Von Gesa Ufer
Die "Süddeutsche" schreibt über eine Kunstaktion mit vergrabenen Goldbarren, die Menschen in Puhlheim zur Schaufel greifen lässt. Die "Berliner Zeitung" fragt, wie "bürgerlich" denn wirklich die neue Koalition sei, während die "Frankfurter Rundschau" eine kritische Würdigung zu 60 Jahren FAZ veröffentlicht.
20.000 Euro für ein Paar getragene Socken - die verlangte kürzlich der Schweizer Künstler Christoph Büchel auf einer Londoner Kunstmesse. Und bekam sie. Über den Käufer und seine olfaktorischen Neigungen ist leider nichts bekannt. Holger Liebs erinnert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG an den sonderbaren Handel anlässlich der Kunstaktion "Puhlheim gräbt".
In Puhlheim nämlich hat ein Bildhauer 28 Goldbarren im Wert von 10.000 Euro zerschlagen und vergraben, maximal einen Meter tief. Wer eines der grammschweren Teile findet, darf es behalten. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:
"Wenn nun im lieblichen Puhlheim bei Köln Menschen mit Schaufel gesichtet werden, die leicht irren Blicks auf die heimische Scholle einhacken, dann handelt es sich dabei gleichermaßen um geschickte künstlerische Sammlerakquise wie um eine generöse Payback-Aktion von einem Begünstigten des Betriebs... Das also kann Kunst hervorrufen: dass ihre Beobachter wieder zu Pimpfen werden, die begeistert im Schlamm buddeln, ohne Rücksicht auf Verluste."
Während der Plebs in Puhlheim buddelt, formiert sich die Politik in Berlin zu einer "bürgerlichen Regierung". Die BERLINER ZEITUNG fragt nach, wie "bürgerlich" diese Koalition denn eigentlich sei, und kommt zu dem Ergebnis, dass sie diesen Terminus nicht mehr verdiene. Von einer "bürgerlich-hausväterlichen Haushaltspolitik" etwa, die nicht mehr ausgeben als einnehmen will, entdecken die beiden Autoren, der Berliner Historiker Daniel Koerfer und der Unternehmer Udo Marin keine Spur. Im Gegenteil:
"Der designierte Bundesfinanzminister verweist sogleich – noch vor seiner Vereidigung – einen ausgeglichen Haushalt in dieser Legislaturperiode ins Reich der Utopie. Die neue Regierung startet mit einem Rekorddefizit von über 90 Milliarden ins neue bürgerliche Zeitalter."
Wachstum heiße der Fetisch dieser Regierung.
"Nun wächst diese Gesellschaft nicht mehr, sondern sie schrumpft – auf 1000 Erwachsene kommen acht Kinder bei uns, so wenige wie nirgends sonst in Europa – und wird gleichzeitig immer älter. Immer weniger Menschen sollen immer mehr produzieren. Das ist unmöglich. Diese Staatswirtschaft betrügt ihre Gläubiger und treibt ihre Jugend aus dem Land."
Oder eben mit dem Klappspaten nach Puhlheim. Die Autoren der BERLINER ZEITUNG belassen es nicht bei einer Generalabrechnung mit "denen da oben". Im Gegenteil: Die Parteien seien immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. "Wir haben exakt die Politiker, die wir verdienen", schreiben Koerfer und Marin und raten gleichzeitig zu mehr bürgerlicher Wachsamkeit gegenüber der Regierung, denn:
"Eine humane bürgerliche Gesellschaft kann nur eine staatsskeptische Gesellschaft sein."
Die Rolle, die Journalisten und Zeitungen in diesem Gefüge spielen, beschäftigt Arno Widmann in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Es sei nicht gesagt, dass der neue Staat, die neue Zivilgesellschaft sich mit Hilfe der Zentralorgane der alten Bundesrepublik herausbilden werden, schreibt Widmann mit Blick auf den 60. Geburtstag der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Sie sei "über viele Jahrzehnte lang das Leitmedium des bundesrepublikanischen 'status quo' gewesen".
"Sie war für den Vietnamkrieg, für die Notstandsgesetze. Wer damals ein wenig Wert darauf legte, nicht auf jeder Seite mehr oder weniger autoritär angefahren zu werden, wer fand, dass die Bürger ein Recht darauf hatten, den Staat mit kritischen Augen zu beobachten, der erlegte sich in jenen Jahren immer mal wieder eine FAZ-Diät auf."
Gleichzeitig erinnert Widmann an das großartige Feuilleton, in dem spätestens seit Karl Korn immer wieder ein völlig anderer Wind geweht habe.
