Von Burkhard Müller-Ullrich

In der "FAZ" polemisiert der Blogger Don Alphonso unter seinem bürgerlichen Namen Reiner Mayer gegen einen ganzen Themenkomplex wie das bedingungslose Grundeinkommen, Berlin und den Länderfinanzausgleich. "Die Welt" berichtet vom Verfall eines mythischen Ortes: die italienischen Filmstudios Cinecittà am Rand vom Rom.
Don Alphonso sagt seine Meinung. Diesmal nicht als Blogger im Internet, sondern unter seinem bürgerlichen Namen Reiner Mayer in der Printausgabe der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, deren Webseite er sonst mit Online-Ergüssen beliefert. Die sind bissig und böse, gehasst und gefürchtet – und der Papiertext ist es nicht weniger. Er handelt von nichtsnutzigen Typen, die tausend Euro BGE, das ist: "bedingungsloses Grundeinkommen", fordern und natürlich in Berlin leben. Kostprobe:

"Berlin selbst dysfunktioniert seit 1945 nach dem Prinzip des BGE oder, wie es heute heißt, des Länderfinanzausgleichs. Egal, ob Berliner Flughafen oder Landesbankskandal, ob S-Bahn, kostenlose Kitas oder die Unfähigkeit, im Winter die Straßen befahrbar zu halten: Berlin lebt in einem ständigen Zustand der Insolvenzverschleppung, Jahr für Jahr alimentiert durch die reicheren Bundesländer, deren Vermögen und Leistungsfähigkeit als spießig verachtet wird."

Reiner "Don Alphonso" Mayer hat es aber nicht bloß mit Berlin im Allgemeinen, sondern auch mit einzelnen Berlinern. Sascha Lobo kriegt sein Fett ab, die Samwer-Brüder mit ihren windigen Internet-Geschäften sowie – auch nicht ganz neu in der Sammlung und als Hassfigur der FAZ bereits gut etabliert: der politische Geschäftsführer der Piratenpartei Johannes Ponader. Über ihn heißt es:

"Ponader ist nicht nur ein wichtiger Verfechter des BGE, sondern auch zu seinem Amt gelangt, weil er seiner Partei versprach, angesichts seiner Lebenssituation jede Woche vierzig Stunden dieser unbezahlten Tätigkeit widmen zu können. Während das Arbeitslosengeld 2 eigentlich dazu gedacht ist, Menschen wie Ponader schnell wieder eine Arbeit zu verschaffen, interpretierte es Ponader als Zuschuss für sein Parteiamt."

Tja – Interpretieren heißt Philosophieren, und wie weit das gehen kann, führt ein Artikel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vor, der von einem ganz schwierigen Interpretationsspagat handelt: Immanuel Kant und die iranische Politik. Es gibt da, man glaubt es kaum, eine direkte und sogar doppelte Verbindung in Gestalt zweier Anwärter auf das höchste Staatsamt in der Nachfolge von Mahmud Ahmadinedschad. Beide sind hochrangige Funktionäre des Regimes: Ali Laridschani ist Parlamentspräsident und Gholam-Ali Haddad-Adel war es zuvor. Beide sind Philosophieprofessoren und beide sind Kantianer, wie Roman Seidel, Assistent am Orientalischen Seminar der Uni Zürich, in einem argumentativ grotesk verschraubten Text mitteilt.

"Man könnte eine ideologisch motivierte Islamisierung und Verfälschung der Kantschen Werke vermuten. Doch das wäre voreilig,"

erklärt Seidel und führt aus, wie differenziert in Wirklichkeit alles ist. Immerhin

"gehört Kant zu den am meisten gelesenen Philosophen in Iran."

Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis man am Orientalischen Seminar der Uni Zürich den Iran als Zentrum freier und selbstverantwortlicher Individualität entdeckt.

Vielleicht sind manche Leute aber auch nur in den falschen Film geraten. Etwa einen jener 3000 Streifen, die seit 1937 am Stadtrand von Rom auf jenem Areal an der Via Tuscolana gedreht wurden, das unter dem Namen Cinecittà weltberühmt geworden ist. Gerhard Midding berichtet in der WELT über den Verfall dieses mythischen Ortes. Immobilienentwickler gieren nach dem Gelände und die Angst geht um, dass der ganze Studiokomplex zerschlagen werde.

" "Seit dem 5. Juli streiken die Angestellten, deren Anzahl in den letzten Jahrzehnten von einigen Tausend auf rund 200 geschrumpft ist", "

und eine von mittlerweile 1700 Filmschaffenden unterschriebene Petition wird von Ettore Scola, Costa-Gavras, Claude Lelouch, Ken Loach und Bertrand Tavernier angeführt. Mit bloßen Solidaritätserklärungen ist es allerdings nicht getan; Studios in Osteuropa drehen einfach billiger, das mussten bereits viele traditionelle Filmfabriken von Babelsberg bis Twickenham erfahren. Für die römische Cinecittà bliebe immerhin eine Möglichkeit der Rettung: wenn sie unter Denkmalschutz gestellt würde, meint der WELT-Autor. Der italienische Staat hält immerhin noch 20 Prozent der Anteile.