina Hartwig, bis 2007 Literaturkritikerin der FR, ihren Nachruf in der Wochenzeitung DIE ZEIT und bilanziert:
"Sicherlich hätten Fehler vermieden werden können. Überfällig war ein neues Layout gewesen. Die Maßnahmen aber, die schließlich zu ihrer Rettung ergriffen wurden – von der Einführung eines eher biederen Lifestylemagazins am Wochenende bis zur genickbrechenden Umstellung auf das Tabloid-Format –, waren allesamt zu brachial."
Das die Dinge ganz anders laufen können als gedacht, davon berichtet Peter Zander in der WELT:
"Noch nie war ein Kinostart so makaber wie Nicole Moslehs 'Nemesis'. Denn hier ist nicht nur Susanne Lothar zu erleben, die am 21. Juli dieses Jahres verstarb, sondern auch ihr Mann Ulrich Mühe, der fast auf den Tag genau fünf Jahre zuvor, am 22. Juli 2007, verschied. So lange hat es gedauert, bis das Debütwerk doch noch auf die Leinwand kam."
Nach dem Tod von Ulrich Mühe wollte Susanne Lothar "Nemisis" erst verhindern, gab die Blockade aber vor ihrem eigenen Tod auf. Der Film hat Peter Zander gefallen:
"Mühe und Lothar spielen ein Ehepaar, das vor dem Ende steht. Denn in ihrem Haus ist die Schwester der Frau ermordet worden, und der Mann hatte eine Affäre mit ihr. Und doch: Die vorsichtigen Annäherungen und brüsken Abstoßungen haben Mühe und Lothar zur Kunst perfektioniert. Und obschon dies natürlich nie gewollt war, ist das ihr letzter, gemeinsamer Vorhang, der nun endgültig fällt."