Von Beirut nach Berlin
Die Kulturszene Berlins lockt nicht nur Touristen an, auch bei jungen Kreativen löst die Stadt Begeisterungsstürme aus. Toufik Beyhum gehört dazu, der Brite und gebürtige Beiruter lebt seit bald zwei Jahren in der Hauptstadt und arbeitet in der Werbebranche. Den Menschen in Berlin hat er gerade mit seinem viel beachteten Fotoband "Emotions in Motion" ein Denkmal gesetzt.
"Ich sammle Porträts von Menschen, aber die sind ganz kompakt in einem kleinen Buch. Die brauchen nicht so viel Platz."
Nicht so viel wie all die anderen Dinge – Steine, Instrumente –, die Toufik Beyhum auch sammelt und die seit seinem Umzug nach Berlin zum Teil noch in Kisten verpackt sind. (Eine Weltreise zuvor hat die Schätze weiter anwachsen lassen.)
"Als wir aufwuchsen, waren meine Schwester und ich umzingelt von den Dingen, die unsere Mutter gesammelt hat. Zu guter Letzt hat sie einen Laden aufgemacht, um all den Schnickschnack wieder los zu werden. Wahrscheinlich habe ich das von ihr."
Sammeln ist eine Art die Dinge der Welt festzuhalten, Schutz gegen Verlust. Den hatte die Familie erfahren, als sie 1982 wegen des Bürgerkrieges den Libanon verließ und über Zypern nach London geflohen ist. Toufik war da noch keine 10 Jahre alt.
"Beirut war toll. Ich war traurig, als wir weg gingen. Es hat lange gedauert, bis ich mich angepasst hatte an die englische Kultur. Ich besuchte eine typisch englische Schule mit Uniform und festen Essenszeiten. Draußen war es kalt. Ich konnte die Sprache nicht. Damals wäre ich gerne zurück in den Libanon, aber dazu war ich zu jung."
Heute kommt das für den 32-Jährigen überhaupt nicht mehr in Frage. Seine Mutter hat zwar darauf geachtet, dass innerhalb der Familie weiterhin arabisch gesprochen wurde. Doch der zierliche, bewegliche Werbegrafiker ist Weltbürger geworden und hat nach seinem Studium in Agenturen in London, New York und Dubai gearbeitet.
"Was ich aufgesogen habe von jedem Land, ist wohl eher unbewusst. Wer weiß, auf welchen Wegen es zum Vorschein kommt. Vielleicht hilft mir das bei der Arbeit, neue Ideen zu entwickeln."
Der schmale Dunkelhaarige sieht nicht mehr ganz so jugendlich und leger aus, seit er kürzlich seine Locken und seinen Bart gestutzt hat. Seit 18 Monaten arbeitet er als Senior Art Director in Berlin bei einer großen Agentur mit weltweiten Kontakten.
"Werbeagenturen sind überall gemischt, sogar in Dubai: Da arbeiteten wir mit Franzosen, Libanesen, Südafrikanern, Deutschen. In Berlin ist diese Internationalität eher schwer zu finden. Ich war die erste ausländische Person in meiner Kreativabteilung. Gleichzeitig mit mir kam jemand aus Indien. Das war für beide Seiten eine Art Kulturschock, obwohl wir etwa gleichaltrig sind."
Umso intensiver schaute sich der Neuberliner das bunte Leben außerhalb seines Büros an. Stundenlang fuhr er mit der U-Bahn, auch nachts und an Wochenenden. Kate, seine damalige Freundin, mit der er heute verheiratet ist, studierte da noch in Kapetown. Und immer hatte er seine Kamera dabei.
"Wenn man einen Film mit nur 36 Aufnahmen hat, dann denkt man genauer nach, lässt sich mehr Zeit. Mit der digitalen Kamera arbeiten heißt: draufhalten und hinterher überlegen, ob man es wieder löscht. Man wird fauler, spart aber eine Menge Geld."
Für sein Berliner Projekt brauchte Toufik Beyhum diese Erleichterung: wegen der komplizierten Lichtverhältnisse in der U-Bahn, vor allem aber, weil er seine Bilder nicht direkt, sondern heimlich machte. Um ungestellte Porträts ohne Posen hinzukriegen, hatte er mit viel Ausschuss zu rechnen beim Sammeln von interessanten Ausschnitten, dichten Momenten und überzeugenden Charakteren.
"Weil ich die Augen immer offen halten musste, habe ich weder Bücher noch Zeitungen gelesen. Oft habe ich sogar meine Haltestelle verpasst, so vertieft war ich in die Beobachtung."
Und neben dem Fotoband "Emotions in Motion" kam noch etwas beim aufmerksamen und vergleichenden Hinschauen heraus:
"Die Leute starren hier deutlich weniger als in London. () Obwohl sie ziemlich neugierig sind, nicht so reserviert wie die Briten. Und wie in New York auch, gibt es hier viele auffallende Gestalten und Typen, ungewöhnliche Menschen. Deutlich mehr als in London. () In New York wissen die Leute allerdings genauer, wie man sich bewegt. In Berlin können sie nicht gehen. Sie sind nicht an Hektik und Enge gewöhnt und rempeln dauernd jemanden an."
Das hindert Toufik Beyhum nicht daran, sich in seinem Kreuzberger Kiez, in Berlin überhaupt, wohl zu fühlen.
