Von Gregor Sander
Die "Zeit" bilanziert Rainald Goetz' Gesellschaftsabrechnung in seinem Roman "Johann Holtrop". "Die Welt" gibt sich begeistert über das neue Album der britischen Band The XX. Und die "FAZ" freut sich über die Premiere der neuen Late Night Show von Harald Schmidt.
"Der viel umraunte Roman von Rainald Goetz 'Johann Holtrop' handelt vom Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff – und ist zugleich eine hasserfüllte Abrechnung mit unserer Gesellschaft. Kann das gut gehen?"
… werden die Literaturkritikerin Iris Radisch und der Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth von der Wochenzeitung DIE ZEIT gefragt. Iris Radisch äußert sich eindeutig:
"Wirklich überzeugend ist dieses Schlüsselromangerassel aber nicht. Auch ein bisschen angeberhaft: ein Roman, der die deutschen Superstars als Kasperlefiguren einfach so in der Jackentasche mit sich herumträgt. Tiefere Einblicke in die großen Wirtschaftsskandale der jüngsten Vergangenheit öffnen sich dadurch nicht."
Der Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth bilanziert erst einmal das Vokabular des Rainald Götz:
"Aber warum, wenn nicht aus schlichter Unkenntnis, bedient er sich der Bilanzsumme, wenn er die Größe des von seinem Helden Johann Holtrop geleiteten Medienkonzerns beschreiben will, und nicht, wie der Kundige es täte, des Erlöses, des Umsatzes?"
Jungbluth benennt noch einige wirtschaftliche "Halbgenauigkeiten", findet dann aber doch Gefallen an der Sprache:
"Wo er sich nicht so genau auskennt, erfindet er kurzerhand die nötigen Begriffe. 'Nebenabzugsfähig' ist ein Wort, das es im Steuerrecht nicht gibt, aber es klingt so stimmig, als gäbe es darüber drei Urteile des Bundesfinanzhofs. Es sind viele korrekt klingende, und dabei ganz und gar sinnlose Worte, die sich der Autor hat einfallen lassen: 'Rücksatzvortrag', 'Besitzfestgelder', 'Verlustprämiendividende' oder 'Schnellumschuldungszertifikate' …"
… meint Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth in der ZEIT und zieht folgendes Fazit:
"Man wird nicht behaupten können, dass Rainald Goetz die Geschichte besser erzählt, als das Leben es tat, aber er erzählt sie auf faszinierende Weise anders, reduzierter und böser."
The XX, also zweimal der Buchstabe X, nennt sich eine junge britische Band, die mit ihrem gleichnamigen Debütalbum vor ein paar Jahren für Furore sorgte. Nun ist die zweite Platte "Coexist" erschienen. Anne Waak von der Tageszeitung DIE WELT ist begeistert:
"The XX haben sich tatsächlich nicht kirre machen lassen und sich entschieden, weiterhin zu spielen, was sie erfunden haben: Musik, die spärlich um eine Stille herum arrangiert ist. Die monolithisch im leeren Hallraum herumsteht und einen trotzdem ganz warm anweht. Die so statisch anmutet, dass man hinter ihr phlegmatische Typen vermutet. Wären da nicht die Texte, so offen wie ein Facebook-Profil ohne irgendein Privatsphärenlimit. Alles ist sichtbar für alle."
Auch für Thomas Gross in der ZEIT ist weniger eindeutig mehr:
"Die Musik von The XX funktioniert wie ein Entrümpelungsprogramm: Was nicht unbedingt sein muss, fliegt raus. Ansonsten besteht der Trend allenfalls darin, sich Trends zu verweigern."
Harald Schmidt ist mit seiner Late Night Show inzwischen beim Bezahlsender Sky gelandet. Ein Abstieg könnte man meinen. Doch Michael Hanfeld beurteilt die Premierensendung in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG trotzig:
"Kurzum – es war bei Harald Schmidt, wie es bei Harald Schmidt schon immer war, ob vor sechs Millionen, 600.000 oder 60.000 Zuschauern. 'Ich seh' was Besseres', lautete der wunderbar hochnäsige Sky-Werbespruch mit Karl Lagerfeld. Zu diesem Besseren zählen der Bildschirm-Partisan Schmidt und seine Truppe unbedingt."
Johan Schloemann meldet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG leise Zweifel an:
"Mit einem Tastendruck kann man etwa bei Sky" von Harald Schmidt "zu US-Komikern wie Larry David wechseln: Da fällt der Vergleich nicht so günstig aus wie vorher im Umfeld des sonstigen Sat.1-Programms."
