Von Burkhard Müller-Ullrich

Das Filmförderungsgesetz vor Gericht, ein katastrophaler Katastrophenfilm auf RTL und das Ende der "Landser"-Heftromane machen Schlagzeilen in den heutigen Feuilletons.
Eine Woche noch, dann kommt es vor dem Bundesverfassungsgericht zum Showdown. Dann wird die Entscheidung verkündet, vor der die deutsche Filmwirtschaft zittert, die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Filmförderungsgesetzes. Ein Kinobetreiber hat dagegen geklagt, daß er aus den Erlösen mit amerikanischen Filmen die Produktion deutscher Filme mitfinanzieren muß. Darüber hat DIE ZEIT mit Iris Berben, der Präsidentin der Deutschen Filmakademie, gesprochen. Sie warnt vor dem Fall, daß das Gesetz fällt:

"Viele kleinere Kinos müßten schließen, da sie etwa beim Umrüsten auf technische Neuerungen auf Fördergelder des Fonds mit angewiesen sind. Und vor allem gäbe es weniger Filme."

Außerdem erklärt Frau Berben, daß das Kino eine gesellschaftliche Funktion wie das Fußballstadion habe, dass im Filmland Frankreich alles besser sei, weil dort die staatlichen Fernsehsender am Mittwoch, Freitag und Samstag keine Kinofilme zeigen, um Zuschauer vom Sofa in die Kinos zu locken, und dass auch Internetunternehmen wie die Deutsche Telekom kräftig in die Fördertöpfe einzahlen sollten.

Den Anwendungsfall der deutschen Filmförderung, die ja auch eng mit unserer Fernsehlandschaft verbunden und verwoben ist, kann man am Tag der Deutschen Einheit auf RTL betrachten:

"ein Katastrophenfilm, der selbst die größte Katastrophe ist,"

wie Iris Alanyali in der WELT schreibt.

"Dieser Film hat angeblich acht Millionen Euro gekostet. Acht Millionen für Spezialeffekte. Für erstklassige Schauspieler, die auf nichts als ein abwechslungsreiches Fitnessprogramm mit Windmaschinen, Funkenregen und wackelnden Studioebenen werden zurückblicken können, weil die Geschichte ihre Figuren einfach links und rechts fallen läßt wie Meteoritensplitter, bevor sie sich selbst völlig verabschiedet."

Am Vorabend wird übrigens in Köln der Deutsche Fernsehpreis vergeben, der sozusagen das Kondensat der Misere darstellt, wofür die WELT-Autorin etliche Beispiele anführt. Etwa die Nominierung der RTL-II-Serie "Berlin – Tagung und Nacht":

"Nicht einmal ihren Verteidigern fällt zur Verteidigung viel mehr ein, als daß die Serie so schlecht sei, daß sie schon wieder gut sei, und außerdem wahnsinnig beliebt bei den jungen Leuten."

Das Schundverdikt gilt aber nicht nur fürs Unterschichtenfernsehen, sondern auch für manche literarischen Erzeugnisse, beispielsweise die "Landser"-Hefte, die jetzt nach 56 Jahren eingestellt werden. Dazu gab es in den Zeitungen schon manchen geradezu erleichtert aufatmenden Kommentar, zumal die Simon-Wiesenthal-Foundation den "Landser"-Heften die Förderung rechtsextremistischer Tendenzen vorgeworfen hatte. Umso interessanter, dass die WELT eine andere Meinung druckt, und zwar diejenige des in Schleswig-Holstein lebenden englischen Historikers Walter Rothschild, der sogar zwei dieser Hefte ins Englische übersetzt hat:

"Aus der Perspektive eines Landsers war der Krieg hauptsächlich eine Frage von Befehlen, schlechter Führung, inkompetenten Offizieren, Angst um die Kameraden, Freude, ein Gefecht überlebt zu haben. Genau wie in Heinrich Bölls Oeuvre…"

Für Rothschild war in den Landser-Heften nichts moralisch Verwerfliches, sondern sie dienten der Trauma-Bearbeitung derer, die den Krieg erlebt hatten. Und diese Leserschicht ist inzwischen weggestorben.

"Viele werden die Hefte nicht vermissen", schreibt er – und weiter:

"Stattdessen werden die Regale weiter gefüllt mit Zeitschriften, die den Krieg der Sterne verherrlichen, mit gewalttätigen Computerspielen, von nackter Haut gar nicht zu reden. Aber das ist okay, ja? Das ist nicht jugendgefährdend?"

Von größerer kultureller Tragweite als der Shutdown des "Landsers" ist sicherlich der bevorstehende Shutdown der New York City Opera, über den die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in einer Kurzmeldung informiert. Noch in dieser Woche wird das Haus Insolvenz anmelden müssen, nachdem eine Spendenwerbeaktion kläglich gescheitert ist. Die vor 70 Jahren gegründete New York City Opera hatte stets günstigere Eintrittspreise als die Metropolitan Opera und setzte mehr auf die Förderung von Nachwuchskräften.