Von der Entstehung bis zur Gegenwart
Neapel war eines der Zentren des Barock. Jetzt zeigen gleich fünf Museen in der Stadt, dass diese Kunstrichtung Neapel nie ganz verlassen hat - selbst Werke der zeitgenössischen Kunst haben ihre Wurzeln im Barock.
Gleich am Eingang begrüßt der berühmte in Formalin eingelegte Haifisch des Künstlers Damien Hirst die Ausstellungsbesucher. Das Raubtier schwimmt in einer rund vier Mal zwei Meter breiten und über zwei Meter hohen Glasbox, zeigt sein zahnbesetztes und weit geöffnetes Maul und wirkt wie die Jagdtrophäe eines barocken Fürsten. Wie aus einem Raritätenkabinett eines Herrschers im 17. Jahrhundert wirkt das in der Mitte durchtrennte Schaf, ebenfalls von Hirst. Die beiden Hälften des schwarzen Tieres werden in zwei von einander getrennten Glaskästen gezeigt. Hirst will schockieren, Staunen hervorrufen, verschrecken und seinen Sammlern das Gefühl geben, etwas wirklich Außerordentliches zu besitzen. Damit liege, meint der Kunsthistoriker Eduardo Cicelyn, der britische Künstler ganz auf der Welle einer Art neobarocken Kunstempfindens. Hirst stehe, so Cicelyn, in direkter Linie mit dem Kunstverständnis des Barock:
"Wir gehen davon aus, dass das Barock eine Geistesform war, die man an keinem anderen Ort wie in Neapel noch heute nachempfinden kann. Es gibt wohl keine andere Stadt in Italien, die so widersprüchlich ist, in der die Lebenslust so wild zum Ausdruck kommt und die so viele verrückte Geister hervorgebracht hat. Wir sind auch davon überzeugt, dass die Kultur des Barock mit der zeitgenössischen Kultur in Synthonie steht."
Cicelyn ist einer der beiden Kuratoren einer Ausstellung, die das Barocke im zeitgenössischen Kunstschaffen hervorheben will. In den riesigen Sälen eines ehemaligen Klosters mitten im historischen Neapel werden Hauptwerke von Claire Fontaine, Gilbert & George, von Anish Kapoor, Jeff Koons, Cattelan und vielen anderen gezeigt. Ausgestellt werden keine Gemälde, sondern nur Installationen. Der Besucher bekommt Filme zu sehen, erkundet Installationen, setzt Mechanismen in Gang. Cicelyn ist davon überzeugt, dass das Spielerische, das, wie er es selbst nennt, "oftmals Durchgeknallte" heutiger Kunst, dem Überraschenden des barocken Kunst- und Handwerksschaffens entspreche.
Die Ausstellung "Barock" mit zeitgenössischer Kunst rundet eine ganze Serie von verschiedenen Kunstschauen ab, die ebenfalls in diesen Tagen eröffnet wurden und die das ganze Spektrum des neapolitanischen Barock im 17. Jahrhundert umfassen. An mehreren Ausstellungsorten, darunter im Stadtschloss Capodimonte, werden Pracht und Prunk, Wissenschaften und Wunderwelten, Malereien und Mobiliar, Theater und Musik präsentiert. Es wurden die schönsten Stücke neapolitanisch-barocken Kunstschaffens zusammengeliehen, aus öffentlichen und privaten Sammlungen, darunter auch die prächtigsten Krippen des 17. Jahrhunderts. Eine Schau zum Staunen, die beweist, dass Eduardo Cicelyn mit seiner Idee der intellektuellen Nähe zwischen barocker und heutiger Kultur ganz und gar nicht falsch liegt.
Kurator der Ausstellungen zur neapolitanischen Kultur des 17. Jahrhunderts ist der Kunsthistoriker Nicola Spinosa:
"Mit dieser Ausstellung wollen wir nicht einfach zurückblicken, auf eine große künstlerische und historische Periode, in der Neapel eine europäische Weltstadt war, sondern wir wollen, zusammen mit der Ausstellung im zeitgenössischen Museum, verdeutlichen, dass man im 17. Jahrhundert, wie heute, am Beginn einer neuen Epoche stand. Damals wie heute dominieren neue Wissenschaften und Techniken das Leben und die Kunst zelebriert sich in tausend Formen und Fantasien. Kein anderer Ort wie das barock-widersprüchliche Neapel eignet sich für so eine Schau."
Im königlichen Schloss in Capodimonte werden Meisterwerke des klassisch barocken Kunstschaffens von Caravaggio, Battistello Caracciolo, von Ribera, Preti und Giordano gezeigt. 500 Ausstellungsstücke, von denen viele extra für diese Kunstschau restauriert und gereinigt wurden. Die Certosa San Martino, ein riesiges barockes Kloster oberhalb der Altstadt, zeigt auf Hunderten von Veduten wie Neapel im 17. und frühen 18. Jahrhundert aussah: mit seinen zahllosen und einstmals prächtigen Palästen und Kirchen - von denen die meisten heute zu Mehrfamilienhäusern geworden sind oder verschlossen und ausgeraubt vor sich hin gammeln.
Das Museo Pignatelli zeigt eine ganz besondere Spezialität des neapolitanischen Barock: Stillleben und religiöse Darstellungen, die durch ungewöhnlich brutal wirkende Sujets auffallen. Die neapolitanische Barockkunst stellt gern das physische Leiden von Märtyrern dar.
