Von Gregor Sander

13.11.2013
In den Feuilletons geht es um den Liberalismus, der sich wie eine Brausetablette auflöst, um das neue teuerste Kunstwerk von Francis Bacon und einen alternden Boygroup-Star, der ein neues Album vorgelegt hat, bei dem jeder Ton sitzt.
"Was uns fehlen wird, wenn uns der Liberalismus fehlen wird'', das erklärt die Schriftstellerin Nora Bossong in der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Der Liberalismus", so die Autorin, "wirkt derzeit wie eine Brausetablette, die kurz vor ihrer Auflösung noch mal Wirbel im Wasserglas macht. Es sprudelt, aber erkennen kann man kaum etwas. Sieht man beispielsweise auf die FDP, bekommt man allenfalls das Gefühl, Liberalismus habe wohl irgendwie mit Steuern zu tun."

Nora Bossong wurde 1982 geboren, also in dem Jahr, in dem die FDP gerade die Wende von der SPD zur CDU vollzog. Bossong sorgt sich aber weniger um die erstmals nicht im Bundestag vertretene angeblich liberale Partei, sondern vermisst eine tatsächliche liberale Politik:

"Nachdem viele Bürger sich bereits an die Transparenz gewöhnt hatten, die ihnen von Konzernen abgenötigt wurde, hat der NSA-Skandal wieder ins gesellschaftliche Bewusstsein gebracht, wie fragil die Grenzen unserer Privatsphäre sind. Es ist irrwitzig, dass deren Schutz auf der Agenda der Parteien immer weiter nach unten wanderte, während die Wege, sie auszuleuchten, zu Hauptverkehrsstraßen ausgebaut wurden.""

Auch das Klischee, dass Schriftsteller nichts von der Wirtschaft verstehen, widerlegt Nora Bossong eindrucksvoll.

"Statt der Wirtschaft eigene Regenerationskräfte zuzutrauen, bezuschusst der Staat mit Lohnaufstockung Arbeitsplätze, die nicht rentabel sind oder von Unternehmen schlicht unter die Rentabilität gerechnet werden. Das ist nichts anderes als Subventionierung durch die Blume."

Wer die Rolle der Liberalen in der deutschen Politik einnehmen soll, das weiß allerdings auch Nora Bossong nicht.

Die Rekorderlöse einer denkwürdigen Auktion bei Christie’s in New York beschäftigen fast alle Feuilletons. Für den BERLINER TAGESSPIEGEL fasst Nikola Kuhn zusammen:

"142 Millionen Dollar für ein Triptychon von Francis Bacon, das weit weniger bekannt ist als der bisherige Rekordhalter. Munchs berühmter "Schrei" hatte erst im Frühjahr letzten Jahres 120 Millionen Dollar eingespielt. Nebenbei überflügelte auch noch Jeff Koons als lebender Künstler Gerhard Richter. Seine Metallskulptur "Balloon-Dog" schlug mit 58,4 Millionen Dollar den "Mailänder Dom" des deutschen Malers.""

Dieser Wahnsinn bringt Nils Maak von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG auf die Palme:

"Koons’ Werk entspricht dem Selbstdarstellungsbedürfnis eines neuen Sammlermilieus perfekt: Es glänzt, es ist larger than life und unfassbar teuer, es ist, was für Ludwig XV. die diamantbesetzte Krone war. Es steht im Mittelpunkt eines Oligarchenkunstsystems, das die Museumswelt, die bisher andere Bewertungskriterien hatte, gleich mit kauft, wenn etwa Koons die Privatsammlung seines Förderers Dakis Joannou im New Museum kuratieren darf, das diesen Privatinteressen bereitwillig seine Hallen überließ."

Da wünscht man sich zum Abschluss doch etwas Einfaches und Leichtes. Das neue Swingalbum von Robbie Williams vielleicht? "Swing When You’re Winning" heißt es und Max Fellmann von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hat es schon gehört:

"Und tatsächlich, da sitzt jeder Ton. Die Arrangements sind nicht zu überladen, Williams’ Stimme ist in Form, und die neuen Songs können mithalten mit denen seiner besten Zeiten: "Go Gentle" ist so eine Art Bacharach-Fingerübung, Schunkelrhythmus, Streicher, dazu Bläser, die weit genug zurückgenommen sind, dass Autoradiohörer nicht im Jazzschock gegen die Leitplanke fahren. Den Klassikern wie "Minnie The Moocher" oder "Puttin’ On The Ritz", beide übrigens aus dem Jahr 1929 und schon sagenhaft abgenudelt, kann er nicht viel Neues hinzufügen, klar, aber er bekommt sie so anständig hin, dass niemand schamhaft wegschauen muss."

Na, das ist ja schon mal etwas, und vielleicht ist aus dem ewigen Boygroupstar tatsächlich ein Erwachsener geworden? Die BERLINER ZEITUNG vermutet das und fragt den Sänger: "Im Februar werden Sie 40. Ändert das irgendetwas für Sie?"

Williams Antwort lautet:

"Mir ist diese Zahl äußerst suspekt, denn früher war 40 sehr, sehr alt. Es klingt ein bisschen nach dem Tod. Vielleicht läutet es aber auch nur eine Phase ein, in der ich alles im Leben entspannter sehe.