Von Gesa Ufer
Auch die Feuilletons kommen um Weihnachten nicht herum. Die „taz“ stellt fest: „Weihnachten ist wie der Kapitalismus: Es will überall sein.“ Außerdem würdigen die Zeitungen den Historiker Heinrich August Winkler anlässlich dessen 70. Geburtstags.
Wer möglicherweise an dieser Stelle gehofft hatte, um das Stichwort Weihnachten herumzukommen, den müssen wir enttäuschen. Es verhält sich schließlich so, wie Georg Seesslen in der TAGESZEITUNG schreibt:
„Weihnachten ist wie der Kapitalismus: Es will überall sein.“
Schlüssig macht uns Seesslen klar, dass auch das Weihnachtsfest immer aus seiner eigenen Krise entsteht und deshalb alle großen Weihnachtsgeschichten genau diesen Tiefpunkt für ihre Dramaturgie benötigen. Typische Erzählmuster etwa: Der Weihnachtsmann ist verunglückt oder es lässt sich kein Baum mehr auftreiben. Noch viel typischer aber sind Geschichten, in denen jemand nicht am Fest teilnehmen kann oder will und in letzter Sekunde doch noch dazu stößt. Seesleen nennt hier als wichtiges dramaturgisches Moment die „Heimholung des mehr oder weniger einsamen Weihnachtshassers“. Auch unter Konsumaspekten hat das System den Weihnachtshasser schon längst geschluckt.
Als leichte Fälle von Weihnachtshasser-Ästhetik zur Vorweihnachtszeit nennt die TAZ etwa Loriots „Früher war mehr Lametta“ oder Bölls „Und das nicht nur zur Weihnachtszeit“, als etwas schweren Fall schon Michael Curtis „Club der Weihnachtshasser“ in dem es heißt:
„Wenn Weihnachten ein Mensch wäre, dann würde ich in einer nebligen Nacht rausgehen und ihm die Gurgel durchschneiden.“
Ähnlich verhält es sich, laut Georg Seesslen auch mit Weihnachtsliedern.
„Keine Kunst vermittelt so gut zwischen Magie und Horror wie die Musik“
lautet die These, und gleichzeitig stellt sich der Autor die Frage, warum sich noch nie jemand daran gemacht hat, die Geschichte des Weihnachts-Songs nachzuzeichnen. Einen ersten – sehr unterhaltsamen – Versuch lässt er folgen. Sein vorläufiges Resümee: Mit ironischen Songs, die eher der kritischen Weihnachts-Fraktion gefallen und Titel wie „Don´t believe the Santa“ oder „Pregnant at Chrismas“ tragen, lässt sich unterm Baum kein Blumenpott gewinnen. Anders gesagt:
„Mit Weihnachtshasserliedern landet man keinen Hit.“
„Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte ihn seinen Lieblings-Historiker und Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker bekannte, wohl einiges dafür gegeben zu haben, wenn er als junger Mensch die Vorlesungen eines solchen Gelehrten hätte hören dürfen.“
Die Rede ist von Heinrich August Winkler. Anlässlich seines 70. Geburtstags verneigen sich die Feuilletons fast vollzählig vor dem bedeutenden Berliner Geschichtswissenschaftler.
Dass das politische Spitzenpersonal aus unterschiedlichen politischen Lagern Heinrich August Winkler verehrt, verblüfft Harry Nutt in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Immerhin habe sich Winkler nie mit politischen Einmischungen zurückgehalten. Als besonders verdienstvoll beschreiben die Zeitungen Winklers Rolle im „Historikerstreit“ 1986. Die NZZ erinnert:
„Unter anderem an der Seite des Philosophen Jürgen Habermas hat Winkler die Versuche rechtskonservativer Geschichtswissenschaftler abgewehrt, die deutsche Frage abschließend zu beantworten, nämlich Nationalsozialismus und Holocaust als beinahe zwangsläufige Reaktionen auf die aggressive Politik der Sowjetunion darzustellen und so das deutsche Geschichtsbild „nationalapologetisch“ zu revidieren.“
Bei Winklers Ansichten zur Zukunft Europas ist Gustav Seibt in der SZ allerdings ein Detail aufgefallen, das wiederum bei Fans von Links verhaltene Reaktionen auslösen dürfte. Seibt schreibt:
„Winkler beglaubigt jenen C-Dur-Dreiklang aus Nation, Demokratie und ein Europa der westlichen Werte. Da ist es fast eine Kleinigkeit, dass in dieser Symphonie der Freude vorerst nur die Türken keine Brüder werden sollen – sie will Winkler unbedingt aus der Europäischen Union heraushalten.“
Wir können mit bangem Blick aufs Datum nur die bescheidene Rückfrage stellen: Auch zu Weihnachten? Weihnachten will doch überall sein!
