Von düsterer Vorahnung getrieben

Mitte der 1970er Jahre hatte der spätere Widmungsträger Yuri Bashmet bei Alfred Schnittke ein Bratschenkonzert in Auftrag gegeben. Auf vorsichtige Nachfrage, rund zehn Jahre später, ob er mit dem Konzert schon begonnen habe, soll Schnittke selbstvergessen geantwortet haben: "Nein, aber ich denke darüber nach". Von da an ging es schnell. Das Konzert wurde 1985 fertig und sollte ein vorläufiger Abschluss in Schnittkes Schaffen werden.
Zehn Tage nach Beendigung der Arbeit erlitt Schnittke einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nur langsam erholte. Rückblickend wertete er sein Bratschenkonzert als musikalische Vorahnung dieses gesundheitlichen Einschnitts. "Es entstand eine Musik mit hastigem Durchs-Leben-Jagen (im 2. Satz) und langsamer und trauriger Lebensüberschau an der Todesschwelle (im 3. Satz)".

Beginnend mit seiner 1. Sinfonie, postulierte Schnittke den Begriff der Polystilistik. Gegen den Vorwurf des Eklektizismus wehrte er sich entschieden: "Die Polystilistik hat nur einen Sinn, wenn sie die Peripherie einer tieferen Individualität bildet. Wenn sie nicht Peripherie ist, sondern die zentrale Erscheinung, dann erst ist sie Eklektik." Schnittke hat immer wieder auf diese Methode zurückgegriffen, mit Quasi-Zitaten, historischen Kompositionsstilen und tradierten Musizierpraktiken die Musik in ihrer Universalität begreifbar zu machen.

Im September 2004 hat der inzwischen 26-jährige, aus Paris stammende Bratschist Antoine Tamestit nicht nur den 1. Preis beim ARD-Wettbewerb gewonnen. Er räumte auch noch zwei Sonderpreise ab und bekam außerdem den Publikumspreis.

Für den Sprung in die internationale Karriere hat sicher der Unterricht bei dem bekannten Bratschisten und Dirigenten Jesse Levine an der Yale University gesorgt. Seitdem er auch mit vielen namhaften Musikern in verschiedenen Kammermusikformationen gespielt hat, sind dem "rising star" alle Konzertsäle der Welt offen. Vor einem Jahr ist Tamestit mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in der Konzertreihe "Debüt im Deutschlandradio Kultur" aufgetreten.


Live aus der Salle Olivier Messiaen Paris

Claude Ballif
"Au clair de la lune bleue" op. 75

Alfred Schnittke
Konzert für Viola und Orchester

ca. 21:05 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonie Nr. 5 D-Dur op. 107 ("Reformations-Sinfonie")

Antoine Tamestit, Viola
Orchestre Philharmonique de Radio France
Leitung: Fabrice Bollon