"Ich dachte, ich werde nur ein Jahr in Dubai bleiben und daraus wurden sieben. Für Berlin habe ich gar nicht erst einen bestimmten Zeitraum geplant. Meiner Frau und mir gefällt es hier sehr: all die Möglichkeiten, vor allem in der Kunstszene! Kate ist Designerin und das Potential hier, die vielen noch unentdeckten Territorien, das ist einfach verlockend! Wir bleiben eine Weile!"
Nicht so viel wie all die anderen Dinge – Steine, Instrumente –, die Toufik Beyhum auch sammelt und die seit seinem Umzug nach Berlin zum Teil noch in Kisten verpackt sind. (Eine Weltreise zuvor hat die Schätze weiter anwachsen lassen.)
"Als wir aufwuchsen, waren meine Schwester und ich umzingelt von den Dingen, die unsere Mutter gesammelt hat. Zu guter Letzt hat sie einen Laden aufgemacht, um all den Schnickschnack wieder los zu werden. Wahrscheinlich habe ich das von ihr."
Sammeln ist eine Art die Dinge der Welt festzuhalten, Schutz gegen Verlust. Den hatte die Familie erfahren, als sie 1982 wegen des Bürgerkrieges den Libanon verließ und über Zypern nach London geflohen ist. Toufik war da noch keine 10 Jahre alt.
"Beirut war toll. Ich war traurig, als wir weg gingen. Es hat lange gedauert, bis ich mich angepasst hatte an die englische Kultur. Ich besuchte eine typisch englische Schule mit Uniform und festen Essenszeiten. Draußen war es kalt. Ich konnte die Sprache nicht. Damals wäre ich gerne zurück in den Libanon, aber dazu war ich zu jung."
Heute kommt das für den 32-Jährigen überhaupt nicht mehr in Frage. Seine Mutter hat zwar darauf geachtet, dass innerhalb der Familie weiterhin arabisch gesprochen wurde. Doch der zierliche, bewegliche Werbegrafiker ist Weltbürger geworden und hat nach seinem Studium in Agenturen in London, New York und Dubai gearbeitet.
"Was ich aufgesogen habe von jedem Land, ist wohl eher unbewusst. Wer weiß, auf welchen Wegen es zum Vorschein kommt. Vielleicht hilft mir das bei der Arbeit, neue Ideen zu entwickeln."
Der schmale Dunkelhaarige sieht nicht mehr ganz so jugendlich und leger aus, seit er kürzlich seine Locken und seinen Bart gestutzt hat. Seit 18 Monaten arbeitet er als Senior Art Director in Berlin bei einer großen Agentur mit weltweiten Kontakten.
"Werbeagenturen sind überall gemischt, sogar in Dubai: Da arbeiteten wir mit Franzosen, Libanesen, Südafrikanern, Deutschen. In Berlin ist diese Internationalität eher schwer zu finden. Ich war die erste ausländische Person in meiner Kreativabteilung. Gleichzeitig mit mir kam jemand aus Indien. Das war für beide Seiten eine Art Kulturschock, obwohl wir etwa gleichaltrig sind."
Umso intensiver schaute sich der Neuberliner das bunte Leben außerhalb seines Büros an. Stundenlang fuhr er mit der U-Bahn, auch nachts und an Wochenenden. Kate, seine damalige Freundin, mit der er heute verheiratet ist, studierte da noch in Kapetown. Und immer hatte er seine Kamera dabei.
"Wenn man einen Film mit nur 36 Aufnahmen hat, dann denkt man genauer nach, lässt sich mehr Zeit. Mit der digitalen Kamera arbeiten heißt: draufhalten und hinterher überlegen, ob man es wieder löscht. Man wird fauler, spart aber eine Menge Geld."
Für sein Berliner Projekt brauchte Toufik Beyhum diese Erleichterung: wegen der komplizierten Lichtverhältnisse in der U-Bahn, vor allem aber, weil er seine Bilder nicht direkt, sondern heimlich machte. Um ungestellte Porträts ohne Posen hinzukriegen, hatte er mit viel Ausschuss zu rechnen beim Sammeln von interessanten Ausschnitten, dichten Momenten und überzeugenden Charakteren.
"Weil ich die Augen immer offen halten musste, habe ich weder Bücher noch Zeitungen gelesen. Oft habe ich sogar meine Haltestelle verpasst, so vertieft war ich in die Beobachtung."
Und neben dem Fotoband "Emotions in Motion" kam noch etwas beim aufmerksamen und vergleichenden Hinschauen heraus:
"Die Leute starren hier deutlich weniger als in London. () Obwohl sie ziemlich neugierig sind, nicht so reserviert wie die Briten. Und wie in New York auch, gibt es hier viele auffallende Gestalten und Typen, ungewöhnliche Menschen. Deutlich mehr als in London. () In New York wissen die Leute allerdings genauer, wie man sich bewegt. In Berlin können sie nicht gehen. Sie sind nicht an Hektik und Enge gewöhnt und rempeln dauernd jemanden an."
Das hindert Toufik Beyhum nicht daran, sich in seinem Kreuzberger Kiez, in Berlin überhaupt, wohl zu fühlen.
"Ich dachte, ich werde nur ein Jahr in Dubai bleiben und daraus wurden sieben. Für Berlin habe ich gar nicht erst einen bestimmten Zeitraum geplant. Meiner Frau und mir gefällt es hier sehr: all die Möglichkeiten, vor allem in der Kunstszene! Kate ist Designerin und das Potential hier, die vielen noch unentdeckten Territorien, das ist einfach verlockend! Wir bleiben eine Weile!"