Björn Wirths Kritik in der FRANKFURTER RUNDSCHAU klingt dagegen schon wie ein Abgesang:
"Als 'letzte Glühbirne im deutschen Fernsehen' wurde Harald Schmidt am Dienstagabend angekündigt, und wenn das stimmt, dann sieht es dort ziemlich düster aus. Denn auch Harald Schmidt leuchtet seit geraumer Zeit nicht mehr, sondern glimmt nur noch so vor sich hin."
… werden die Literaturkritikerin Iris Radisch und der Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth von der Wochenzeitung DIE ZEIT gefragt. Iris Radisch äußert sich eindeutig:
"Wirklich überzeugend ist dieses Schlüsselromangerassel aber nicht. Auch ein bisschen angeberhaft: ein Roman, der die deutschen Superstars als Kasperlefiguren einfach so in der Jackentasche mit sich herumträgt. Tiefere Einblicke in die großen Wirtschaftsskandale der jüngsten Vergangenheit öffnen sich dadurch nicht."
Der Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth bilanziert erst einmal das Vokabular des Rainald Götz:
"Aber warum, wenn nicht aus schlichter Unkenntnis, bedient er sich der Bilanzsumme, wenn er die Größe des von seinem Helden Johann Holtrop geleiteten Medienkonzerns beschreiben will, und nicht, wie der Kundige es täte, des Erlöses, des Umsatzes?"
Jungbluth benennt noch einige wirtschaftliche "Halbgenauigkeiten", findet dann aber doch Gefallen an der Sprache:
"Wo er sich nicht so genau auskennt, erfindet er kurzerhand die nötigen Begriffe. 'Nebenabzugsfähig' ist ein Wort, das es im Steuerrecht nicht gibt, aber es klingt so stimmig, als gäbe es darüber drei Urteile des Bundesfinanzhofs. Es sind viele korrekt klingende, und dabei ganz und gar sinnlose Worte, die sich der Autor hat einfallen lassen: 'Rücksatzvortrag', 'Besitzfestgelder', 'Verlustprämiendividende' oder 'Schnellumschuldungszertifikate' …"
… meint Wirtschaftsredakteur Rüdiger Jungbluth in der ZEIT und zieht folgendes Fazit:
"Man wird nicht behaupten können, dass Rainald Goetz die Geschichte besser erzählt, als das Leben es tat, aber er erzählt sie auf faszinierende Weise anders, reduzierter und böser."
The XX, also zweimal der Buchstabe X, nennt sich eine junge britische Band, die mit ihrem gleichnamigen Debütalbum vor ein paar Jahren für Furore sorgte. Nun ist die zweite Platte "Coexist" erschienen. Anne Waak von der Tageszeitung DIE WELT ist begeistert:
"The XX haben sich tatsächlich nicht kirre machen lassen und sich entschieden, weiterhin zu spielen, was sie erfunden haben: Musik, die spärlich um eine Stille herum arrangiert ist. Die monolithisch im leeren Hallraum herumsteht und einen trotzdem ganz warm anweht. Die so statisch anmutet, dass man hinter ihr phlegmatische Typen vermutet. Wären da nicht die Texte, so offen wie ein Facebook-Profil ohne irgendein Privatsphärenlimit. Alles ist sichtbar für alle."
Auch für Thomas Gross in der ZEIT ist weniger eindeutig mehr:
"Die Musik von The XX funktioniert wie ein Entrümpelungsprogramm: Was nicht unbedingt sein muss, fliegt raus. Ansonsten besteht der Trend allenfalls darin, sich Trends zu verweigern."
Harald Schmidt ist mit seiner Late Night Show inzwischen beim Bezahlsender Sky gelandet. Ein Abstieg könnte man meinen. Doch Michael Hanfeld beurteilt die Premierensendung in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG trotzig:
"Kurzum – es war bei Harald Schmidt, wie es bei Harald Schmidt schon immer war, ob vor sechs Millionen, 600.000 oder 60.000 Zuschauern. 'Ich seh' was Besseres', lautete der wunderbar hochnäsige Sky-Werbespruch mit Karl Lagerfeld. Zu diesem Besseren zählen der Bildschirm-Partisan Schmidt und seine Truppe unbedingt."
Johan Schloemann meldet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG leise Zweifel an:
"Mit einem Tastendruck kann man etwa bei Sky" von Harald Schmidt "zu US-Komikern wie Larry David wechseln: Da fällt der Vergleich nicht so günstig aus wie vorher im Umfeld des sonstigen Sat.1-Programms."
Björn Wirths Kritik in der FRANKFURTER RUNDSCHAU klingt dagegen schon wie ein Abgesang:
"Als 'letzte Glühbirne im deutschen Fernsehen' wurde Harald Schmidt am Dienstagabend angekündigt, und wenn das stimmt, dann sieht es dort ziemlich düster aus. Denn auch Harald Schmidt leuchtet seit geraumer Zeit nicht mehr, sondern glimmt nur noch so vor sich hin."