„Von des Schenck-Haußes erschröcklicher Sünde“

„Alle Sonn- und Feyertäge kommen sie auf die Dantz-Böden / wo sie mit Zechen / Dantzen und Springen … und andern ungebührlichen leichtfertigen Händeln / Gott gewidmete und heilige Zeit verzehren und mißbrauchen / nur damit das Schenck-Hauß desto mehr trage / so doch / meines Erachtens / eine schröckliche Sünde ist / ja wol gar die ewige Verdamnüs nach sich ziehen kan.“
Genuss und Sünde lagen augenscheinlich immer eng beieinander. Aber unter der Genusssucht litt auch der Lebenswandel. Anstatt den Gottesdienst zu besuchen, traf man sich im Wirtshaus. Und sonst gut miteinander auskommende Nachbarn schlugen sich grün und blau, was dann für den Verursacher auch schon mal mehrere Tage Gefängnis einbringen konnte:
„Klage:
Salomon Otto klagt, alß Er bey Paul Hillebranden mitt Andreas Keisteln eine kanne bier getruncken, hette ihn Hanß Stübiz einen Schelm und Gemeinden Verräther gescholten, und alß Er gefraget, ob Ers gestehen wolte, hette Er ihn einen in der handt habenden biertopff, ins Angesicht geschlagen, daß Er aufn Backen und an der Nasen bluthrinstig gewesen.
Beklagter:
Gestehets, sagt Kläger hette ihm erst eine topff bier ins Gesicht gestoßen, welches aber Kläger geläugnet, und erstreckt sich beklagtens vermögen auf 20 R[eichstaler].
Decisum:
Hanß Stübiz ist Otten eine abbittte und erclärung zu thun schuldig, und wirdt hirüber acht tage lang mitt gefängnüß beleget.“

So bleibt dann wohl nur die Erkenntnis: Das Maß der Dinge entscheidet über Nutzen oder Schaden! Wobei man sich ruhig den uralten Unterschied zwischen Mensch und Tier vor Augen halten sollte:
„Ein vihe, daz lützel sinne hât,
swenn ez ze dorf von velde gât,
sô erkennet iegelîchez wol
hûs und hof, darz komen sol:
sô trinket leider manic man,
daz er hûs noch hof erkennen kann.
diz laster liuten vil geschiht
und geschiht doch dem vihe niht.“
[Das Vieh, das wenig nur versteht, wenn es vom Feld zum Dorfe geht, so erkennt ein jegliches wohl, Haus und Hof, wohin es kommen soll. Doch leider trinkt so mancher Mann, bis er Haus und Hof nicht mehr erkennen kann. Solches geschieht nur den Menschen viel, niemals zeigt es sich beim Vieh.]


Dieses Konzert über den Nutzen und Nachteil des „Schenck-Haußes“ findet im Rahmen der Konzertreihe für Alte Musik „Nachklang"/Deutschlandradio Kultur statt. Es wird in Zusammenarbeit mit Schloss Neuenburg, das ein Weinmuseum beherbergt, und der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut veranstaltet. Die Ensembles amarcord und Lautten Compagney gestalten den musikalischen Part mit Werken von Telemann, Bach, Conradi u.a., flankiert durch historisch überlieferte Texte, die der Museumsdirektor von Schloss Neuenburg, Jörg Peukert, vorträgt. Vor des „Schenck-Haußes erschröcklicher Sünde“ sei eindringlich gewarnt.


Nachklang
Schloss Neuenburg/Freyburg
Aufzeichnung vom 13.5.2006

„Von des Schenck-Haußes erschröcklicher Sünde“

Johann Christian Conradi
aus Singe-Spiel „Ariadne“: Bacchusfest
Johann Philipp Krieger
Aria „Du angenehmer Rebensaft, was gibst du uns für Stärk und Kraft“

Gottfried Heinrich Stölzel
„Tobak, du edle Panacée vor heldenmütge Seelen“, Aria

Johann Sebastian Bach
„So oft ich meine Tobackspfeife“, Erbauliche Gedanken eines Tobackrauchers
gegen 21:00 Uhr Nachrichten
Georg Philipp Telemann
„Weg, weg Müßiggang“, Aria

Christian Maximilian Spener
„Seele, lass dich nicht verlangen nach der schnöden Eitelkeit“

Anonymus
„Wo find ich hülff und rath“
Johann Philipp Krieger
„Reine Lieb‘ und reiner Wein sind die angenehmsten Dinge“

Anonymus
„Der Wein Gesang“
Georg Philipp Telemann
Aria „Das Glas zur Hand !“
Aria e Coro „Weg, Kummer, weg, Sorgen“
u.a.


Moderation: Jörg Peukert
amarcord
Lautten Compagney
Leitung: Wolfgang Katschner