"Während 1976 vorne im Blatt der Radikalenerlass, die Berufsverbote gefeiert wurden, veröffentlichte Marcel Reich-Ranicki Alfred Anderschs rabiate Verse gegen sie. Das machte Furore."
Zum 60. Geburtstag, wünscht Widmann der FAZ, sich zu erneuern, weiter zu kämpfen und zu streiten, um nicht vom Leitmedium zum "Leitfossil" zu verkommen.
In Puhlheim nämlich hat ein Bildhauer 28 Goldbarren im Wert von 10.000 Euro zerschlagen und vergraben, maximal einen Meter tief. Wer eines der grammschweren Teile findet, darf es behalten. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:
"Wenn nun im lieblichen Puhlheim bei Köln Menschen mit Schaufel gesichtet werden, die leicht irren Blicks auf die heimische Scholle einhacken, dann handelt es sich dabei gleichermaßen um geschickte künstlerische Sammlerakquise wie um eine generöse Payback-Aktion von einem Begünstigten des Betriebs... Das also kann Kunst hervorrufen: dass ihre Beobachter wieder zu Pimpfen werden, die begeistert im Schlamm buddeln, ohne Rücksicht auf Verluste."
Während der Plebs in Puhlheim buddelt, formiert sich die Politik in Berlin zu einer "bürgerlichen Regierung". Die BERLINER ZEITUNG fragt nach, wie "bürgerlich" diese Koalition denn eigentlich sei, und kommt zu dem Ergebnis, dass sie diesen Terminus nicht mehr verdiene. Von einer "bürgerlich-hausväterlichen Haushaltspolitik" etwa, die nicht mehr ausgeben als einnehmen will, entdecken die beiden Autoren, der Berliner Historiker Daniel Koerfer und der Unternehmer Udo Marin keine Spur. Im Gegenteil:
"Der designierte Bundesfinanzminister verweist sogleich – noch vor seiner Vereidigung – einen ausgeglichen Haushalt in dieser Legislaturperiode ins Reich der Utopie. Die neue Regierung startet mit einem Rekorddefizit von über 90 Milliarden ins neue bürgerliche Zeitalter."
Wachstum heiße der Fetisch dieser Regierung.
"Nun wächst diese Gesellschaft nicht mehr, sondern sie schrumpft – auf 1000 Erwachsene kommen acht Kinder bei uns, so wenige wie nirgends sonst in Europa – und wird gleichzeitig immer älter. Immer weniger Menschen sollen immer mehr produzieren. Das ist unmöglich. Diese Staatswirtschaft betrügt ihre Gläubiger und treibt ihre Jugend aus dem Land."
Oder eben mit dem Klappspaten nach Puhlheim. Die Autoren der BERLINER ZEITUNG belassen es nicht bei einer Generalabrechnung mit "denen da oben". Im Gegenteil: Die Parteien seien immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. "Wir haben exakt die Politiker, die wir verdienen", schreiben Koerfer und Marin und raten gleichzeitig zu mehr bürgerlicher Wachsamkeit gegenüber der Regierung, denn:
"Eine humane bürgerliche Gesellschaft kann nur eine staatsskeptische Gesellschaft sein."
Die Rolle, die Journalisten und Zeitungen in diesem Gefüge spielen, beschäftigt Arno Widmann in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Es sei nicht gesagt, dass der neue Staat, die neue Zivilgesellschaft sich mit Hilfe der Zentralorgane der alten Bundesrepublik herausbilden werden, schreibt Widmann mit Blick auf den 60. Geburtstag der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Sie sei "über viele Jahrzehnte lang das Leitmedium des bundesrepublikanischen 'status quo' gewesen".
"Sie war für den Vietnamkrieg, für die Notstandsgesetze. Wer damals ein wenig Wert darauf legte, nicht auf jeder Seite mehr oder weniger autoritär angefahren zu werden, wer fand, dass die Bürger ein Recht darauf hatten, den Staat mit kritischen Augen zu beobachten, der erlegte sich in jenen Jahren immer mal wieder eine FAZ-Diät auf."
Gleichzeitig erinnert Widmann an das großartige Feuilleton, in dem spätestens seit Karl Korn immer wieder ein völlig anderer Wind geweht habe.
"Während 1976 vorne im Blatt der Radikalenerlass, die Berufsverbote gefeiert wurden, veröffentlichte Marcel Reich-Ranicki Alfred Anderschs rabiate Verse gegen sie. Das machte Furore."
Zum 60. Geburtstag, wünscht Widmann der FAZ, sich zu erneuern, weiter zu kämpfen und zu streiten, um nicht vom Leitmedium zum "Leitfossil" zu verkommen.