Ausstellungskurator Spinosa spricht von der für Neapel typischen Lust am Zurschaustellen des Leidens: schmerzverzerrte Gesichter, tote Körper, viel Blutdarstellungen, abgetrennte Köpfe und Körperteile. Ein Horrorkabinett, das nicht jedermanns Sachen ist, das aber das echt Neapolitanische zum Ausdruck bringt: das im Guten wie im Bösen Übertriebene, Überzogene, Überspannte, das sicherlich für Nordeuropäer anstrengend sein kann, aber einen ungemeinen Reiz ausübt: nicht nur in den Ausstellungen der Barockschau, sondern vor allem auf den Straßen und Plätzen der Stadt.
"Wir gehen davon aus, dass das Barock eine Geistesform war, die man an keinem anderen Ort wie in Neapel noch heute nachempfinden kann. Es gibt wohl keine andere Stadt in Italien, die so widersprüchlich ist, in der die Lebenslust so wild zum Ausdruck kommt und die so viele verrückte Geister hervorgebracht hat. Wir sind auch davon überzeugt, dass die Kultur des Barock mit der zeitgenössischen Kultur in Synthonie steht."
Cicelyn ist einer der beiden Kuratoren einer Ausstellung, die das Barocke im zeitgenössischen Kunstschaffen hervorheben will. In den riesigen Sälen eines ehemaligen Klosters mitten im historischen Neapel werden Hauptwerke von Claire Fontaine, Gilbert & George, von Anish Kapoor, Jeff Koons, Cattelan und vielen anderen gezeigt. Ausgestellt werden keine Gemälde, sondern nur Installationen. Der Besucher bekommt Filme zu sehen, erkundet Installationen, setzt Mechanismen in Gang. Cicelyn ist davon überzeugt, dass das Spielerische, das, wie er es selbst nennt, "oftmals Durchgeknallte" heutiger Kunst, dem Überraschenden des barocken Kunst- und Handwerksschaffens entspreche.
Die Ausstellung "Barock" mit zeitgenössischer Kunst rundet eine ganze Serie von verschiedenen Kunstschauen ab, die ebenfalls in diesen Tagen eröffnet wurden und die das ganze Spektrum des neapolitanischen Barock im 17. Jahrhundert umfassen. An mehreren Ausstellungsorten, darunter im Stadtschloss Capodimonte, werden Pracht und Prunk, Wissenschaften und Wunderwelten, Malereien und Mobiliar, Theater und Musik präsentiert. Es wurden die schönsten Stücke neapolitanisch-barocken Kunstschaffens zusammengeliehen, aus öffentlichen und privaten Sammlungen, darunter auch die prächtigsten Krippen des 17. Jahrhunderts. Eine Schau zum Staunen, die beweist, dass Eduardo Cicelyn mit seiner Idee der intellektuellen Nähe zwischen barocker und heutiger Kultur ganz und gar nicht falsch liegt.
Kurator der Ausstellungen zur neapolitanischen Kultur des 17. Jahrhunderts ist der Kunsthistoriker Nicola Spinosa:
"Mit dieser Ausstellung wollen wir nicht einfach zurückblicken, auf eine große künstlerische und historische Periode, in der Neapel eine europäische Weltstadt war, sondern wir wollen, zusammen mit der Ausstellung im zeitgenössischen Museum, verdeutlichen, dass man im 17. Jahrhundert, wie heute, am Beginn einer neuen Epoche stand. Damals wie heute dominieren neue Wissenschaften und Techniken das Leben und die Kunst zelebriert sich in tausend Formen und Fantasien. Kein anderer Ort wie das barock-widersprüchliche Neapel eignet sich für so eine Schau."
Im königlichen Schloss in Capodimonte werden Meisterwerke des klassisch barocken Kunstschaffens von Caravaggio, Battistello Caracciolo, von Ribera, Preti und Giordano gezeigt. 500 Ausstellungsstücke, von denen viele extra für diese Kunstschau restauriert und gereinigt wurden. Die Certosa San Martino, ein riesiges barockes Kloster oberhalb der Altstadt, zeigt auf Hunderten von Veduten wie Neapel im 17. und frühen 18. Jahrhundert aussah: mit seinen zahllosen und einstmals prächtigen Palästen und Kirchen - von denen die meisten heute zu Mehrfamilienhäusern geworden sind oder verschlossen und ausgeraubt vor sich hin gammeln.
Das Museo Pignatelli zeigt eine ganz besondere Spezialität des neapolitanischen Barock: Stillleben und religiöse Darstellungen, die durch ungewöhnlich brutal wirkende Sujets auffallen. Die neapolitanische Barockkunst stellt gern das physische Leiden von Märtyrern dar.
Ausstellungskurator Spinosa spricht von der für Neapel typischen Lust am Zurschaustellen des Leidens: schmerzverzerrte Gesichter, tote Körper, viel Blutdarstellungen, abgetrennte Köpfe und Körperteile. Ein Horrorkabinett, das nicht jedermanns Sachen ist, das aber das echt Neapolitanische zum Ausdruck bringt: das im Guten wie im Bösen Übertriebene, Überzogene, Überspannte, das sicherlich für Nordeuropäer anstrengend sein kann, aber einen ungemeinen Reiz ausübt: nicht nur in den Ausstellungen der Barockschau, sondern vor allem auf den Straßen und Plätzen der Stadt.