Von Burkhard Müller-Ullrich

In der "FAZ" schreibt Hannes Hintermeier über die in Hessen wieder aufgeflammte Debatte um das Turbo-Abitur. Die "Welt" widmet sich dem Thema Kirche, einer ganz besonderen Kirche, einer Multifunktionskirche, die in der Hamburger Hafencity entsteht und in der "SZ" werden Großflughäfen zum Gegenstand einer Betrachtung.
Es summt im Bienenkorb, schreibt Hannes Hintermeier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, und er meint die in Hessen wieder aufgeflammte Debatte um das Turbo-Abitur.

Eigentlich war aus dem Thema schon ziemlich die Luft raus, aber eine Äußerung des hessischen Ministerpräsidenten Bouffier wirkte wie Zunder: Man wolle den Gymnasien die Entscheidungsfreiheit einräumen, ob sie in acht oder neun Jahren zum Abitur führen.

"Kaum mühsam eingeführt, kommt nun also die Reform der Reform?"

fragt Hintermeier - und weiß zu berichten, wie es in der G8-Welt wirklich zugeht:

"Schon gibt es renitente Eltern, die ihre Kinder zur Verlangsamung anhalten; freiwillige Ehrenrunden werden gedreht. Manche wechseln auf die Realschule, um weniger Lernstoff bewältigen zu müssen, am Nachmittag Zeit für Freunde, Hobby, Musik und Sport zu haben. Ein späterer Weg an die Universität ist nirgends mehr verstellt."

Hintermeier sieht zwar gute Gründe für das alte Modell der neun Gymnasialklassen, aber er findet auch, dass der emotional und ideologisch aufgeladene Streit am Wesentlichen vorbeigeht. Wörtlich schreibt er:

"Solange das Gymnasium als Gesamtschule für alle missbraucht wird, solange eine bizarre Akademikerquote eingefordert wird, so lange wird sich nichts bessern. Deswegen ist die Rückkehr zu G9 auch nicht das Mittel der Wahl.

Nun, da das G8 gerade erst eingeführt ist, macht man den Fehler nicht besser, indem man ihn wieder rückgängig macht. Stattdessen sollte man sich endlich überlegen, was man den Schülern in diesen acht Jahren wirklich beibringen will."

Soweit die FAZ zum Thema Schule und jetzt die WELT zum Thema Kirche, allerdings geht es um eine ganz besondere Kirche, eine Multifunktionskirche, die in der Hamburger Hafencity entsteht, jener Stadt in der Stadt, in der 12.000 Menschen leben und arbeiten werden.

Dankwart Guratzsch hat diesen Kirchenneubau besucht und berichtet von einer "fast erschlagenden Nüchternheit".

"Die Eingangstür ist aus dem Normbaukasten, die Fenster sind in schlichte Stahlprofile gefasst, die Wände nackt und weiß, das Café mit dem unglücklich hineingeschnittenen Kubus des Treppenhauses unkuschelig und kahl."

Gebaut hat dieses spirituelle Zentrum ein Architektenbüro, das mit seinen Synagogen in München und Dresden Sakralbauten geschaffen hat,

"die nicht nur zu den meist zitierten, sondern auch zu den originellsten und symbolträchtigsten der jüngeren Zeit zählen,"

schreibt der Architekturkritiker der WELT - und gibt gleich zu Beginn eine Erklärung für den von ihm so genannten "Sarkasmus der Alltäglichkeit".

Diese Kapelle dient nämlich neunzehn christlichen Kirchen auf einmal: Protestanten und Katholiken, Freikirchlern und Orthodoxen. Das macht das Projekt deutschlandweit einmalig, führt aber auch zu der ästhetischen Selbstbehinderung, die Guratzsch konstatiert. Das Automobilmuseum auf der anderen Straßenseite, ein giebelgeschmücktes, gründerzeitliches Kontorhaus, sei ein Palazzo dagegen, meint der Autor.

Man kennt solche multikonfessionellen Andachtsräume ja von Autobahnkirchen und vor allem von den Gebetsstätten auf Großflughäfen. Letztere sind Gegenstand einer komparatistischen Transitzonenbetrachtung von Laura Weissmüller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.

Im vergangenen Jahrzehnt habe sich so etwas wie eine neue Gattung des Flughafens entwickelt, schreibt sie:

"der Flughafen als Stadt. Mit dem Sicherheitscheck als Grenze, Passagieren als Bewohnern und der Bordkarte als Pass. Kaum etwas dürfte sich derart als Zeichen für unsere mobilisierte Welt eignen wie diese neuen Megastrukturen.

Orte, die seltsam entschleunigt sind, der Transitbereich als Zeitvakuum zwischen den Hochgeschwindigkeiten der internationalen Routen."

Und die Autorin vergleicht die Vor- und Nachteile der entsprechenden Einrichtungen in Madrid (sehr gut), Dubai (ganz schlecht), Paris, London, Amsterdam (gut) und Doha (in Planung). Diese Airport City in Katar werde

"ein Flughafen nicht für Stunden, sondern für Tage. Mit großem Museum und angeschlossenem Universitätskomplex. Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie viele Drehkreuze die Welt eigentlich noch braucht."

Eine gute Frage, mit der man als Feuilletonist bequem enden kann.