„Weihnachten ist wie der Kapitalismus: Es will überall sein.“
Schlüssig macht uns Seesslen klar, dass auch das Weihnachtsfest immer aus seiner eigenen Krise entsteht und deshalb alle großen Weihnachtsgeschichten genau diesen Tiefpunkt für ihre Dramaturgie benötigen. Typische Erzählmuster etwa: Der Weihnachtsmann ist verunglückt oder es lässt sich kein Baum mehr auftreiben. Noch viel typischer aber sind Geschichten, in denen jemand nicht am Fest teilnehmen kann oder will und in letzter Sekunde doch noch dazu stößt. Seesleen nennt hier als wichtiges dramaturgisches Moment die „Heimholung des mehr oder weniger einsamen Weihnachtshassers“. Auch unter Konsumaspekten hat das System den Weihnachtshasser schon längst geschluckt.
Als leichte Fälle von Weihnachtshasser-Ästhetik zur Vorweihnachtszeit nennt die TAZ etwa Loriots „Früher war mehr Lametta“ oder Bölls „Und das nicht nur zur Weihnachtszeit“, als etwas schweren Fall schon Michael Curtis „Club der Weihnachtshasser“ in dem es heißt:
„Wenn Weihnachten ein Mensch wäre, dann würde ich in einer nebligen Nacht rausgehen und ihm die Gurgel durchschneiden.“
Ähnlich verhält es sich, laut Georg Seesslen auch mit Weihnachtsliedern.
„Keine Kunst vermittelt so gut zwischen Magie und Horror wie die Musik“
lautet die These, und gleichzeitig stellt sich der Autor die Frage, warum sich noch nie jemand daran gemacht hat, die Geschichte des Weihnachts-Songs nachzuzeichnen. Einen ersten – sehr unterhaltsamen – Versuch lässt er folgen. Sein vorläufiges Resümee: Mit ironischen Songs, die eher der kritischen Weihnachts-Fraktion gefallen und Titel wie „Don´t believe the Santa“ oder „Pregnant at Chrismas“ tragen, lässt sich unterm Baum kein Blumenpott gewinnen. Anders gesagt:
„Mit Weihnachtshasserliedern landet man keinen Hit.“
„Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte ihn seinen Lieblings-Historiker und Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker bekannte, wohl einiges dafür gegeben zu haben, wenn er als junger Mensch die Vorlesungen eines solchen Gelehrten hätte hören dürfen.“
Die Rede ist von Heinrich August Winkler. Anlässlich seines 70. Geburtstags verneigen sich die Feuilletons fast vollzählig vor dem bedeutenden Berliner Geschichtswissenschaftler.
Dass das politische Spitzenpersonal aus unterschiedlichen politischen Lagern Heinrich August Winkler verehrt, verblüfft Harry Nutt in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Immerhin habe sich Winkler nie mit politischen Einmischungen zurückgehalten. Als besonders verdienstvoll beschreiben die Zeitungen Winklers Rolle im „Historikerstreit“ 1986. Die NZZ erinnert:
„Unter anderem an der Seite des Philosophen Jürgen Habermas hat Winkler die Versuche rechtskonservativer Geschichtswissenschaftler abgewehrt, die deutsche Frage abschließend zu beantworten, nämlich Nationalsozialismus und Holocaust als beinahe zwangsläufige Reaktionen auf die aggressive Politik der Sowjetunion darzustellen und so das deutsche Geschichtsbild „nationalapologetisch“ zu revidieren.“
Bei Winklers Ansichten zur Zukunft Europas ist Gustav Seibt in der SZ allerdings ein Detail aufgefallen, das wiederum bei Fans von Links verhaltene Reaktionen auslösen dürfte. Seibt schreibt:
„Winkler beglaubigt jenen C-Dur-Dreiklang aus Nation, Demokratie und ein Europa der westlichen Werte. Da ist es fast eine Kleinigkeit, dass in dieser Symphonie der Freude vorerst nur die Türken keine Brüder werden sollen – sie will Winkler unbedingt aus der Europäischen Union heraushalten.“
Wir können mit bangem Blick aufs Datum nur die bescheidene Rückfrage stellen: Auch zu Weihnachten? Weihnachten will doch überall sein!